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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hinauf zierten schreckliche Früchte die ausladenden Zweige einer Eiche - Männer, die gehängt worden waren. Es saßen so viele Krähen in dem Baum, daß er fast schwarz belaubt wirkte. Diese Vögel nährten sich von mehr als nur von Fisch. Selbst auf die Entfernung war der Anblick für Egwenes Magen belastend.
    »Wolltet Ihr mir das zeigen? Die Händler oder die Banditen?« Sie konnte an den Gehängten keine Kleidung erkennen, und wenn Straßenräuber Menschen hängten, gehörten dazu auch Frauen und Kinder. Jedermann hätte die Leichen hierherbringen können, Brynes Soldaten, die Bande - daß die Bande alle sogenannten Drachenverschworenen aufknüpfte, die sie erwischte, machte für die Schwestern kaum einen Unterschied - oder sogar ein ortsansässiger Lord oder eine Lady. Hätten die murandianischen Adligen zusammengewirkt, würden inzwischen vielleicht alle Straßenräuber an Bäumen hängen, aber das war, als würde man Katzen zum Tanz auffordern. Warte. Er hatte Caemlyn gesagt. »Hat es etwas mit Rand zu tun? Oder mit den Asha'man?«
    Dieses Mal schaute er ganz offen von ihr zu Myrelle und dann wieder zu ihr. Myrelles Hut beschattete ihr Gesicht. Sie schien in Düsternis versunken, war in ihrem Sattel zusammengesackt und ähnelte nicht im geringsten der zuversichtlichen Reiterin von vorher. Anscheinend gelangte er zu einer Entscheidung. »Ich dachte, Ihr solltet es vor allen anderen erfahren, aber vielleicht habe ich mißverstanden... «Er sah Myrelle erneut an.
    »Was erfahren, Ihr Lumpfisch mit den behaarten Ohren?« grollte Siuan und trieb ihre dicke Stute mit den Fersen näher an ihn heran.
    Egwene wollte sie beschwichtigen. »Myrelle kann alles hören, was Ihr mir zu sagen habt, Lord Bryne. Ich vertraue ihr vollkommen.« Die Grüne Schwester wandte ruckartig den Kopf. Ihrem betroffenen Blick nach zu urteilen, hätte jedermann bezweifelt, daß sie Egwene richtig verstanden hatten, aber Bryne nickte kurz darauf.
    »Ich sehe, daß sich die Dinge ... geändert haben. Ja, Mutter.« Er nahm seinen Helm ab und setzte ihn auf den Knauf seines Sattels. Er schien noch immer zu zögern und wählte seine Worte sorgfältig. »Händler tragen Gerüchte heran wie Hunde Flöhe. Ich will natürlich nicht behaupten, daß irgend etwas davon stimmt, aber...« Es war merkwürdig, ihn so zögerlich zu erleben. »Mutter, eine Geschichte, die sie unterwegs aufgeschnappt haben, besagt, daß Rand al'Thor zur Weißen Burg gegangen sei und Elaida die Treue geschworen habe.«
    Myrelle und Siuan waren sich einen Moment sehr ähnlich, als alle Farbe aus ihren Gesichtern wich, während sie sich die Katastrophe vorstellten. Myrelle schwankte wahrhaftig im Sattel. Egwene starrte Bryne einen Moment nur an. Dann erschreckte sie sich und die anderen, indem sie in Lachen ausbrach. Dashar tänzelte überrascht, und ihn auf dem felsigen Hang beruhigen zu müssen, beruhigte auch ihre Nerven. »Lord Bryne«, sagte sie und tätschelte dem Wallach den Hals, »dem ist nicht so, glaubt mir. Ich weiß es zuverlässig, seit letzter Nacht.«
    Siuan stieß sofort einen tiefen Seufzer aus, und Myrelle tat es ihr nur einen Herzschlag später gleich. Egwene hatte das Gefühl, erneut lachen zu müssen -über ihren Gesichtsausdruck. Sie waren so unglaublich erleichtert wie Kinder, denen man gesagt hatte, daß der Schattenmann nicht unter dem Bett war.
    »Das ist erfreulich zu hören«, sagte Bryne tonlos, »aber selbst wenn ich jeden Mann dort unten fortschicke, wird die Geschichte meinen Leuten dennoch zu Ohren kommen. Sie wird sich wie ein Lauffeuer im Heer verbreiten.« Das nahm ihr jede Heiterkeit, denn das allein konnte schon eine Katastrophe sein.
    »Ich werde die Schwestern anweisen, Euren Soldaten morgen die Wahrheit zu verkünden. Werden sechs energische Aes Sedai genügen? Myrelle und Sheriam, Carlinya und Beonin, Anaiya und Morvrin.« Die Schwestern würden den Weisen Frauen nicht gern begegnen, aber sie würden es ihr auch nicht verweigern können. Sie würden es gar nicht wollen, um die Verbreitung dieser Geschichte zu verhindern. Sie sollten es zumindest nicht wollen. Myrelle zuckte kaum wahrnehmbar zusammen und verzog dann den Mund.
    Bryne stützte sich mit einem Ellenbogen auf seinen Helm und betrachtete Egwene und Myrelle. Siuan sah er nicht einmal flüchtig an. Sein Kastanienbrauner stampfte mit dem Huf auf den Fels, und eine Schar Möwen ähnlicher Vogel erhoben sich mit ausgebreiteten Flügeln aus nur wenige Schritt entfernten Büschen

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