Wolke 8...
abendliche Zeremonie heute so lange dauerte. Ich sang immerhin schon das vierte Lied. An anderen Abenden hatte Sarah oft schon beim ersten einen tiefen Seufzer von sich gegeben, die Augen geschlossen und war vollkommen zufrieden eingeschlafen. Irgendetwas stimmte heute nicht.
Gerade, als ich meiner süßen Sarah über die erhitzte Wange streicheln wollte, spürte ich, wie ihre kleine Hand an meinem T-Shirt zupfte. Besorgt fragte ich: „Was ist denn, mein Liebling, tut dir etwas weh?“
Meine Kleine schüttelte nur den Kopf, schlug verlegen die Augen nieder, sagte aber nichts.
„ Na, mein Spätzchen, erzähl mir ruhig Deinen Kummer …“ bohrte ich weiter. Irgendetwas musste sie doch auf dem Herzen haben ...
Sarah seufzte, als fiele es ihr schwer, mit jemandem über das Problem zu sprechen. Was denn, nicht einmal mit mir? Doch dann fasste sie sich offenbar ein Herz und sie flüsterte: „Mama?!“
„ Ja, meine Kleine, was ist denn …?“
„ Ach, nichts weiter, ich wollte dich nur etwas fragen …“
„ Ja? Dann frag` einfach – war vielleicht etwas im Kindergarten nicht so wie es sein sollte?“
„ Nein, nein, dort war es heute wieder ganz doll schön …“
„ Aber?“
„ Ich wollte nur wissen, ob du noch ein bisschen singen möchtest – oder … ob ich jetzt schlafen darf?“
Da konnte ich einfach nicht anders: Ich nahm meine Süße noch einmal aus dem Bett hoch und küsste sie lachend.
Kaum hatte ich mein Töchterchen wieder zugedeckt, war Sarah, mit einem Lächeln im Gesicht, auch schon eingeschlafen.
Ich blieb noch einen Moment stehen. Ich wollte diesen Anblick meiner Kleinen noch ein wenig genießen. Mein Herz wurde ganz warm und weit vor lauter Glück. Konnte es denn auch etwas Schöneres geben als so ein liebes und freundliches Kind? Dazu auch noch so hübsch anzuschauen und gesund … Wieder einmal kam es mir ganz deutlich zu Bewusstsein, wie glücklich und zufrieden ich mich mit unserem Leben fühlte. Und beim Hinausgehen merkte ich, wie mir nicht die Freudentränen übers Gesicht liefen.
Doch kaum war ich im Wohnzimmer, überkam mich wieder dieses unbestimmte Gefühl. Bisher hatte ich es nicht einmal vor mir selbst gewagt, jenes merkwürdige Gefühl näher zu benennen. Und so sollte es auch künftig bleiben. Das hatte ich mir ganz fest vorgenommen.
Am besten würde sein, ich ließ heute den Dimmer unberührt. Bei hellem Licht hatte ich solche Anwandlungen viel besser im Griff. Pah, Gefühl! Was für ein Gefühl? Neben der Liebe zu meiner Tochter brauchte ich keine andere.
Energisch nahm ich mir ein Buch aus dem Regal. Doch so richtig kam ich nicht zum Lesen – vieles musste ich zweimal lesen, weil meine Gedanken immer wieder abschweiften.
Nicht zu meinem Ex, nein. Der hatte schon damals das Weite gesucht, gleich nachdem er erfahren hatte, dass ich schwanger war – und das Kind unbedingt behalten wollte.
Kurz darauf hat auch noch die Lokalredaktion, in der ich als Sekretärin gearbeitet habe, dicht gemacht.
Doch ich wollte und konnte es nicht zulassen, dass ich in das viel zitierte schwarze Loch fiel. Ich hatte schließlich nicht nur für mich allein zu sorgen.
Auch, wenn ich es als allein erziehende Mutter nicht immer leicht hatte, so stand es für mich doch fest wie das Amen in der Kirche: Nichts auf der Welt würde jemals wichtiger sein als meine Tochter! Also brauchte ich eine Arbeit, bei der ich mir die Zeit einteilen – und so viel wie möglich mit meiner Kleinen zusammen sein konnte.
Da kam die Anzeige einer renommierten Partnervermittlung gerade recht, die hier in der Region nach Mitarbeiterinnen mit Charisma suchte.
Zunächst ließ ich mir von meiner Freundin Conny bestätigen, dass ich genau über jene Ausstrahlung verfügte, dann suchte ich für meine Tochter einen Platz in einem Kindergarten und fand ihn auch – ganz in der Nähe. Die Erzieherinnen waren sehr liebevoll, Sarah hatte sich schnell eingewöhnt und freute sich schon am Abend auf ihre Freunde, mit denen sie am nächsten Tag spielen würde.
Also stand einer Bewerbung nichts mehr im Wege. Ich durfte schon gleich nach der ersten intensiven Schulung selbstständig arbeiten. Die Kunden kamen zu mir ins Haus, am Vormittag, wenn Sarah im Evangelischen Kindergarten spielte.
Musste ich auch mal nachmittags oder abends Termine vergeben, konnte ich mich auf Conny verlassen, meine allerliebste und langjährige Freundin. Diese fühlte sich ohnehin einsam, weil ihr Mann mehr als sechshundert Kilometer von
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