Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)
Verbindung.«
»Prima, und in diesem Fall werden Jessica und ich uns darauf konzentrieren, die Kissenhüllen auszuschneiden und zu nähen.«
»Und wenn sie fertig sind, mit den Kiefernnadeln zu füllen!«, sagte Jessica. »Und sie zu verkaufen …«
»Bestimmt erlaubt uns Anne, ein paar im Souvenirladen des Gasthofs auszustellen.«
»Wir müssen sie nur an Camille vorbeischmuggeln.«
»Wer ist Camille?«, fragte Marisa.
»Oooh, Camille Neill«, klärte Cindy sie auf. »Die Matriarchin der Familie. Mutter, Großmutter und Urgroßmutter von vier Generationen Neill. Eine Mischung aus Katharina der Großen und der Bösen Westhexe aus Der Zauberer von Oz, mit einer Spur Lauren Bacall aus den Fancy Feast Spots, ihr wisst schon, diese Tiernahrungswerbung im Fernsehen. Sie ist die offizielle Besitzerin des Gasthofs und der Walbeobachtungsboote.«
»Beeindruckend«, meinte Marisa.
»Ja, und sie mag Lily nicht besonders.«
»Wie kann man Lily nicht mögen?«
»Keine Ahnung, aber das ist schon so, seit Lily hierherkam. Und es hat mit Liam zu tun.«
»Captain Hook?«, fragte Jessica.
»So nennen ihn die Kinder, aber in Wirklichkeit ist er ein Schatz. Er ist in Melbourne, bei Lily und Rose.«
»Tatsächlich? Sind die beiden …«, fragte Marisa.
»Ein Paar? Das weiß keiner so recht«, sagte Cindy. »Darüber wurde schon viel spekuliert. Normalerweise tun sie so, als könnten sie sich nicht ausstehen.«
»Aber wenn Rose ein Problem hat, ist Liam sofort zur Stelle«, fügte Marlena hinzu.
»Wir klatschen«, sagte Cindy. »Das ist als Nanouks unter unserer Würde.«
»Das ist kein Klatsch, sondern Interesse«, verbesserte Marlena sie spöttisch. »Wir lieben Lily und möchten, dass sie glücklich ist.«
»Mit Liam Neill?«, fragte Marisa.
»Genug geredet«, erwiderte Cindy nüchtern. »Machen wir uns an die Arbeit. Was soll es denn für die Kissenhüllen sein, Jessica – ungebleichter Musselin oder Gitterleinen? Das ist dein Projekt. Wir beide gehen dir nur zur Hand.«
»Ich hoffe, dass die Fancy-Feast-Frau uns erlaubt, sie im Gasthof und auf den Booten zu verkaufen«, sagte Jessica.
»Da hilft nur beten«, meinte Marlena. »Das ist das Einzige, was Camille Neills Herz erweichen könnte.«
Kapitel 16
P atrick Murphy nahm die Ausfahrt von der Interstate 95 und bog auf den Parkplatz ein, der restlos überfüllt war. Autos aus sämtlichen Bundesstaaten, Tourenbusse und Wohnwagen standen dicht gedrängt beisammen, und in Gehweite des Mystic Aquarium war keine noch so kleine Lücke zu entdecken. Schließlich stellte er seinen Wagen auf der gegenüberliegenden Seite der kleinen Einkaufsmeile ab, nachdem er einer Dame in einem Mini-Van den Parkplatz streitig gemacht hatte.
Zehn Minuten später stand er mit Hunderten von Besuchern Schlange, die auf Einlass warteten. Eingeklemmt zwischen einer fünfköpfigen Familie aus Hartford und einem Pärchen aus Philadelphia, das sich auf Hochzeitsreise befand, spitzte er die Ohren, um sich die Zeit zu vertreiben. Die Aufklärung von Straftaten war auch heute noch seine Lieblingsbeschäftigung, und er legte Wert darauf, so viel wie möglich über jeden Menschen herauszufinden, dem er begegnete, ohne sich dabei anmerken zu lassen, dass er lauschte.
Nach ein paar Minuten musste die Mutter der fünf Kinder mit ihrem jüngsten Spross zur Toilette, und der Vater nutzte die Gelegenheit, blitzschnell sein Handy herauszuholen und jemanden anzurufen, den er mit ›süße Maus‹ ansprach. Hinter ihm berichtete der junge Ehemann seiner frisch Angetrauten, dass die Aktien, ein Hochzeitsgeschenk ihres Vaters, am Vorabend gestiegen waren und man vielleicht in Betracht ziehen sollte, ein Haus zu kaufen, statt zu mieten.
Beide Begebenheiten bestätigten seine langjährige Überzeugung, dass die einzige Voraussetzung für erstklassige Polizeiarbeit eine tiefverwurzelte Neugierde bezüglich der menschlichen Natur und Verhaltensweisen war. Doch dann konnte er endlich das Aquarium betreten – die eiskalte Luft aus der Klimaanlage bot nach dem langen Stehen in der glühenden Hitze eine willkommene Abwechslung – um sich mit dem beschämenden Grund für die Mission auseinanderzusetzen, die ihn hierhergeführt hatte.
Er fragte nach dem Weg zum Büro, das für die Aufnahme der Fördermitglieder zuständig war, und befand sich auf einer heißen Spur in einem Fall, an dem das Interesse der Gesetzeshüter längst erkaltet war. All die ganze tiefverwurzelte Neugierde bezüglich der
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