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Wolfstränen - Roman (German Edition)

Wolfstränen - Roman (German Edition)

Titel: Wolfstränen - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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hatte, den Weg. Er gestikulierte und machte deutlich: Der Karren muss weg, sonst wird er konfisziert!
    Nell glaubte es nicht. Man raubte diesen Menschen ihre Lebensgrundlage. Der Polizist wirkte herrisch und stapfte weg. Er blies in seine Trillerpfeife und verschaffte sich Platz.
    »Er holt Verstärkung. Er hat Angst«, erklärte Meggy.
    Im Nu strömten Männer und Frauen herbei. Jemand zauberte Werkzeug aus einer Umhängetasche. Blitzschnell montierten sie die Räder von dem Wagen, der polternd auf das Pflaster fiel. Obst kullerte in alle Richtungen und wurde von vergnügt quietschenden Passanten aufgesammelt.
    »Was soll das?«, fragte Nell.
    Meggy und Bernard hatten einen Heidenspaß.
    »Abwarten«, grinste Bernard. Sein Gesicht hatte alle Härte verloren, sogar seine Augen waren weich.
    Die Besitzer des Karrens machten sich, die Räder vor sich herrollend, davon und verschwanden in der Menschenmenge.
    Die Polizisten kehrten zurück. Sie brüllten und winkten.
    »Nun nehmen‘se den Karren«, kicherte Meggy.
    Es waren vier Polizisten. Sie wuchteten das schwere räderlose Gefährt hoch und schleppten es unter dem Gelächter der Passanten weg. Immer wieder setzten sie den schweren Karren ab. Schweiß floss über ihre Gesichter, die vor Wut verzerrt waren. Eine Tomate zerplatzte an der hohen runden Kopfbedeckung eines Polizisten. Seine Augen schossen zornige Blicke, aber er konnte den Karren nicht loslassen. Es war ein Spießrutenlauf.
    Nun lachte auch Nell. Das geschah ihnen Recht! Sie blickte fragend zu Meggy hin, die von einem Bein auf das andere sprang und erkannte den Sinn hinter dieser Aktion. Sie war geplant gewesen und diente ausschließlich dazu, die Polizisten zum Narren zu halten.
    »Rache muss sein«, murmelte Bernard dumpf und erinnerte Nell und Meggy daran, weshalb sie unterwegs waren.
    Sie wollten Blackhole!
    Im Grunde hatten sie keine Chance gegen Blackhole. Dieser Mann - sollten seine Magiekräfte tatsächlich so stark sein, wie Bernard geschildert hatte - war unbesiegbar. Trotzdem würden sie ihn heute Abend nach der Vorstellung beobachten und verfolgen.
    Gab es eine Schwachstelle, vielleicht etwas, dass sie sich zu Nutze machen konnten? Es war ein verrückter und sinnloser Plan. Und ein gefährlicher ausserdem.
    »Beobachte einen Menschen, behalte ihn im Auge und warte auf deine Gelegenheit. Es ist wichtig, seinen Feind besser zu kennen als seinen Freund«, hatte Bernard gesagt. »Jeder Mensch – und auch Blackhole ist letztendlich ein Mensch! – hat einen wunden Punkt! Ich habe Zeit! Wir, Schwesterlein, wir haben Zeit.«
    Nell hatte sich an Bernard gedrückt. Sie hatten versucht, gemeinsame Erinnerungen zutage zu fördern und bei einigen war es ihnen gelungen.
    Zudem konnte sie Adrian Blackhole nicht vergessen.
    Hatte sie sich wirklich so sehr in diesem Mann getäuscht?
    War seine Freundlichkeit nur Fassade gewesen?
    Und die Frage: Liebte sie ihn noch immer? Eine mögliche Antwort verdrängte sie. Nells Welt stand auf dem Kopf. Sie fühlte sich verwegen, verwirrt und auf sonderbare Weise glücklich.
    Und Meggy hatte bestätigend genickt. Ja, sie hatten Zeit! Sie himmelte Bernard an. Alles war anders geworden. Immer öfters küssten sich die beiden.
    Sie waren drei Menschen, die eine Schuld einfordern wollten. Drei Menschen, die in ihrem Innersten wussten, dass sie dabei nur verlieren konnten.
     
     
     
    Die Vorstellung war beendet.
    Menschen strömten aus dem Covent Garden Theatre , aber dafür hatten weder Bernard, noch Nell oder Meggy einen Blick. Sie beobachteten die Hintertür. Sie hielten sich versteckt und warteten.
    Es dauerte nicht lange und die Tür schwang auf.
    Blackhole, noch immer als Der große Makabros verkleidet, trat hinaus. Im Licht einer Straßenlaterne glitzerte seine Silbermaske. Er winkte einer Droschke, die in einiger Entfernung wartete.
    »Das wird knapp«, murmelte Bernard. Er stieß sich mit dem Rücken von der Hauswand ab. »Wenn alles gut geht ...« Er blickte zum Mond hoch, der sich hinter die Wolken stahl. Von Big Ben erklang es dreiundzwanzig Uhr. »Pünktlich ... sei pünktlich«, sprach er mit sich selbst.
    Sie hatte noch nicht ausgeredet, als eine winzige Kutsche um die Ecke klapperte.
    Dandy sprang vom Bock und deutete eine Verbeugung an. »Seid gegrüßt! Entschuldigt die zwei Sekunden Verspätung! Es war nicht leicht, das Ding zu besorgen. Es kostete mich eine verdammte Mühe, dem Franzosen noch einen Gaul abzuschwatzen! Aber ich hab ‘nen Deal mit ihm

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