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Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)

Titel: Wolken über dem Meer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Wale gerade aufhielten.
    »Würdest du gerne jemandem per Funk einen Gruß schicken, Geburtstagskind?«, fragte er.
    »Ich?«, erwiderte Jessica wie aus der Pistole geschossen.
    Rose lachte über den vermeintlichen Scherz, und Jessica errötete.
    »Ich hab nur Spaß gemacht«, sagte Jessica hastig.
    »Du bist ja eine richtige Komödiantin«, meinte der Captain. »Meine Frau führt den Gasthof, und wir könnten dich freitagabends gut gebrauchen. Wir halten immer nach Nachwuchskünstlern Ausschau, die talentiert sind und Lust haben, bei uns aufzutreten. Wie heißt du?«
    »Jessica Taylor.«
    »Aha. Jessica, das Geburtstagskind. Das nicht Geburtstag hat.«
    Alle Mädchen lachten, als sei er der Komödiant. Er war groß, hatte eine gesunde Gesichtsfarbe und dunkelbraune Haare, wie sein Cousin Dr. Neill. Er hatte ein von Wind und Wetter gegerbtes Gesicht mit zahlreichen kleine Fältchen und ein breites Lächeln, als habe er seine helle Freude daran, Witze zu machen und die Leute zum Lachen zu bringen. Er lenkte das Boot mit einer Sanftheit über die Wellen an der Öffnung der Bucht, die Rose zu schätzen wusste. Ihr Brustkorb schmerzte. Sie kam sich zerbrechlich vor, wie Glas, das bei einem unsanften Ritt über die Wellen zu zersplittern drohte. Doch die salzige Luft war so frisch und kühl in ihren Lungen, dass ihre Ängste vergingen und bald vergessen waren.
    »Wann hast du eigentlich Geburtstag, Jessica?«, fragte Allie. »In Wirklichkeit, meine ich.«
    »Heute.« Jessica lachte. »Und morgen. Und übermorgen auch.«
    »Komm doch bitte mal her, echtes Geburtstagskind.« Der Captain übertönte das Kichern und tippte Rose auf die Schulter. »Sei so nett und frage meinen Cousin per Funk, wohin die Wale verschwunden sind.«
    »Ich weiß aber nicht, wie das geht«, sagte Rose.
    »Das macht man so …« Der Captain zeigte es ihr. »Wenn du sprechen willst, hältst du den Knopf gedrückt, wenn du fertig bist, sagst du ›over‹ und hörst zu. Alle Zwölfjährigen sollten wissen, wie man ein Sprechfunkgerät bedient.«
    »Ich bin aber erst neun!«
    »Du machst Spaß!«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er verdrehte die Augen und schüttelte nun seinerseits den Kopf, als könnte er es nicht fassen. »Du hast mich ganz schön hinters Licht geführt. Ich hätte schwören mögen, dass du schon zwölf bist. Großes Mädchen.«
    Es gefiel ihr, wie er mit dem Arm einen Halbkreis formte, in den sie sich stellen konnte. Außerdem war sie stolz darauf, dass er sie für zwölf gehalten hatte. Sie war erheblich kleiner als ihre Freundinnen – wegen ihrer Herzerkrankung war sie nie so gewachsen, wie es ihrem Alter entsprach. Einige Jungen in ihrer Schule nannten sie ›Zwerg‹, wenn sie an ihnen vorbeiging. Captain Neill hatte ihr gerade das Gefühl gegeben, ganz normal und gleichzeitig etwas Besonderes zu sein. Und nun durfte sie auch noch das Sprechfunkgerät benutzen.
    »Dr. Neill.« Sie drückte auf den Knopf. »Over.«
    »Rose, bist du das? Over.«
    »Ja, ich bin’s. Vielen Dank.«
    Als sie mit dem Mikrophon in der Hand aus dem Fenster des Ruderhauses blickte, sah sie, wie er mit seinem orangefarbenen Zodiac weite Kreise fuhr.
    »Du hast Nanny an deinem Geburtstag gesehen. Wie findest du das? Sie wusste offenbar Bescheid und ist gerade rechtzeitig zurückgekommen.«
    »Denkst du, sie hat es wirklich gewusst? Over.«
    »Hundertprozentig. Ich glaube, sie hat gespürt, dass wir auf sie gewartet haben. Wale sind sehr intelligent, Rose. Vor allem Nanny. Sie hat schon viel in ihrem Leben gesehen und kennt mit Sicherheit die Menschen, die nach ihr Ausschau halten.«
    Die Menschen, die nach ihr Ausschau halten … Rose hörte seine Worte, sah ihn in seinem Zodiac, dann drehte sie sich zu ihrer Mutter in der Hauptkabine um, die sich direkt an das Ruderhaus anschloss. Die Menschen, die nach ihr Ausschau hielten …
    »Ich möchte, dass Nanny gut auf sich aufpasst«, sagte Rose mit ganz leiser Stimme, ohne den Knopf zu drücken. »Wegen meiner Mutter.«
    »Was hast du gesagt, Rose?«, fragte der Captain. »Du musst lauter sprechen, und vergiss nicht, den kleinen Knopf zu drücken. Genau. Jetzt kannst du ins Mikrophon sprechen.«
    »Noch einmal vielen Dank, Dr. Neill«, sagte Rose.
    »Frag ihn, wo die Wale jetzt sind«, sagte Captain Neill. »Er ist schließlich der Experte.«
    »Wo sind die Wale jetzt?«
    »Nur ein paar hundert Meter entfernt, in östlicher Richtung.« Dr. Neill hielt das Mikrophon in seiner gesunden Hand und deutete mit

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