Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
Vom Netzwerk:
Guerrini weiter, dachte wieder einmal an seine eigene innere Wüste. Er füllte sie manchmal mit Verdi, mit dem Spätprogramm des entsetzlichen italienischen Fernsehens, wenn er sich ärgern wollte, aber meistens mit Büchern oder einem guten Essen.
    Jetzt, dachte er, schaffe ich gerade einen dieser leeren Räume, in die Frauen nach der Theorie meines Studienfreundes vordringen. Ich sage nichts über mich selbst. Er wartete darauf, dass Laura zum Angriff auf diesen leeren Raum ansetzte. Aber sie tat es nicht. Sie schaute aus dem Fenster und schien tief in ihre eigenen Gedanken versunken zu sein.
    «Schade, dass Altlander tot ist», murmelte sie kurz vor Siena. «Ich hätte ihn wirklich gern kennengelernt.»
    Wieder antwortete Guerrini nicht, und sie erwartete wohl auch keine Antwort. Er aber spürte eine winzige Eifersucht darauf, dass der leere Raum Altlanders sie offensichtlich stärker beschäftigte als sein eigener.

    «Vater, wir brauchen noch eine Stunde, bis wir dich zum Abendessen abholen.» Laura saß in Guerrinis Büro und dankte dem Himmel, dass der alte Gottberg vor einiger Zeit den Besitz eines Handys akzeptiert hatte und es sogar bedienen konnte. Allerdings hatte er auf extragroßen Tasten bestanden und extragroßen Zahlen.
    «Na, das bin ich ja gewöhnt!», antwortete er jetzt trocken. «Außerdem ist es ganz gut, dann kann ich mich vielleicht noch ein bisschen hinlegen.» In die kurze Pause nach seiner Antwort sprach eine Frau hinein. Sie rief: «Paolo, Paolo! Vieni qua!»
    «Wo bist du denn?»
    «Ich sitze in einem Restaurant auf dem Campo. Seit Stunden schon. Es ist wunderbar. Am liebsten würde ich für den Rest meines Lebens hier sitzen bleiben.»
    «Findest du zu Natalias Pension zurück, oder soll einer von uns dich auf dem Campo abholen?»
    «Weshalb sollte ich nicht zurückfinden, Laura? Wofür hältst du mich eigentlich in letzter Zeit? Siena ist mir so vertraut wie Florenz oder München.»
    «Ist gut, Babbo. Wir holen dich also in ungefähr einer Stunde bei Natalia ab.»
    «Jaja, ich freu mich schon auf den alten Partisanen.»
    «Also, ciao!»
    «Buona sera, Laura.»
    Langsam legte sie den Hörer zurück.
    «A dopo!», sagte sie laut und bewunderte, auf welch würdevolle Weise ihr Vater sich von ihrer schuldbeladenen Fürsorglichkeit abgrenzte. Sie schaute sich in Guerrinis Büro um. Vor ungefähr einem Jahr war sie zum ersten Mal hier gewesen. Kurz nur, und trotzdem erinnerte sie sich an beinahe alles, selbst an den Geruch und das Waschbecken in der Ecke. Sie mochte sein Büro – irgendwie ähnelte es sogar ihrem eigenen in München. Beide beharrten sie auf bestimmten alten Möbelstücken und schotteten sich gegen alle Versuche ab, in ein Großraumbüro integriert zu werden. Was hatte Kriminaloberrat Becker voller Zorn zu ihr gesagt? «Sie sind nicht teamfähig, Laura!»
    Noch heute war sie stolz auf ihre Antwort. «Ich bin nur dann teamfähig, wenn ich ab und zu die Tür hinter mir zumachen kann!» Lächelnd lehnte sie sich in Guerrinis Sessel, fuhr mit den Fingerspitzen über das weiche Leder, legte den Kopf zurück. Obwohl er nicht im Zimmer war, hatte sie ein Gefühl, als spüre sie seinen Körper.
    Ich muss Baumann anrufen, aber ich will ihn gar nicht anrufen, dachte sie. So ungern sie diesen Münchner Fall an ihn übergeben hatte, so fern erschien ihr die ganze Sache, seit sie in Siena war.
    Ich muss ihn anrufen, und ich werde ihn anrufen. Jetzt sofort! Sie griff erneut nach dem Telefon und wählte die Nummer des Dezernats. Zehn vor sechs. Wahrscheinlich waren alle bereits nach Hause gegangen. Sie wollte gerade auflegen und auf Baumanns Handy anrufen, als Claudia sich meldete.
    «Was machst du denn noch im Büro?», fragte Laura.
    «Der Chef hatte ein paar Sonderaufträge. Schließlich bist du nicht da, um mich zu beschützen!» Sie lachte.
    «Lachst du wirklich?»
    «Ja, ich lache wirklich, weil es so komisch ist. Mach dir keine Sorgen, Laura. Meine Cousine ist zur Zeit da und hilft mir mit der Kleinen. Mit den Überstunden kann ich ihm beweisen, dass auch Mütter einsatzbereit sind.»
    «Wenn du meinst … sag mal, ist Baumann in der Nähe?»
    «Nein, er ist schon nach Hause gegangen. Aber er hat gesagt, dass er morgen mit dir sprechen will. Morgen Nachmittag. Am Vormittag will er nochmal mit diesem Karl-Otto Mayer reden. Die beiden scheinen sich zu verstehen – jedenfalls hat Baumann gesagt, dass er historische Fälle jetzt doch ganz interessant findet.»
    «Und

Weitere Kostenlose Bücher