Wolfstraeume Roman
etwas wolle. »Danke, Kayla. Könnte ich noch eins bekommen? Das wäre toll.«
Ich blickte auf, woraufhin Red, der mich beobachtet hatte, hastig woanders hinsah. »Dann ist es also abgemacht? Nächsten Freitag bei uns?«
Wieder wich er meinem Blick aus. »Wenn es Jackie auch recht ist...«
»Klar, in Ordnung.« Sie klang wenig begeistert. »Aber eigentlich sollte ja ich eher Sie einladen. Ich bin Ihnen schließlich noch etwas schuldig. Nachdem Sie Red geholfen haben, Pia rauszuschmuggeln...«
»Wie geht es eigentlich Pia?« Ich musste an Malachy Knox’ Labor denken und an meinen verrückten Traum mit dem Wolfsmädchen.
»Sie verhält sich seltsam, kratzt sich die ganze Zeit, und ihr Fell geht ziemlich stark aus.«
»Ich kann sie mir gerne bald mal ansehen«, bot ich an.
Aus der Ferne klang es wie etwas, was man mit einer Spritze Kortison wieder hinbiegen konnte. Ich hoffte also, dass es nichts Ernstes war. »Bringen Sie sie einfach bei uns vorbei. Ich arbeite sowieso noch nicht, wissen Sie.«
Red legte seine Hand auf meine Schulter. »Dann stehen wir noch tiefer in Ihrer Schuld, Doc.«
Zu meiner Überraschung verspürte ich nicht das Bedürfnis, ihn abzuschütteln, wie ich das sonst bei Berührungen Fremder kannte.
»He, Texaner«, mischte sich erneut Hunter ein, wobei er sich nun übermäßig jovial gab. »Hören Sie auf, mit meiner Frau zu flirten und nehmen Sie sich lieber ein Bier.« Er reichte Red eine Flasche Budweiser, die er offenbar bei Kayla bestellt hatte.
»Okay... danke.« Red trank einen Schluck Bier, was aber nicht von der Tatsache ablenken konnte, dass seine Wangen gerötet waren.
»Ich habe eine Frage, Texaner.« Hunter nahm einen weiteren Schluck Guinness. »Kenne ich Sie nicht von irgendwoher?« Er wirkte betrunken. Oder war es etwas anderes?
»Nein, soweit ich weiß, nicht.«
»Ihre Augen... irgendwie kommen mir die bekannt vor. He, Sie haben nicht zufälligerweise Verwandte in Rumänien – oder?« Er biss noch einmal von seinem Burger ab. Etwas Bratensaft und Blut tropften ihm aufs Kinn. »Ich war gerade für drei Monate in Rumänien, und Sie erinnern mich an jemanden, den ich dort kennengelernt habe.«
»Meine Familie ist irisch, mit ein bisschen Mohikaner und Mohawk auf Seiten meiner Mutter.« Das waren zwei Indianerstämme aus der Gegend von New York. Woher er wohl seinen texanischen Akzent hatte?
Hunter schüttelte den Kopf. »Das ist merkwürdig. Sie erinnern mich stark an...« Er atmete tief ein. »Vielleicht liegt es auch nur an Ihrem Eau de Cologne.«
Red trank einen Schluck und stellte die Flasche ab. »Oder vielleicht stinke ich auch einfach. Sie sind also vor kurzem in Rumänien gewesen?«
»Ja.«
»Um Wölfe zu beobachten?«
Jetzt war es an Hunter, verblüfft zu sein. »Woher wissen Sie das?«
Red legte den Kopf zurück und musterte sein Gegenüber. »Sie haben einfach eine bestimmte... eine bestimmte Art. Außerdem, was gibt es denn sonst noch in Rumänien? Man kann entweder Waisen adoptieren oder Wölfe beobachten.«
Hunters Schultern entspannten sich etwas. »Da haben Sie Recht.««
»Hier gibt es nicht allzu viele Wölfe. Aber dafür Kojoten. Und Bären.«
»Stellen Sie Fallen?«
Red nickte. »Manchmal.«
»Um zu töten?« Hunters Tonfall klang auf einmal wieder aggressiv. Ich bemerkte, wie Jackie meinem Mann einen ängstlichen Blick zuwarf.
»Wenn es sein muss... was meinst du, Jackie – sollten wir nicht besser los?« Red legte seinen Arm um die Schultern seiner Begleiterin, und ich verspürte einen Stich. Ich war nicht eifersüchtig, weil Jackie offenbar Reds Freundin war, sondern weil ich mir wünschte, auch einen Mann zu haben, der so liebevoll mit mir umging.
»Wann muss man denn Tiere wie Wölfe oder Bären töten,
Red? Wenn sie in irgendeinen bescheuerten Garten eindringen oder wann?«
»Hunter!««
Mein Mann würdigte mich keines Blickes. »Haben Sie jemals einen Wolf getötet, Red?«
»Einmal. Oben in Kanada.«
»Aus einem bestimmten Grund?«
»Ja. Er war dabei, mich anzugreifen.« Red ließ Jackie los, während er Hunter mit einer tonlosen, sachlichen Stimme antwortete. »Hören Sie. Ich verstehe ja, dass Sie als Wolf-... also als Wolfsinteressierter etwas gegen meinen Beruf haben. Aber ich bin wirklich kein durchgeknallter Trapper aus irgendeinem billigen Western. Mein Großvater hat mir beigebracht, wie es die Mohawk machen. Ich respektiere den Wolf. Und ich respektiere die Natur.«
»Tun Sie das?« Hunters Miene wirkte
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