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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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einnahm.
    «Alles.»
    «Was hat er wohl beim Schreiben gehört?»
    «Vielleicht gar nichts. Vielleicht Beethoven oder die Stones, die Kreolische Messe oder …» Guerrini zog eine CD aus dem Regal. « Tarantella !Vielleicht Jazz, oder wie wär’s mit Mystische Klänge Australiens ?Er hatte wirklich alles.»
    «Leg bitte die Kreolische Messe auf.»
    «Und warum?»
    «Weil ich ein Gefühl für ihn bekommen möchte.»
    «Aber es könnte ein falsches Gefühl sein, Laura. Er hat die Kreolische Messe vielleicht nie gehört. Vielleicht konnte er sie nicht ausstehen – vielleicht war sie ein Geschenk und steht deshalb im Regal herum …»
    Mit zwei Schritten war Laura neben ihm, nahm ihm die CD-Hülle aus der Hand und betrachtete sie von allen Seiten.
    «Sie ist abgewetzt und hat einen Sprung. Wahrscheinlich wurde sie häufig geöffnet … diese Hüllen klemmen manchmal, und wenn man ungeduldig ist, versucht man es mit Gewalt, und sie bekommen einen Sprung.»
    «Und wenn er sie gebraucht gekauft hat?»
    «Magst du sie nicht?» Laura stand vor ihm, hatte einen kämpferischen Ausdruck im Gesicht.
    «Doch, ich mag sie, aber es ist spät. Wir können morgen wiederkommen und sie dann anhören.»
    «Bitte leg sie auf, Angelo. Morgen ist es hier anders. Ich will nur den Anfang hören.»
    Er seufzte und schaltete die Anlage ein. Laura setzte sich auf das dunkelrote Sofa und lauschte. Sie hatte die Beine hochgezogen und hielt mit beiden Armen ihre Knie umschlungen.
    «Lauter! Ganz laut!»
    Der gewaltige Chor füllte den Raum. Laura rührte sich nicht, schaute zum Schreibtisch hinüber und zu dem riesigen leeren Ledersessel, in dem Altlander gestorben war. Guerrini beobachtete sie. Laura schien zu warten, zuckte genauso heftig zusammen wie Guerrini, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und Enzo Leone dastand, mit wirren Haaren und entsetzten Augen.
    «Was machen Sie da? Warum spielen Sie seine Musik?
    Ich dachte … dachte, er ist zurück …» Leone lehnte sich an die Wand, schwankte. Noch immer flutete die Musik übermächtig durchs Haus. Jetzt erschienen auch Tommasini und der Gärtner, streckten vorsichtig die Köpfe ins Zimmer. Da nickte Laura und stand auf.
    «Sie können jetzt ausschalten, Commissario.»
    Wieder einmal hatte Guerrini das Gefühl, als entglitte ihm ein Stück Kontrolle; er kannte dieses Gefühl, wenn Laura in der Nähe war. Meist war es ein sehr erotischer Kontrollverlust. In diesem Augenblick aber wusste er nicht, ob er es mochte oder nicht.
    «Hat Altlander diese Musik öfter gehört?», fragte sie, schlenderte zu Leone hinüber. Der hatte sich inzwischen wieder gefasst, strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    «Sie haben mich erschreckt, Commissaria. Meine Nerven sind zurzeit nicht besonders gut. Vielleicht können Sie das verstehen?»
    «Natürlich kann ich das verstehen. Altlander hat diese Musik also häufig gehört und vermutlich sehr laut, oder?»
    Leone schluckte, räusperte sich.
    « Sì , sehr laut. Wahrscheinlich konnte man es noch drei Hügel weiter hören. Er legte sie auf, wenn er eine Schreibblockade hatte …»
    «Wenn ihm nichts einfiel?»
    «Ja, wenn ihm nichts einfiel.»
    «Kam das öfter vor?»
    «Manchmal jeden zweiten Tag.»
    «Warum hat er sich die Kreolische Messe ausgesucht?»
    Leone senkte den Kopf und schloss kurz die Augen. «Können wir rausgehen? Ich halte es in diesem Zimmer nicht aus.»
    «Natürlich können wir nach unten gehen, Signor Leone. Aber würden Sie bitte vorher meine Frage beantworten!»
    «Ich weiß es nicht!» Leone schrie beinahe. «Ich hab ihn nicht verstanden! Giorgio, das verkannte Genie! Er hat gesagt, dass diese Messe ehrlich ist! Verstehen Sie das, Commissaria? Ehrlich!» Sein Lachen klang schrill, endete in einem Schluckauf.
    «Bringen Sie ihn nach Siena, Tommasini», sagte Guerrini. Irgendwo im Haus bellte der Hund.

    «Woher hast du das gewusst?», fragte Guerrini auf dem Rückweg nach Siena. «Das mit der Kreolischen Messe ?»
    «Ich hab es gar nicht gewusst, Angelo. Es war ein Versuch. Ich bin einfach von mir selbst ausgegangen. Manchmal brauche ich laute, starke Musik, um etwas zu lösen, das in mir festhängt. Ich höre auch manchmal die Kreolische Messe oder Beethovens Fünfte oder Jethro Tull oder Queen, und zwar so laut, dass beinahe das Dach wegfliegt. Ich hab mir einfach vorgestellt, dass er etwas brauchte in seinem Wasteland . Man kann nicht nur in der inneren Wüste leben, Angelo. Auch ein Altlander nicht.»
    Schweigend fuhr

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