Wolfstränen - Roman (German Edition)
gemacht.«
» Du hast Fehler gemacht!«, ließ Meggy nicht locker. Ihre Stimme war so schneidend, daß sogar Nell zusammenzuckte.
»Hört auf zu streiten«, flüsterte sie.
»ER HAT ‘NE VERFLUCHTE MORAL, DIE VON BEIDEN SEITEN ANDERS AUSSIEHT!«, schrie Meggy und zeigte mit ihrem ausgestrecktem Arm auf Bernard.
»Ich bitte Euch ... bitte hört auf zu streiten ...« In Nells Schädel summte es, Lichter blitzten vor ihren Augen auf und der Raum begann sich um sie zu drehen. Sie stützte ihre Handflächen auf den Tisch.
Sofort verstummte Meggy und sprang zu ihr. Besänftigend legte sie ihr den Arm um die Schulter. »Da siehst du, was du angestellt hast«, fauchte sie Bernard an, der nun verloren wie ein großer Junge im Raum stand.
Nell lächelte gequält und blickte durch einen Tränenschleier zu Meggy hoch. »Hör auf damit, Meg ... bitte hör auf!«
Nun füllten sich auch Meggys Augen mit Tränen, sie nickte, blickte zu Bernard hin, dann wieder zu Nell. Ihr Arm rutschte von Nells Schulter und sie ging zwei drei Schritte auf Bernard zu und fiel ihm in die Arme.
Es war ein langer Kuss, den sich die beiden gaben.
War es ihr erster Kuss? Nell vermutete es.
Eine Stunde später hatte man etwas zu essen und zu trinken organisiert. Die Schatten wurden länger und Bernard zündete eine Kerze an.
»Wir müssen eine Entscheidung treffen«, sagte er. »Und zwar schnell! Was wollen wir jetzt tun?«
»Seit Jahren liegst du mir in den Ohren. Seit Jahren willst du den Mann stellen, der dir dein Leid antat. Nun weißt du, wer er ist – was hindert dich daran, ihn zu vernichten?«, fragte Meggy. Sie nahm einen tiefen Zug aus der Weinflasche.
»Ich glaube, es ist nicht mehr wichtig«, flüsterte Bernard. »Es war von Anfang an ein Fehler.«
»Sie haben Ihre Familie sehr geliebt, nicht wahr?«, fragte Nell.
»Was für eine Frage, Miss ... selbstverständlich habe ich das! Und da Meggy Ihnen meine Geschichte erzählt hat, wissen Sie auch, warum ich mich so ... bescheuert benommen habe!«
Meggy rülpste und glotzte Bernard über ihre Weinflasche hinweg an. »Du meinst, du willst die ganze Sache sausen lassen?«, fragte sie ungläubig.
»Das wolltest du doch immer, nicht wahr?« Bernard verzog sein Gesicht, als eine Schmerzwelle seinen Arm schüttelte.
»Ich weiß nich‘ ... ich weiß nich‘«, sagte Meggy. »Irgendwie wär’s schade ... so, als würd‘ man ‘nen Traum einfach abschneiden.«
»Da werde mal einer klug aus Frauen!« Bernard biss in sein Brot.
»Sie sagen, Blackhole sei ein großer Magier.«
»Ja, Miss Nell – er ist ein sehr, sehr mächtiger Mann.«
»Woran zeigt sich das?«
»Er kann, wenn er will, Berge versetzen, den Himmel niederstürzen lassen und Menschen zerstören.«
»Warum macht er sich dann diese Welt nicht untertan?«
»Das frage ich mich auch.«
»Gibt es etwas oder jemanden, der die Welt vor Blackholes Macht bewahrt, der ihm Einhalt gewährt?«
»Klar ist, er vernichtet Menschen. Wie oft er das tut, weiß ich nicht. Meine Familie, meinen Vater, meine Mutter und meine Schwester vernichtete er! Vermutlich, um seine eigene Macht zu stärken.«
»Warum tritt er im Covent Garden auf?«
»Eitelkeit!«, entfuhr es Bernard. »Er ist eitel. Er will die Menschen beeindrucken. Für ihn ist es ein unvorstellbares Gefühl zu wissen, daß er mit einem Fingerschnipp alle Besucher zu Pulverdampf verwandeln könnte. Dieses Gefühl braucht er – es beweist ihm seine Macht. Er braucht Publikum!«
Nell nickte. »Mein Vater sagte mir einmal: Vicky – so nannte er mich manchmal – Vicky, es ist das persönliche Handeln, das den Erfolg unserer Unternehmungen bestimmt! Ich habe es mir stets gemerkt. Also lassen Sie uns handeln. Vernichten wir Blackhole!«
Nell brach ab.
Etwas geschah mit Bernard. Er schüttelte den Kopf und seine Augen verschleierten. Das Brot rutschte ihm aus der Hand und kullerte auf den Boden. »Das ist der Name meiner Schwester. Victoria – so wie unsere Königin heißt! Unsere Familie nannte meine Schwester auch immer Vicky.«
»Es tut mir Leid, Bernard! Das wußte ich nicht! Mein Vater war ein seltsamer Mann ... er hatte stets diese zwei Namen für mich. Vicky und Nell! Je nachdem, wie er gestimmt war! Nell, weil seine Großmutter so hieß und Victoria wegen unserer Königin, weil ich für ihn seine kleine Queen war.« Und nach einer Weile. »Sie trauern sehr um ihre Schwester, nicht wahr? Aber wissen Sie sicher, daß sie tot ist?«
Bernard fuhr auf. »Nein, Miss
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