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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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eine Anzahl Töchter des Speers auf den Fersen neben den hohen Türen mit den vergoldeten aufgehenden Sonnen. Ihre Shoufas hingen um ihre Schultern und die Speere lagen über ihren Knien, und doch wirkten sie nicht nachlässig. Sie waren Leoparden, die auf Beute lauerten. Normalerweise bereiteten Töchter des Speers Min Unbehagen, auch wenn sie recht freundlich waren. Heute hätte es sie nicht einmal gekümmert wenn sie verschleiert gewesen waren.
    »Er ist schlecht gelaunt«, warnte Riallin sie, machte aber keinerlei Anstalten, Min aufzuhalten. Min war eine der wenigen, denen es erlaubt war, Rand ohne Ankündigung aufzusuchen. Sie richtete ihre Jacke und versuchte, sich zu beruhigen. Sie konnte nicht genau sagen, warum sie gekommen war. Nur daß Rand ihr Sicherheit gab. Verdammt sei er! Sie hatte niemals zuvor jemanden gebraucht, um sich sicher zu fühlen.
    Unmittelbar hinter der Tür blieb sie entsetzt stehen und schob sie dann mechanisch hinter sich zu. Der Raum war ein Schlachtfeld. Ein paar glänzende Scherben hingen noch in einigen Spiegelrahmen, aber das meiste Glas lag zerschmettert über den Boden verstreut. Das Podest war umgestürzt, der Thron, der darauf gestanden hatte, war gegen eine Wand geschleudert worden und bestand nur noch aus vergoldeten Bruchsrücken. Einer der Kandelaber, die unter dem Gold aus schwerem Eisen bestanden, war ringförmig verbogen. Rand saß in Hemdsärmeln in einem der kleineren Sessel, die Arme herabbaumelnd, den Kopf zurückgelehnt, und starrte zur Decke. Starrte ins Leere. Bilder tanzten um ihn herum, und farbige Auren zuckten und flammten auf. Er war darin wie Aes Sedai. Min brauchte keine Feuerwerker, wenn Rand oder eine Aes Sedai in der Nähe waren. Er bewegte sich nicht, als sie weiter in den Raum hineinging. Er schien sie überhaupt nicht zu bemerken. Spiegelglasscherben knirschten unter ihren Stiefeln. Er schien wirklich schlecht gelaunt.
    Sie empfand dennoch keine Angst. Nicht vor ihm. Sie konnte sich nicht einmal annähernd vorstellen, daß Rand ihr schaden könnte. Sie empfand genug für ihn, daß sie die Erinnerung an Colavaeres Räume fast aus ihrer Erinnerung löschen konnte. Sie hatte sich schonlange damit abgefunden, hoffnungslos verliebt zu sein. Nichts sonst zählte, nicht, daß er ein einfacher Bauernjunge oder daß er jünger als sie war und auch nicht, wer oder was er war oder daß er zum Wahnsinn verdammt war und sterben würde, wenn er nicht vorher getötet wurde. Es macht mir nicht einmal etwas aus, ihn teilen zu müssen, dachte sie und erkannte, wie sehr sie gefangen war, wenn sie sich selbst belügen konnte. Sie mußte sich zwingen, das zu akzeptieren. Elayne hatte Anteil an ihm, einen Anspruch auf ihn, und ebenso diese Aviendha, die sie noch kennenlernen würde. Man muß mit dem leben, was man nicht verbessern kann, hatte ihre Tante Jan stets gesagt. Besonders wenn man weich geworden ist. Licht, sie war immer stolz darauf gewesen, ihren Verstand beisammen zu haben.
    Sie blieb neben einem der Sessel stehen, in dessen hölzerne Rückenlehne das Drachenszepter so tief eingedrungen war, daß seine Spitze auf der anderen Seite fast eine Handbreit herausragte. Sie liebte einen Mann, der nichts davon wußte und der sie fortschicken würde, falls er es jemals merken sollte. Ein Mann, bei dem sie sicher war, daß er sie auch liebte. Und ebenso Elayne und diese Aviendha. Aber das war nur ein flüchtiger Gedanke. Was man nicht verbessern konnte... Er liebte sie und weigerte sich, es einzugestehen. Glaubte er, daß er die Frau, die er liebte, auch töten müßte, nur weil der wahnsinnige Lews Therin Telamon das getan hatte?
    »Ich bin froh, daß du gekommen bist«, sagte er unvermittelt, während er noch immer zur Decke starrte. »Ich habe hier allein gesessen. Allein.« Er lachte verbittert auf. »Herid Fei ist tot.«
    »Nein«, flüsterte sie, »nicht dieser reizende kleine alte Mann.« Ihre Augen brannten.
    »Er wurde zerfetzt.« Rands Stimme klang so müde. So leer. »Idrien fiel in Ohnmacht, als sie ihn fand. Sie lag die halbe Nacht wie erstarrt da und war noch leicht verwirrt, als sie schließlich aufwachte. Eine der anderen Frauen in der Schule gab ihr ein Schlafmittel. Sie war deshalb verlegen. Als sie zu mir kam, fing sie erneut an zu weinen, und... Es muß Schattengezücht gewesen sein. Was sonst könnte einen Menschen in alle einzelnen Gliedmaße zerreißen?« Ohne den Kopf zu heben, schlug er so fest mit der Faust auf die Sessellehne, daß das Holz

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