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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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länger. Unter normalen Umständen wäre er Guerrini sympathisch gewesen. Aber an diesem Abend gab es keine normalen Umstände.
    «Streng geheim!», antwortete er deshalb und verabschiedete sich schnell. Er würde erst morgen früh einkaufen, gegessen hatte er ausgiebig mit dem Vicequestore. Was er brauchte, war ausschließlich ein Bett, sonst würde er weder Laura noch ihrem Vater gewachsen sein.

    Als Laura am Donnerstagvormittag ihren Vater endlich im Wagen hatte, war sie erstaunt, dass sie den gestrigen Tag wirklich lebend überstanden hatte. Die Pressekonferenz war ziemlich gut verlaufen, und die «satte Story» hatte ihr Spaß gemacht. Aber das unerwartete Gespräch mit dem Staatsanwalt, der immer noch nicht von einem Mordfall Dobler überzeugt war, ihr reisefiebernder Vater und ihr Exmann Ronald, der natürlich eine völlig andere Meinung vom richtigen Verhalten gegenüber Sofia hatte und ihr einen geradezu abgehobenen Vortrag über Mütter und Töchter zumutete – das war zu viel gewesen! Luca hatte zudem darauf bestanden, dass sie alle gemeinsam beim Griechen an der Ecke essen sollten – die ganze Familie, sprich Vater, Mutter, Kinder –, ehe Laura nach Italien fuhr. Sie hatte sich weigern wollen und es dann doch nicht fertiggebracht. Also waren sie beim Griechen gewesen (Laura hatte bezahlt, weil Ronald natürlich rein zufällig nicht genügend Geld dabeihatte), und es war anstrengend und lang gewesen. Danach hatte sie noch eine Ladung Wäsche in den Trockner geworfen, gebügelt, sich Gedanken über ihre Garderobe gemacht, etwas planlos ihren Koffer gepackt und war trotz aller guten Vorsätze viel zu spät ins Bett gegangen.
    «Bist du sicher, dass wir mit meinem abgelaufenen Pass losfahren können?», fragte der alte Gottberg, als sie die Autobahn erreichten.
    «Wir können!» Laura legte eine Hand auf seinen Arm.
    «Ganz sicher?»
    «Ganz sicher. Wir können denen doch wunderbare Geschichten vorspielen, Babbo. So was hat dir doch immer viel Spaß gemacht!»
    «Jaja», murmelte er. «Und wie es mir Spaß gemacht hat. Weiß auch nicht, was mit mir los ist. War noch nie ein Feigling, oder?»
    Laura schüttelte den Kopf und lächelte ihm zu.
    «So!», murmelte er. «Jetzt werde ich diese Fahrt genießen.»
    Und das machte der alte Doktor Gottberg ausgiebig. Doch er schaltete dabei seinen Verstand nicht aus, sondern registrierte alle negativen Veränderungen rechts und links der Autobahn. Das zugebaute Inntal bezeichnete er als Schande Österreichs. Er bedauerte die Anwohner der Brenner-Autobahn, erinnerte sich voll Wehmut an das alte Gasthaus zur Post in Mauls, in dem er immer mit seiner Frau übernachtet hatte.
    «Es ist jetzt ein Romantik-Hotel mit vier Sternen», sagte Laura.
    Voll Abscheu verzog er das Gesicht.
    «Romantisch war es vor vierzig Jahren. Da hatten sie Zimmer, so groß wie Ballsäle, und weiß gescheuerte Holzböden. Es gab einen Kachelofen und wunderbare alte Möbel, die ein bisschen wurmstichig waren. Die Böden waren nicht ganz gerade, und deshalb hatten wir immer das Gefühl, als seien wir ein wenig beschwipst, und in der Gaststube saßen die Einheimischen beim Wein. Deine Mutter hat dieses Gasthaus geliebt.»
    Danach versank er bis südlich von Bozen in Schweigen, schien zu dösen. Als Laura eine Raststätte im Etschtal ansteuerte, fuhr er auf und tat so, als sei er gerade aufgewacht. Aber als sie sich kurz darauf bei einem Milchkaffee gegenübersaßen, bekannte er, dass er keineswegs geschlafen, sondern versucht hatte, die Lastwagenkolonnen auszublenden und auch die anderen Dinge, die ihn aufregten.
    «Wenn ich noch jünger wäre, dann würde ich Umweltaktivist! Das kannst du mir glauben!» Er rührte heftig in seinem Kaffee.
    «Es wird noch schlimmer, Vater. Ich muss dich darauf vorbereiten. In der Poebene machst du die Augen bitte nur alle zehn Minuten auf, und zwischen Modena und Bologna schläfst du am besten.»
    «Ist das dein Ernst?»
    «Wie lange bist du nicht mehr in Florenz gewesen?»
    «Warte … mehr als zehn Jahre.»
    «In den zehn Jahren wurde viel gebaut, Vater. Und der Verkehr hat sich wahrscheinlich verzehnfacht.»
    «Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass man diese Veränderungen kaum bemerkt, wenn man mitten drinsteckt», sagte er nachdenklich, «aber wenn man draußen war und zurückkehrt, dann ist es, als würde man eine fremde Welt betrachten.» Er schaute sich in dem Selbstbedienungsrestaurant um, das in eine Art Supermarkt überging, der wie ein

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