Wolfstraeume Roman
Restaurant wäre besser. Meinst du nicht?«
Hunter las sich die Speisen durch, die jemand mit Kreide auf eine Tafel neben dem Eingang zum Restaurant geschrieben hatte. Das Weiße waren vermutlich Fettucine Alfredo. »Bist du dir sicher? Wir könnten auch einfach nur einen Burger in der Bar essen.««
»Äh...««
»Einen Sojaburger oder so etwas werden sie schon haben.« Er klang gereizt.
Ich warf einen Blick auf den bärtigen Mann, der einen großen Schluck Bier trank. Eine Bedienung hinter der Theke zapfte gerade ein Glas voll, während sie von dem traurig aussehenden ausgestopften Hirschkopf beobachtet wurde, der an der gegenüberliegenden Wand hing. »Ich glaube eigentlich nicht, dass sie hier Sojaburger anbieten. Da ist nicht genug Blut drin.«
Aber Hunter war bereits auf dem Weg in die Bar. Die Bedienung, der Bärtige und etwa ein Dutzend weiterer Gestalten beobachteten ihn neugierig. Er setzte sich auf einen Hocker an der Theke und markierte den weit gereisten, souveränen Journalisten, der sich durch nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringen lässt.
Die rotblonde Frau hinter der Bar, die etwa Mitte zwanzig war, zapfte weiter. »Trinken oder auch essen?«, fragte sie gelangweilt.
Hunter blickte mich auffordernd an. Ich kam zu ihm, wobei ich mir wie ein unterwürfiger Hund vorkam, der seinem Herrchen notgedrungenermaßen folgte. Dann wandte sich mein Mann an die Bedienung.
»Beides.«
Sie reichte uns zwei Speisekarten. »Keine Sorge, Madam. Wir haben auch Gemüseburger. Hier, sehen Sie!« Sie zeigte mit einem spitzen pinkfarbenen Nagel auf die Karte. Ich errötete, als mir klarwurde, dass sie unsere kleine Auseinandersetzung mit angehört haben musste.
Hunter lächelte zuerst sie und dann mich an. Es war eindeutig, dass er sie attraktiv fand. Sie besaß die harte, makellose Hübschheit einer Kandidatin für einen Schönheitswettbewerb. »Siehst du, Abs. Was hab ich dir gesagt? Also... äh... wie heißen Sie?«
»Kayla.«
»Also, Kayla, wir möchten zwei Bier. War das gerade ein Guinness, das Sie da gezapft haben? Dann also ein Guinness. Und für sie etwas Leichteres.«
Kayla betrachtete mich für einen Moment aus schmalen Augen. »Ein Amstel?«
Ich nickte. Sie servierte mir mein Bier mit einem Zitronenschnitz. Hunters Guinness dauerte länger. Sie musste das Glas immer wieder in einem flachen Winkel unter den Zapfhahn halten, um nicht zu viel Schaum zu produzieren. Zwischendurch stellte sie das Glas beiseite und wartete, bis der Schaum in sich zusammengefallen war. Dann goss sie mehr Bier nach. Um es schließlich vor Hunter auf die Theke zu stellen, beugte sie sich betont weit nach vorne, so dass ihre Brüste den Tresen berührten.
Mein Mann bestellte einen Baconburger – »so blutig wie möglich« -, während ich den Gemüseburger mit Pommes frites wählte. Wir blickten uns in der Bar um, ehe wir beide wortlos ins Feuer starrten – wie ein Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat oder befürchtet, wieder ins Streiten zu geraten, sobald sie miteinander reden. Der bärtige Mann neben mir beugte sich über eine kleine Tonschüssel und schaufelte Chili con Carne in sich hinein.
»Dr. Barrow? Abra?«
Ich drehte mich überrascht um, als ich meinen Namen hörte. Woher konnte jemand in dieser Gegend schon wissen, wer ich war?
Vor mir stand Red Mallin, der Mann mit der Eule. Er hatte dasselbe weiße T-Shirt und die gleiche Jeans an wie bei unserer letzten Begegnung; zumindest kam es mir so vor. In der Hand hielt er eine Flasche Budweiser. Er sah mich
mit einer solchen Offenheit und Wärme an, dass ich kaum wusste, wie ich reagieren sollte.
»Was tun Sie hier? Einen Moment – Sie erinnern sich doch noch an Jackie, nicht wahr? Jackie, das hier ist die Ärztin, die uns mit Pia geholfen hat.« Er zeigte auf eine etwas heruntergekommen wirkende Frau mit blondierten Haaren, die neben ihm stand. Ich hätte sie bestimmt nicht wiedererkannt. Ihrem unsicheren Lächeln nach erging es ihr mit mir nicht anders. Sie trug ein pinkfarbenes Sweatshirt mit einer Hirsch-Applikation, und zwischen ihren steifen Fingern hielt sie eine Zigarette.
»Hi, Jackie.«
»Hi.«
»Ich bin Hunter – Abras Mann«, stellte sich Hunter den beiden vor.
»Freut mich, Sie kennenzulernen.« Wir schüttelten einander die Hände, wobei wir alle ziemlich unbeholfen wirkten. Hunter und Red lächelten sich zwar an, aber ihre Augen blieben kalt. Ich fühlte mich unwohl und angespannt – wie manchmal, wenn sich am Institut zwei
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