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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Ihre Gesichtszüge hatten sich in seine Seele eingebrannt. Er kannte ihr Mienenspiel in- und auswendig, so wie andere Männer die Ehefrau, Freundin oder Geliebte kannten …
    Sie würde immer bei ihm sein, dachte er, als er um halb sechs Uhr morgens aus der Koje stieg. Er konnte sich nur verschwommen an den Traum erinnern – es ging um Blutspritzer auf dem Küchenfußboden, spinnwebenartige neonblaue Muster, von der Spurensicherung mittels Luminol sichtbar gemacht, Rinnsale und Tropfen … Blut, mit dem in Patricks Traum der Name des Mörders geschrieben worden war. Doch es war eine andere Sprache, die Patrick nicht zu entziffern vermochte, und abgesehen davon: Wer konnte beweisen, dass sie umgebracht worden war, wenn ihre Leiche unauffindbar blieb?
    Er rieb sich die Augen und setzte Kaffee auf, dann schlüpfte er in Shorts und Sweatshirt. Die Morgenluft war kühl; eine Schlechtwetterfront war gestern Abend durchgezogen, heftige Sturmböen hatten die Sparren durchgerüttelt und Flora dazu bewogen, sich unter dem Bett zu verkriechen. Der schwarze Labrador rieb sich nun an seinen Beinen, die sanften blauen Augen blitzten erwartungsvoll; er spürte offenbar, dass eine Bootsfahrt bevorstand.
    An Deck atmete Patrick tief die salzhaltige Luft ein. Der Morgenstern flimmerte am östlichen Firmament, wo die im Aufgehen begriffene Sonne den dunklen Horizont mit einem orangefarbenen Feuerschein überzog. Sein zweiunddreißig Fuß langes Fischerboot, die Probable Cause, schaukelte in der Dünung. Nach der Scheidung war er mit Sack und Pack auf das Boot gezogen. Sandra hatte das Haus in der Mill Lane behalten. Alles war in bester Ordnung, außer, dass die Nass- und Trockenliegeplätze der Hafenanlage als Eigentum verkauft werden sollten. Wenn das so weiterging, würde ganz Neu-England schon bald eine einzige große Stadthaussiedlung mit dazugehörigen eigenen Liegeplätzen sein … Dann würde er die Anker lichten und sich einen neuen Hafen suchen müssen.
    Als er Schritte auf dem Kies vernahm, spähte er zur Mole hinüber. Ein Schatten überquerte den Sandparkplatz und näherte sich; Flora knurrte. Patrick tätschelte ihr den Kopf, dann ging er nach unten, um zwei Becher Kaffee zu holen. An Deck zurückgekehrt sah er, dass Flora mit dem Schwanz wedelte, den Blick unverwandt auf den Mann gerichtet, der am Kai stand. Angelo Nazarena.
    »Sag nicht, dass du den Kaffee gerochen hast«, begrüßte Patrick ihn.
    »Von wegen. Ich bin in aller Herrgottsfrühe raus aus den Federn und habe einen Blick in die Zeitung geworfen. Ich dachte mir, vielleicht kannst du ein wenig Gesellschaft gebrauchen, damit du dich nicht betrinkst oder irgendwelche Dummheiten anstellst. Morgen ist der längste Tag des Jahres, und die Flut der Artikel hat bereits eingesetzt …« Er hielt den Hartford Courant in einer Hand und nahm mit der anderen den blauen Becher entgegen, als er an Bord kam.
    »Ich trinke nicht mehr«, sagte Patrick. Er brannte darauf, den Zeitungsbericht zu lesen, doch gleichzeitig graute ihm auch davor. »Das weißt du sehr wohl. Abgesehen davon rede ich nicht mehr mit dir. Du verscherbelst meinen Anlegeplatz.«
    »Und sacke Millionen bei dem Geschäft ein«, kicherte Angelo. »Als mein Großvater dieses Stück Land kaufte, hieß es, dass es Schrott sei. Lag auf der falschen Seite der Eisenbahnbrücke, zu nahe am Sumpf, verpestet vom Gestank der Muscheln, der von den offenen Güterwaggons herüberwehte. Aber er war schlau genug, sich auszurechnen, dass Immobilien im Hafenviertel Gold wert sind, und das kommt mir heute zugute. Dein Kaffee ist gut.«
    Patrick schwieg. Er starrte Maras Foto auf der Titelseite an. Es war im Rosengarten ihrer Großmutter aufgenommen worden, auf Hubbard’s Point, zehn Meilen von hier entfernt, in dem schmucken Cottage mit den silbrig verwitterten Schindeln. Die Kamera hatte das Leuchten in ihren Augen eingefangen, den Schwung, die Lebensfreude, das Geheimnis, das sie stets in sich zu bergen schien. Patrick hatte das gleiche Gefühl wie stets – dass sie ihm, wenn er ihr nur nahe genug käme, ins Ohr flüstern würde, was er so verzweifelt zu wissen begehrte …
    »Ständig die alte Leier, diese Zeitungen müssen immer alles aufbauschen«, klagte Angelo kopfschüttelnd. »Dabei ist die Ärmste schon seit neun Jahren wie vom Erdboden verschluckt. Fischfutter, das weiß doch jeder.«
    »Da kommt mal wieder dein sizilianisches Erbe zum Vorschein.«
    »Sie ist verschwunden, Patrick. Tot.« Angelos Stimme

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