Wolken über dem Meer: Roman (German Edition)
menschlichen Natur hatte ihm bei seinen Bemühungen, herauszufinden, was mit Mara Jameson geschehen war, nichts genutzt. Er hätte genauso gut den Rest seines Lebens damit verbringen können, Däumchen zu drehen und ein Ave Maria nach dem anderen für einen Fingerzeig des Himmels zu beten.
Jede Menge Kinder flitzten durch die Räume, was ihm unverständlich war. Was machten sie an einem so herrlich sonnigen Tag hier drinnen? Seine Eltern hätten ihm Baseballschläger und Ball oder eine Angelrute in die Hand gedrückt und ihm eingeschärft, an die frische Luft zu gehen und sich vor dem Abendessen ja nicht wieder blicken zu lassen. Doch als er dem Besucherstrom folgte, musste er feststellen, dass die beleuchteten Becken, die Fischschwärme und der Aal, der in sein begrüntes Riff hinein- und hinausschlüpfte, ihn wider Willen faszinierten und er sich zu entspannen begann.
Patrick verstand die Sprache der Fische. Während er sie betrachtete, dachte er, wie herrlich es wäre, jetzt in einem Boot auf dem offenen Meer zu sein, mit einer Fülle von Fischen unter dem Kiel. Sandra hatte das nie begriffen. Sie war der Meinung gewesen, Angeln beschränke sich darauf, stundenlang mit Bier und Angelrute an Deck zu hocken. Sie hatte nicht kapiert, worum es dabei wirklich ging – die Wolken am Himmel, das Wasser, das seine Farbe veränderte, die Fischschwärme, die dicht an der Oberfläche schwammen. Es war ein einziges großes Geheimnis, ein wunderbares Geheimnis – keines der Rätsel, die ihm jeden Tag aufs Neue Kopfzerbrechen bereiteten.
Wie das rätselhafte Verschwinden von Mara Jameson.
Die Bassins im Aquarium verhalfen ihm zu neuen Erkenntnissen, was unter der Oberfläche vor sich ging, und als er genug davon hatte, fädelte er sich in den Gang ein, machte sich auf den Weg zum Verwaltungstrakt. Dort fragte ihn eine Empfangssekretärin, ob sie ihm helfen könne, und er bat darum, mit jemandem zu sprechen, der für die Aufnahme von Fördermitgliedern zuständig sei. Ein paar Minuten später kam eine hübsche blonde Frau auf ihn zu.
»Hallo, ich bin Viola de la Penne, die stellvertretende Leiterin der Abteilung Fördermitgliedschaften.«
»Guten Tag, mein Name ist Patrick Murphy.« Er hielt inne. An dieser Stelle war er immer noch versucht, seine Dienstmarke vorzuzeigen, um klarzustellen, dass er in offizieller Mission unterwegs war. »Ich bin pensionierter Kriminalkommissar«, sagte er stattdessen.
»Oh, und bei der vielen Freizeit, die Sie haben, möchten Sie sicher Mitglied werden – oder ehrenamtlich für uns tätig sein!« Das Aufblitzen ihrer blauen Augen legte die Vermutung nahe, dass es sich um einen Scherz handelte. Hoffte er zumindest. Er hoffte ernsthaft, dass er viel zu rauhbeinig und abgebrüht wirkte, um Robbenführungen für Rotzgören zu veranstalten.
»Wenn ich nur Zeit für solche Dinge hätte«, seufzte er mit einem schiefen Lächeln.
»Sie meinen, Sie machen immer noch Jagd auf Verbrecher und Raser im Straßenverkehr, so in der Art?«
»Sie haben es erfasst, Ma’am.«
»Ich bin erst zweiundvierzig. Gehöre ich da schon zur Ma’am-Kategorie?«
»Für einen Polizisten im Ruhestand leider schon.«
»Ein ernüchternder Gedanke. Also, was kann ich für Sie tun, Officer Murphy a.D.?«
Er grinste angesichts ihrer Schlagfertigkeit.
»Ich bin wegen einer Fördermitgliedschaft hier. In dem Punkt hatten Sie recht. Nur geht es dabei nicht um mich. Sie war ein Geschenk für eine Freundin von mir.«
»Wie lautet ihr Name?«
»Maeve Jameson.«
»Gab es ein Problem mit der Förderkategorie? Würde sie gerne hochgestuft werden?«
»Nein, nichts dergleichen. Es ist nur so, dass die Abwicklung anonym über die Bühne ging. Der edle Spender legte Wert darauf, nicht genannt zu werden. Ich wollte fragen, ob Sie mir vielleicht einen kleinen Tipp geben können. Maeve möchte sich schrecklich gerne bedanken. So ist sie nun mal.«
»Das kann ich verstehen. Ich muss natürlich den Wünschen des Spenders Rechnung tragen, aber es schadet niemandem, wenn ich einen kurzen Blick in die Unterlagen werfe. Kommen Sie.«
Sie ging ihm voran in ihr Büro, das mit Familienfotos angefüllt war – ein Mann an Deck eines Segelbootes und eine hübsche dunkelhaarige Tochter. Sie setzte sich an den Computer und durchforstete die Dateien. Patrick war versucht, ihr über die Schulter zu spähen, um einen Blick auf den Bildschirm zu erhaschen, aber er wollte nicht riskieren, dass sie sein Treiben bemerkte.
»Da ist der
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