Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
getan, als Dobler gerade nicht im Zimmer war.»
«Aber es gab nur eine Tasse!», warf Baumann ein.
«Hast du schon mal was davon gehört, dass man Tassen abspülen und aufräumen kann?», fragte Laura.
«Dann muss der aber ganz schön kaltblütig gewesen sein.»
«Leute, die einen Mord präzise planen, sind immer kaltblütig. Was ist denn heute mit dir los, Peter?»
«Bist du schon mal gestalkt worden?»
«Ist das jetzt dein Ernst, oder machst du Witze?» Laura sah ihn ungläubig an.
Baumann verzog das Gesicht.
«Halbe-halbe. Die Frau ist mir zwar wirklich unangenehm, aber manchmal möchte ich euch einfach ein bisschen Spaß gönnen. Es ist doch schön, sich klüger als andere zu fühlen.»
Laura hob den Blick himmelwärts.
«Ich geh ja schon!»
Er war aus der Tür, ehe sie etwas sagen konnte.
Kurz vor der Pressekonferenz rief der alte Gottberg an, um Laura mitzuteilen, dass er seinen Pass nicht finden könne.
«Reg dich nicht auf, Vater. Für Italien brauchst du nur einen Personalausweis. Außerdem kontrolliert an den Grenzen niemand mehr.»
«Ich habe keinen Personalausweis.»
«Wir werden den Pass finden, Papa. Ich komm später kurz vorbei. Beim Packen helfe ich dir morgen früh, dann haben wir Ruhe.»
«Vielleicht ist der Pass abgelaufen.»
Laura schloss kurz die Augen.
«Mach dir keine Sorgen. Schließlich haben wir gute Beziehungen zur italienischen Polizei, nicht wahr?»
«Ja, aber dein Commissario kann auch nicht alles regeln. Weißt du eigentlich, wie kompliziert die italienische Polizei ist – die haben nicht nur eine, sondern hundert verschiedene, von den Carabinieri bis zur Antimafia.»
«Es wird schon gutgehen, Vater. Das ist Reisefieber. Ist das nicht toll? Wie lange hattest du schon kein Reisefieber mehr?»
«Red nicht mit mir, als wäre ich schwachsinnig!»
Laura hielt kurz die Luft an, beschloss, nicht auf diesen Satz einzugehen. Er hat ja recht, dachte sie, er hat wirklich recht. Ich rede irgendwas, um ihn abzuwimmeln.
«Entschuldige, aber ich habe gleich eine Pressekonferenz …»
«Ist ja schon gut. Wann kommst du denn?»
«Sobald ich kann.»
Er seufzte.
«Freust du dich?», fragte Laura.
«Wenn wir unterwegs sind, dann freue ich mich. Bei dir kann sich ja ständig alles ändern.»
«Diesmal nicht, Babbo. Aber ich freu mich auch erst morgen. Ciao .»
Der alte Gottberg knurrte noch etwas Unverständliches, ehe er auflegte.
Kurz vor Beginn der Pressekonferenz in der Questura rief Commissario Guerrini Laura an. Sie war gerade auf dem Weg zu ihrer eigenen Pressekonferenz.
«Gut, dass ich dich noch erwischt habe!» Er schilderte Laura die neue Lage nach dem Mordanschlag auf Elsa Michelangeli und dass er mit der Befragung der deutschen Nachbarn auf ihre Unterstützung warte.
«Danke, wahrscheinlich wird irgendein besonders kluger Reporter das mit Elsa Michelangeli bereits wissen, und ich hätte dumm aus der Wäsche geschaut.»
«Ich habe Tommasini gesagt, dass er dir eine E-Mail schicken soll.»
«Ich bin noch nicht dazu gekommen, meine Mails zu lesen.»
«So schlimm?»
«Schlimmer.»
«Mi dispiace.»
«Nett von dir.»
«Was ist los?»
«Lass mich diesen Tag überstehen, dann weiß ich’s.»
«Aber du kommst doch?»
«Natürlich. Morgen Abend sind wir da, Babbo und ich. Obwohl ich inzwischen nicht mehr weiß, ob es eine gute Idee war, ihn mitzunehmen.»
«Warum?»
«Er ist gerade schwierig.»
«Und deine Kinder?»
«Die auch, jedenfalls Sofia. Ich muss los, Angelo. Die warten auf mich.»
«Auf mich auch. Mach’s gut, Laura.»
«Warte. Magst du Pressekonferenzen?»
«Manchmal. Alle Aufmerksamkeit ist auf mich gerichtet, und ich kann ihnen irgendwas erzählen. Sie werden es schreiben, wenn ich nur ein überzeugendes Gesicht mache.»
«Bist du eitel, Angelo?»
«Wusstest du das noch nicht? Es wird wirklich Zeit, dass wir uns näher kennenlernen, Commissaria.»
«Ich bin heute nicht schlagfertig, Angelo. Was soll ich denen denn sagen?»
«Gib ihnen eine satte Story. Ich glaube, Giorgio Altlander hat es verdient, nochmal dicke Schlagzeilen zu bekommen. Vielleicht lesen die Leute dann seine Bücher wieder, und das könnte ein ziemlich gutes Ergebnis seines traurigen Todes sein.»
«Eine richtig satte Story?»
«Eine richtig fette Story, Commissaria!»
«Bene, commissario.»
«Ci vediamo, commissaria.»
«Ci vediamo.»
Laura ging in ihr Büro zurück und überprüfte noch einmal ihr Aussehen, legte ein bisschen mehr Lippenstift auf, unterstrich
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