Wolken über der Wüste
„Vielleicht.“
„Aber Bilanzieren wird mein Hauptfach sein. Ich liebe Zahlen.“
„Nur zu. Wenn du gut bist, verschaffe ich dir einen Job.“
Sie lächelte ihn traurig an. „Nein, vielen Dank. Ich muss mir einen Job suchen, der möglichst weit von dir entfernt ist.“
„Warum denn das?“
Sie stellte die Tasse ab und führte die Serviette kurz an den Mund. „Tu nicht so, als wüsstest du das nicht, Pierce. Das steht dir nicht. Ich kann nicht den Rest meines Lebens Trübsal blasen, weil du mich nicht willst. Da ist es besser, wir leben sehr weit voneinander entfernt.“
„Du hast dich in mich verknallt, weil es dein erstes sexuelles Erlebnis war“, sagte er unverblümt. „Das war alles. Du bist noch sehr jung, du wirst darüber hinwegkommen.“
„Ganz sicher“, sagte sie und stand auf, „so wie du über Margo.“
Sie drehte sich um und ging zur Toilette.
Kaum war sie gegangen, setzte sich Tate neben Pierce. „Es gibt Schwierigkeiten. Brauer weiß, dass wir in den Staaten sind, und lässt uns verfolgen. In wenigen Stunden können sie hier sein. Smith meint, er könnte uns auf einem Krabbenfischer hier herauslotsen. Es riecht ein bisschen streng, aber wir vermeiden auf diese Art und Weise, entdeckt zu werden und sogar in einen Schusswechsel zu geraten. Es sei denn, du willst es darauf ankommen lassen.“
„Nicht, wenn Brianne hier bei uns ist“, sagte Pierce sofort.
„Das habe ich mir gedacht. Wir müssen sofort los. Smith wird uns in seinem Van zum Hafen bringen. Meine Leute fahren wie geplant weiter nach Washington.“
„Aber dann wird man sie angreifen.“
„Damit werden sie schon fertig.“ Tate sah sich kurz um. „Zwei gehören zur Bundespolizei.“ Er stand auf. „Das musst du allerdings für dich behalten. Falls Brauers Leute angreifen, landen sie sofort im Gefängnis.“
„Du bist genial.“
„Das hat der Sergant, der mich bei den Green Berets gedrillt hat, auch immer gesagt.“ Tate grinste.
Pierce wischte sich den Mund ab und ließ die Serviette auf den Tisch fallen. „Das Essen hier ist wirklich Spitze.“
„Hab ich dir ja gleich gesagt. Smith hat seine guten Momente.“
„Aber bringen wir nicht seine Familie in Gefahr?“
Tate sah sich wieder um und beugte sich zu Pierce herunter. „Die ‚Familie‘ ist nur ein Deckmantel. Er ist hier mit keinem verwandt.“
„Das weiß Brauer doch nicht.“
„Egal. Wenn er jemanden herschickt, dann möchte ich nicht in dessen Haut stecken. Mehr will ich dazu nicht sagen. Los, wir müssen gehen.“
Pierce sah sich noch einmal in dem Raum um. Die Kellner waren groß und kräftig gebaut. Die Frau Maggie hatte kurzes schwarzes Haar, blaue Augen und gut ausgebildete Muskeln unter dem dünnen T-Shirt. Für eine Frau war sie auch ziemlich groß. Sie hatte etwas Militärisches an sich. Irgendwas war mysteriös an dem Ganzen hier. Tate gab ihm ständig neue Rätsel auf.
Doch Pierce hatte jetzt keine Zeit, darüber länger nachzudenken. Er folgte Tate zur Tür, wo auch Brianne gerade aufgetaucht war. Mike ließ sie schnell in seinen Van einsteigen, um sie zum Hafen zu fahren. Die Männer in den Anzügen setzten sich schweigend in ihre Wagen und folgten dem Fahrzeug zur Schnellstraße. Als Mike Richtung Bucht abbog, fuhren die anderen weiter nach Norden.
„Ich will ja nicht meckern, aber allmählich habe ich die Nase voll von Schiffen!“ schimpfte Brianne leise vor sich hin, als sie in dem stinkenden Frachtraum des Krabbenkutters saßen. Sie wagte kaum zu atmen.
„Ich muss gestehen, es geht mir genauso“, bemerkte Mufti, der bisher kaum etwas gesagt hatte. Er seufzte leise. „Mein armes Volk.“
„Monsieur Sabon wird es schützen.“ Brianne versuchte ihn zu trösten.
„Aber wir sind seine Feinde!“ Seine Stimme klang verzweifelt. „Er wird Rache nehmen wollen, weil ich mich in sein Haus geschlichen und sein Vertrauen missbraucht habe.“
„Er hat doch gesagt, dass er sich nicht rächen wird.“
Mufti hob die Schultern und ließ sie langsam wieder fallen. „Alles ist noch so unklar. Wenn die Amerikaner mit ihren Bombern kommen, werden viele sterben. Selbst wenn man meinem Volk nicht die Schuld an dem Aufstand zuschiebt, wird es leiden.“
Brianne legte ihm tröstend die Hand auf den Arm. „Mufti, alles kommt, wie es kommen soll. Das hört sich nicht logisch an, aber es ist so. Was man nicht ändern kann, muss man akzeptieren.“
Er sah sie traurig an. „Das ist nicht leicht.“
„Nein, für keinen von uns.
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