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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Ärmel zupfte. Sie entschied, wen sie wann wahrnahm. Annoura schwieg ebenfalls, beide im Sog der anderen die Palastgänge entlang und Treppen hinab eilend, die zuerst aus Marmor und dann aus einfachem schwarzen Gestein bestanden. Merana wechselte Blicke mit ihrer Grauen Schwester und verspürte einen Moment plötzlicher Angst. Sie kannte die Frau nicht, nicht wirklich, aber Annoura hatte das unbeugsame Aussehen eines Mädchens auf dem Weg zur Herrin der Novizinnen, das entschlossen war, tapfer zu sein. Sie waren keine Novizinnen. Sie waren keine Kinder. Merana öffnete den Mund - und schloß ihn wieder, von dem grauen Haarknoten mit seinen herabhängenden Monden und Sternen und Vögeln und Fischen eingeschüchtert. Cadsuane war ... Cadsuane.
    Merana war ihr schon vorher einmal begegnet, oder hatte ihr zumindest als Novizin zugehört und war von ihr belehrt worden. Schwestern aller Ajahs waren gekommen, um die Frau zu sehen, von einer unleugbaren Ehrfurcht erfüllt. Cadsuane Melaidhrin war einst der Maßstab gewesen, nach dem jeder neue Eintrag in das Buch der Novizinnen gemessen wurde. Bis Elayne Trakand kam, war in ihrem ganzen Leben niemand zur Weißen Burg gekommen, der diesem Maßstab standgehalten oder ihn gar übertroffen hätte. In mehr als einer Beziehung war seit tausend Jahren niemand Vergleichbares mehr unter den Aes Sedai einhergegangen. Es war keine Weigerung, die Wahl zur Sitzenden anzunehmen, gehört worden, und doch wurde behauptet, sie hätte sich geweigert, und das mindestens zweimal. Gerüchte kursierten, sie sei einmal zehn Jahre lang aus der Burg verschwunden, weil der Saal sie zur Amyrlin machen wollte. Nicht, daß sie jemals einen Tag länger in Tar Valon verbracht hätte, als unbedingt nötig war. Man hörte in der Burg von Cadsuane, Geschichten, die die Schwestern mit Staunen erfüllten, Abenteuer, die diejenigen, die von der Stola träumten, erschauern ließen. Sie würde als Legende unter den Aes Sedai enden. Wenn sie es nicht bereits war.
    Merana trug die Stola bereits über fünfundzwanzig Jahre, als Cadsuane ihren Rückzug aus der Welt verkündete, das Haar bereits recht grau, und jedermann hielt sie schon lange für tot, als weitere fünfundzwanzig Jahre später der Aiel-Krieg ausbrach. Aber bevor die Kämpfe drei Monate fortgedauert hatten, tauchte sie wieder auf, begleitet von zwei Behütern, alte Männer, die aber noch immer eisenhart waren. Es hieß, Cadsuane hätte im Laufe der Zeit mehr Behüter gehabt als die meisten anderen Schwestern Schuhe. Nachdem die Aiel aus Tar Valon abgezogen waren, zog auch sie sich erneut zurück, aber einige behaupteten nachdrücklich, daß Cadsuane niemals sterben würde, solange auch nur ein Funke Abenteuer in der Welt bestehen blieb.
    Solchen Unsinn plappern Novizinnen, ermahnte sich Merana energisch. Selbst wir sterben schließlich. Und doch war Cadsuane noch immer Cadsuane. Und wenn sie nicht eine jener Schwestern war, die nach al'Thors Ergreifung in der Stadt aufgetaucht waren, würde die Sonne heute abend nicht untergehen. Merana hob ihre Hände, um die Stola zu richten, und erkannte, daß diese in ihrem Zimmer an einem Haken hing. Lächerlich. Sie brauchte keine Erinnerungen daran, wer sie war. Wenn es nur jemand anderer als Cadsuane gewesen wäre...
    Zwei Weise Frauen standen am Eingang eines Korridors und beobachteten ihr Vorübergehen, kalte helle Augen in steinernen Gesichtern unter dunklen Kopftüchern. Edarra und Leyn. Beide konnten die Macht recht stark lenken. Sie hätten hohe Positionen erreichen können, wenn sie als Mädchen zur Burg gekommen wären. Cadsuane ging vorbei, scheinbar ohne die Mißbilligung der Wilden zu bemerken. Annoura bemerkte sie jedoch sehr wohl, runzelte die Stirn und murrte, und die dünnen Zöpfe schwangen, als sie den Kopf schüttelte. Merana hielt den Blick auf die Bodenfliesen gerichtet.
    Es würde jetzt zweifellos ihr zufallen, Cadsuane den ... Kompromiß zu erklären, der gestern abend mit den Weisen Frauen ausgehandelt worden war, bevor sie und die anderen zum Palast gebracht wurden. Annoura wußte nichts davon - sie hatte nicht daran teilgehabt -, und Merana besaß nur wenig Hoffnung, daß Rafela oder Verin oder sonst jemand auftauchen würde, dem sie diese Aufgabe irgendwie zuschieben könnte. Es war in gewisser Weise ein Kompromiß, und vielleicht der beste, der unter diesen Umständen zu erreichen war, aber sie bezweifelte sehr, daß Cadsuane es genauso sehen würde. Sie wünschte, sie brauchte nicht

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