Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
Toninos Hilfe würde er auch Trüffel finden und zur Jagd gehen.
    Fernando Guerrini dagegen füllte schweigend vier Gläser mit schäumendem Spumante secco – Prosecco verachtete er als neumodischen Betrug, der nur Kopfschmerzen machte –, übergoss hin und wieder die Perlhühner, schnitt Weißbrot auf, zündete Kerzen an. Angelo versuchte zu helfen, wurde aus dem Weg geschupst und lehnte sich etwas entnervt an die Wand. Er fragte sich, wie lange sein Vater dieses Spiel des schweigsamen Partisanen noch spielen würde … erwog kurz, ob er das Lied Bella ciao anstimmen sollte, ließ es aber, denn er wollte den Humor seines Vaters nicht überfordern. Er musste zugeben, dass der Alte mit seinen weißen Haaren und dem roten Halstuch ausgesprochen gut aussah. War irgendwie stolz auf ihn – auch auf das rote Halstuch. Fernando Guerrini zeigte Flagge, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre. Doch das konnte er nicht wissen.
    Plötzlich drehte er sich zu seinen Gästen um. «Angelo hat gesagt, dass wir in der Küche essen sollen, weil Ihnen das gefallen würde. Ich hoffe, er hat recht!»
    «Ja, das gefällt mir», erwiderte Emilio Gottberg bedächtig. «Es ist eine außergewöhnliche Küche, eine, in der seit Jahrhunderten gekocht und gegessen wird, nicht wahr?»
    «Mhm», knurrte Angelos Vater und stellte zwei Schüsseln auf den Tisch. «Das ist eine insalata di boccelli con pecorino . Angelo hat mir gesagt, dass die Signora Commissaria gern Pecorino isst. Und das andere ist tonno con la cipolla e fagioli . Kochen Sie?»
    Laura und Guerrini wechselten einen Blick, lauschten gespannt dem tastenden Gespräch der beiden alten Männer.
    «Manchmal koche ich. Aber ich habe keine Übung. Meine Frau war eine wunderbare Köchin. Es macht mich traurig, wenn ich koche …»
    «Ah so? Mich macht es glücklich. Meine Frau hat mich nie in die Küche gelassen, als sie noch lebte. Sie kochte nicht schlecht, aber ich koche besser!»
    Angelo schaute zur Decke und bat den Geist seiner Mutter um Verständnis.
    «Sie kochte, wie die Bauern kochen – gut und einfach. Ich habe ein paar Sachen ausprobiert und herumexperimentiert, und es schmeckt einfach interessanter. Was essen Sie, Dottore? Ich meine, wenn Sie allein sind?»
    Emilio Gottberg lachte.
    «Ich lebe von Essen auf Rädern, Signor Guerrini. Gibt es das bei Ihnen auch? Für mich ist es die Rache der Gesellschaft an den Alten.»
    Fernando Guerrini starrte den alten Gottberg über den breiten Tisch hinweg an.
    «Was haben Sie gesagt, Dottore? Die Rache der Gesellschaft an den Alten? Das finde ich gut, sehr gut. Muss ich mir merken. Sie haben recht! Altersheime gehören auch dazu, nicht wahr!»
    «Vermutlich.» Emilio Gottberg lächelte und hob sein Glas. «Worauf trinken wir? Auf die Rache der Gesellschaft?»
    « No, dottore! Wir trinken auf uns Alte!»
    Die beiden Männer stießen an, schienen Laura und Angelo vergessen zu haben. Da griff Laura nach ihrem Glas und wiederholte den Toast. «Auf euch Väter!», sagte sie leise und prostete beiden zu.
    Danach wurde es ein bisschen lockerer. Sie aßen mit Begeisterung, denn Fernando Guerrini hatte sich bei der Zubereitung der Speisen selbst übertroffen. Die Bohnensalate waren köstlich und erfrischend. Die Perlhühner zerfielen auf der Zunge. Nach der zweiten Flasche Brunello fragte Angelos Vater, was der Dottore im Krieg gemacht hätte. Laura und Angelo hielten den Atem an, aber Emilio Gottberg lehnte sich zurück und antwortete ganz ruhig.
    «Ich habe ein paar Monate an der Westfront gekämpft, weil sie mich dahin geschickt haben. Ich war achtzehn und hatte Glück, denn im Grunde genommen habe ich nur den Rückzug erlebt.»
    «Sie waren nicht in Italien?»
    «Nein.»
    Fernando Guerrini räumte gemeinsam mit seinem Sohn und Laura den Tisch ab. Er schien angestrengt nachzudenken, blieb endlich vor Emilio Gottberg stehen und sah ihn stirnrunzelnd an.
    «Wo haben Sie dann Ihre Frau kennengelernt, Dottore? Mein Sohn hat mir gesagt, dass sie aus Florenz stammte.»
    «Das war lange nach dem Krieg. Ich habe in Florenz einen Sprachkurs gemacht, sie war meine Lehrerin.»
    «Ah so. Ich war bei den Partisanen.»
    «Das dachte ich mir.»
    «Gut, dass Sie nicht in Italien waren, sonst hätten wir vielleicht aufeinander geschossen.»
    «Vielleicht.»
    Laura bemerkte ein kaum wahrnehmbares Zucken in den Augenfältchen ihres Vaters, bewunderte ihn für seine Gelassenheit.
    «Also, ich persönlich habe keinen Deutschen umgebracht, aber ich habe

Weitere Kostenlose Bücher