Wolfstraeume Roman
nervös. Ich bemerkte, dass sich rote Flecken auf seinen Wangen zeigten.
»Also...«, begann er erneut.
Ich fing fast gleichzeitig zu sprechen an. »Pia gehört nicht Ihnen?«
Red und der Wolfsmischling warfen sich einen raschen Blick zu. »Nein. Jackie hat mich gebeten, Pia zu holen, ehe sie Probleme bekommt.«
Ich erinnerte mich an Lillianas halb im Scherz geäußerte Bemerkung, dass Knox die Hündin vielleicht für seine Experimente benutzen wollte. Im Nachhinein kam es mir tatsächlich merkwürdig vor, dass Mad Mal Pia als Patientin behalten wollte, obwohl nicht sicher war, ob sich die Besitzerin die Behandlung überhaupt leisten konnte. Außerdem hatte er mich nur ins Team geholt, weil sich Hunter mit Lykanthropie beschäftigte. Führte der Veterinär wirklich irgendetwas Eigenartiges im Schilde?
Doch was plante dieser Mann hier vor mir? Konnte ich
ihm trauen? »Und weshalb ist Jackie Roberts nicht selbst gekommen, um Pia abzuholen?«
Red war jetzt wieder völlig ruhig. Seine Gelassenheit gefiel mir. Irgendwie kam er mir ehrlich vor, auch wenn ich eigentlich nicht wusste, warum. »Jackie hofft, ich könnte Sie vielleicht davon überzeugen, dass Pia nur einen kleinen Anteil Wolfsblut in sich hat. Ich bin nämlich in gewisser Weise ein Experte für so etwas. Hier ist meine Karte, Doc.«
Er zog ein Portemonnaie aus der hinteren Hosentasche, aus dem er eine billige weiße Visitenkarte nahm. Darauf befand sich die Silhouette eines Wolfs oder eines Kojoten. Mir fiel auf, dass es dasselbe Bild war, das er auch als Tätowierung auf seinem rechten Oberarm hatte. »Red Mallin«, sagte er noch einmal, als ob er sich nicht bereits vorgestellt hätte. »Zuständig für die Umsiedlung von Wildtieren.«
Ich betrachtete erst die Karte und dann ihn. »Und weshalb haben Sie sich nicht unten in der Rezeption gemeldet und offiziell ausgewiesen, Mr. Mallin?«
Er lächelte verlegen. »Na ja, ich weiß nicht... Manchmal scheinen die großen Fische meine Meinung nicht allzu sehr zu schätzen.«
»Was haben Sie mit der Eule gemacht?«
»Sie ist noch hier. Sozusagen im Austausch gegen die Hündin.«
Sein grau werdendes Haar und der sonnenverbrannte Teint ließen ihn älter wirken, als er vermutlich war. Ich schätzte ihn auf Ende Dreißig.
»Im Grunde will ich es gar nicht wissen. Aber woher haben Sie die Eule?«
»Aus dem Speicher eines Bekannten. Hören Sie, ich schwöre Ihnen, dass ich kein Wildtierhändler oder so etwas
bin. Ich verkaufe keine wilden Tiere. Ich möchte die Kleine hier nur ihrer rechtmäßigen Besitzerin zurückbringen. Das ist alles. Jackie weiß genau, wie sie mit Pia umgehen muss.« Er fischte ein zerknittertes Stück Papier aus der Jeans. »Sie können Sie gerne anrufen, wenn Sie möchten.«
»Ich habe kein Handy.«
Red sah mich überrascht an. »Wirklich nicht? Ich auch nicht.« Offenbar wusste er nicht, was er jetzt tun sollte.
»Schon in Ordnung. Ich glaube Ihnen.« Ich glaubte ihm tatsächlich. Er mochte zwar heruntergekommen aussehen, aber zuverlässig wirkte er trotzdem.
Pia wedelte zweimal vorsichtig mit dem Schwanz. Sie schien zu merken, dass wir uns geeinigt hatten.
»Hast du das gehört, Pia? Du darfst nach Hause.« Red beugte sich vor und kraulte sie hinter den Ohren, während er mich erleichtert angrinste.
»Ich sehe nach, ob die Luft rein ist.« Ich verließ die Toilettenkabine und öffnete die Tür einen Spalt breit in den Flur hinaus. »Alles in Ordnung«, verkündete ich. »Sie können gehen.«
Red blieb noch einmal neben mir auf der Schwelle stehen. »Hören Sie, Doc. Falls Sie jemals Probleme mit einem Tier haben sollten, das sich in Ihren Keller verlaufen hat, dann rufen Sie mich an.«
Ich warf einen erneuten Blick auf die Visitenkarte, auf der eine E-Mail-Adresse und die Nummer eines Telefonservice vermerkt waren. »Ich wohne in einem Appartement.«
Red pfiff nach Pia, die seinem Ruf sogleich folgte und zu ihm eilte. Die Hündin wirkte ruhiger, als ich sie bis dato gesehen hatte. Sie wedelte erneut mit dem Schwanz, während sie meinen Blick erwiderte. »Sehen Sie?« Red zeigte
mit dem Daumen auf das Tier. »Pia möchte Ihnen offenbar auch nochmal danken.«
»Verschwinden Sie schon«, entgegnete ich mit einem Lächeln.
Mit der Hand auf der Klinke drehte sich Red noch einmal zu mir um. »Das mit Ihrer Tasche tut mir leid. Ich wollte Sie gerade warnen, als Sie sich zu mir umgedreht und mir einen eisigen Blick zugeworfen haben.«
»Wie bitte?«
»Sie wissen schon – in
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