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Wolfstränen - Roman (German Edition)

Wolfstränen - Roman (German Edition)

Titel: Wolfstränen - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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Kuh. Eigentlich hätt ich’s mir denken können. Du hast mir die Geschichte viel zu schnell abgekauft. Warst viel zu traurig, nachdem ich sie dir erzählt hatte.«
    »Zwei dumme Kühe. Außerdem liebe ich ihn nicht – nicht mehr«, sagte Nell und legte ihre Arme um Meggy. Sie drückte die zerlumpte Gestalt an sich, und es war ihr egal, daß Passanten stehenblieben und sie kopfschüttelnd beäugten.
    Ein Mann ging an ihnen vorbei. »Mistpack«, murmelte er, blieb stehen und machte eine obszöne Handbewegung.
    Nell löste sich von Meggy. Sie nickten sich zu. Gleichzeitig stürmten sie vor. Nell hielt den Mann von hinten fest und Meggy trat ihm zwischen die Beine. Jammernd sackte der Mann in die Knie.
    Meggy spuckte erneut aus.
    »Liebste deinen Sir noch?«
    »Nein!«
    »Na gut – dann komm, Nelly, es wird Zeit, daß wir den Stier bei den Hörnern packen und seinen Kopf meinem Berny auf einem Teller servieren!«
     
     
     
    Dunkelheit lag über Stairfield House.
    Es war kalt und schwarze Wolken, die sich vor den Mond schoben, verkündeten den endgültigen Abschied vom Sonnenschein. Es würde regnen.
    Stairfield House wirkte verlassen.
    Nell stieß das Tor auf. Strock hatte es nicht wieder verschlossen, was gut war. Zwar war die Haustür zu, aber Nell wusste, wo sich der Nachschlüssel befand. »Warte hier«, wisperte sie und ließ Meggy unter einer Linde stehen. Sie rannte zu den Ställen, schob das Tor auf, atmete den scharfen Geruch von Heu und Dung und schnappte sich den Nachschlüssel, der hinter einem Geschirr versteckt war.
    Meggy kam ihr atemlos entgegen. »Es is‘ unheimlich hier.«
    Nell blinzelte schelmisch. »Noch ein paar Minuten und wir werden in heißem Wasser liegen und uns mit Seife reinigen. Es gibt drei Badezuber in diesem Haus, genug für uns.« Sofort merkte sie, daß die Vorstellung eines Bades Meggy weniger erfreute als sie. Diese Menschen standen auf dem Standpunkt, daß Läuse sowieso nicht zu ertränken seien, als genügte es, hin und wieder Hände und Gesicht zu reinigen. Nun, Meggy würde schnell merken, was ihr entging.
    Nell schob den Schlüssel in das Schloss. Sofort schnappte die Tür auf. Sie lauschte. Es war seltsam still. Sogar die Hunde ruhten. Wer hatte sie gefüttert? Im Gesindehaus brannte Licht. Gates, der Gärtner, war zurückgekehrt. Er lebte dort Wand an Wand mit Elsa, der Köchin, die im Gegensatz zu Nell kein Interesse daran hatte, im Haupthaus zu schlafen.
    Nell suchte die Schwefelhölzer und zündete die Gaslampe an. Licht zischte hoch. Sie atmete tief ein. Hier roch es sauber. Sie war zurückgekehrt.
    »Komm rein, Meggy«, wisperte sie.
    Meggy zögerte. Sie blickte sich um wie ein Kind, das sich in einem glitzernden Zauberwald verlaufen hat.
    »Nun mach schon. Niemand beißt dich«, lächelte Nell und reichte ihr die Hand.
    »Da täuscht du dich!«, zischte es hinter Nell.
     
     
     
    Meggy schrie auf und huschte davon. Für einen Moment sah Nell in ihre schreckgeweiteten Augen. Sie fuhr herum.
    Drought hielt eine Blendlaterne von sich weg.
    Nell kniff ihre Augen zusammen. »Was soll dieser Unsinn?«, krächzte sie. Liebe Güte, mit Drought hatte sie nicht gerechnet.
    »Wer sind Sie?«, fragte Drought. Er ließ die Laterne sinken. Seine hagere Gestalt wirkte angespannt und Nell sah den Knüppel, den der Butler in der Rechten hielt.
    Nell antwortete nicht. Drought legte den Habichtschädel schräg und musterte Nell von oben bis unten. Seine Lippen zogen sich breit. Er hatte sie erkannt. »Waren Sie im Schlachthof?«, spielte er auf ihr blutiges Kleid an.
    »Das ist eine lange Geschichte«, flüsterte Nell, die sich gefasst hatte. Drought mußte sie für eine Einbrecherin gehalten haben. Sein Blick glitt suchend an ihr vorbei. Die Laterne schwenkte in die Richtung, in die Meggy verschwunden war. »Wen haben Sie mitgebracht?«
    »Später, Drought! Nehmen Sie erst die Lampe runter. Sie verbrennen mich! Wie Sie sehen, benötige ich dringend ein gutes Essen, ein Bad und neue Kleidung!«
    »Das glaube ich nicht.« Tatsächlich dämpfte Drought das Licht der Lampe und ließ den Knüppel sinken.
    »Was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, daß Sie verschwinden werden!«
    Nells Herzschlag stockte.
    »Ja, Sie haben richtig gehört! Ich möchte, daß Sie Stairfield House sofort verlassen. Sie haben Ihre Pflichten vernachlässigt und ich kündige Ihnen.«
    »Ich möchte mit Sir Blackhole sprechen!«
    »Das werde ich erledigen, Miss Nell! Und nun machen Sie, daß sie

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