Wolfstraeume Roman
»Schon verstanden. Soll ich dir aus der Wanne helfen?«
»Ja, bitte.«
Er hob mich heraus, und wieder war ich überrascht, wie kräftig er sich anfühlte. Liebevoll wickelte er mich in das violette Badetuch ein. »Willst du sehen, wie ich es mache?«
»Wie bitte?« Ich wusste nicht so recht, was er meinte, nahm aber automatisch an, dass es etwas mit Sex zu tun haben musste.
Er grinste. »Willst du miterleben, wie ich mich verwandle?«
»Oh.« Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. »Ja, gerne.«
»Okay. Wenn du so aussiehst, kann ich mich allerdings nicht konzentrieren. Hast du hier irgendwelche Klamotten, die wir dir anziehen könnten?«
»In meiner Tasche.« Ich hielt die Arme an meinen Körper gepresst, damit mir das Handtuch nicht herunterrutschte, und ging ins Schlafzimmer. Red folgte mir.
»Wie wäre es damit?« Red holte einen roten Frotteemantel aus meiner Tasche.
»Gut.« Ich drehte mich um und ließ das Handtuch fallen. Als ich einen Blick über meine Schulter warf, merkte ich, dass Red diesmal nicht wegschaute.
»Wow«, murmelte er stattdessen bewundernd. Ich erkannte den Ausdruck in seinem Gesicht. Es war die Miene, die Lilliana einmal als den Mein-Gott-du-bist-nackt-undeine-Göttin-Blick bezeichnet hatte. Damals hatte ich nur genickt und so getan, als ob ich wüsste, wovon sie sprach. Doch das tat ich in Wahrheit erst jetzt. Es war eine derart schmeichelnde Reaktion, dass ich es nicht über mich brachte, ihn zu tadeln. Ich knotete den Bademantel zu.
»Kannst du dich jetzt konzentrieren?«
Red sah mich an. »Du bist zwar noch immer sehr nackt unter diesem Mantel... aber ja, ich glaube, jetzt könnte ich es schaffen.«
Ich setzte mich aufs Bett und schlang die Arme um meine
Knie. »Und wie machst du das nun? Müssen wir warten, bis sich der Mond zeigt?«
Red ließ sich neben mir nieder. »Es ist zwar einfacher, wenn wir Vollmond haben – so wie jetzt. Aber ich bin kein Werwolf. Ich kann also auch zu anderen Zeiten meine Gestalt verändern.«
»Wie meinst du das?«
»Lykanthropie ist ein Virus. Was ich habe, ist eher angeboren. Ich bin ein Limmikin – ein Metamorph.«
»Ich habe es gerade erst geschafft zu akzeptieren, dass der Lykanthropie-Virus Menschen in Werwölfe oder Unwölfe oder wie auch immer verwandeln kann. Und jetzt willst du mir weismachen, dass es noch seltsamere Dinge gibt, die noch übernatürlicher sein sollen?«
Red warf den Kopf zurück und lachte aus vollem Halse. Die Zähne, die er dabei zeigte, wirkten schärfer, als ich sie in Erinnerung hatte. »Doc, in dieser Gegend gehöre ich noch zu den Normalen.«
Ich zog die Augenbrauen hoch und sah ihn gespielt misstrauisch an. »Dann beweise es mir.«
»Jetzt sofort?«
»Ja, jetzt sofort. Verwandle dich in Red, den roten Kojoten.«
Reds Haut wurde plötzlich etwas fleckig. »Red ist ein Wolf. Ein roter Wolf und kein Kojote.«
»Entschuldige vielmals, ich wollte dich nicht beleidigen.«
»Ich weiß, dass ich vielleicht nicht so groß bin wie andere Wölfe...«
»Sorry, mir war nur gerade eingefallen, dass sich in Texas einige rote Wölfe mit der dort ansässigen Kojotenpopulation vermischt haben und...««
Red sah mich aus schmalen Augen an. »Kojoten sind Betrüger, Abra. Ich bin kein Kojote.«
»Okay, ich glaube dir.«
Red stand auf. Er stellte sich vor mich hin. Der Blick in seinen Augen brachte meinen ganzen Körper zum Erbeben. Meine Brustspitzen wurden mit einem Schlag hart. »Ein Limmikin braucht keinen Mond«, erklärte er und betrachtete sehr gründlich meinen Mund. »Ich muss nur nackt sein und mich in einem ekstatischen Zustand befinden. Das ist alles.«
31
In gewisser Weise sind alle Frauen Verwandlungskünstler oder auch Gestaltwandler. Obwohl ich bis vor wenigen Augenblicken noch angenommen hatte, dass ich schwanger war, hatte ich es doch schwierig gefunden, mir die dramatischen Veränderungen vorzustellen, die mein Körper in einer Schwangerschaft durchmachen würde. Die Vorstellung, irgendwann einmal ein Baby in den Armen zu halten, war mir noch unwahrscheinlicher vorgekommen. Mein Verstand mochte es zwar akzeptiert haben, meine Seele aber im Grunde nicht. Trotzdem hatte ich gewusst, dass ich mich bald instinktiv darauf einstellen – und mich also auch verwandeln – würde.
Selbst wenn ich nicht glaubte, dass Red mich belog, so konnte ich mir dennoch beim besten Willen nicht vorstellen, dass er sich vor meinen Augen in einen Wolf verwandeln würde – genauso wenig, wie ich mir
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