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Wolkengaukler

Wolkengaukler

Titel: Wolkengaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anett Leunig
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Tag die Arbeitslosenstatistiken an und sagt dann: ‚Hoffentlich bleiben wir davon verschont. Aber, mein Junge, wenn du alles richtig machst, dann brauchst du dir darüber jedenfalls keine Gedanken mehr zu machen.’ Es ist manchmal richtig furchtbar.“
    Ich stützte den Kopf in die Hände. Tante Melanie streichelte mir mitfühlend über das Haar. „Armer Kleiner, das wusste ich ja gar nicht. Es wird Zeit, dass ich mal wieder mit Moni spreche. Was macht die nur? Sieht sie nicht, dass es ihrem Jungen schlecht geht? Verdammt, dieser Frank! Er war viel zu dominant für sie. Hach, wenn ich das nur gewusst hätte...!“
    „Mama!“, unterbrach Christoph sie und legte ihr sacht die Hand auf den Arm. „Mama, ich glaube, es ist besser, wenn du in dieser Sache nichts tust. Nicht mit Tante Monica sprichst und auch nicht über Onkel Frank schimpfst. Jann hat sich uns anvertraut, und ich denke, wir sollten dieses Vertrauen würdigen, indem wir ihn moralisch unterstützen. Kämpfen muss er diesen Kampf allerdings allein. Sonst schafft er es nicht.“
    Sie sah ihren Sohn an, sah in diese bezwingenden eisgrauen Augen und nickte. „Du hast Recht. Manchmal bin ich ein bisschen zu impulsiv. Hör mal, Jann, weiß deine Mutter denn wenigstens, dass dein Vater dich so unter Druck setzt?“
    Ich schüttelte den Kopf: „Ich habe nie mit ihr darüber gesprochen. Ehrlich gesagt hat sie mich auch nie direkt danach gefragt, wie ich mir meine Zukunft vorstelle. Sie ist immer so beschäftigt, hat den Kopf mit anderen Sachen voll. Für sie ist immer noch viel Zeit bis dahin, während mein Vater mich schon als seinen Juniorpartner sieht.
    Ich weiß einfach nicht, was richtig ist, was wahr ist, und wo ich bei dieser ganzen Sache stehe! Ich habe einfach nur Angst vor der Zukunft, wenn die Schule aus ist. Ich habe Angst, den falschen Weg zu gehen und dann nicht mehr zurückzukönnen. Versteht ihr das?“
    Panik klang in meiner Stimme, meine Augen flogen wie gehetzt von einem zum anderen. Ich schämte mich, weil ich mich ihnen so geöffnet hatte, und gleichzeitig war ich unglaublich erleichtert, endlich einmal mit jemandem über meine Ängste reden zu können.
    Christoph stand auf und kam zu mir herüber. Er schlang mir von hinten die Arme um die Schultern, legte seinen Kopf auf meinen. In dieser rückwärtigen Umarmung drückte er mich sanft an sich und flüsterte: „Schschsch... ich bin da, ich halte dich fest.“
    Sein Haar fiel wie ein Vorhang über mein Gesicht. Ich schloss die Augen und atmete ihren Duft ein. Langsam beruhigte ich mich wieder. Dabei wurde mir bewusst, wie intim diese Geste eigentlich war, aber das machte mir jetzt vor Tante Melanie nichts mehr aus.
    Schließlich löste Christoph den Griff wieder, zog seine Haare zurück und gab mich frei. Ich atmete tief durch und trank erst einmal einen Schluck Wein.
    „Geht’s wieder?“, fragte Tante Melanie. Sie sah ebenfalls ein bisschen mitgenommen aus, verunsichert und hilflos ob meines Ausbruchs. Das hatten sie wohl beide nicht erwartet.
    Mit einem frischen Schluck Wein im Glas ließ es sich besser reden, und nachdem Christoph uns allen nachgeschenkt hatte, meinte er nachdenklich: „Ich denke, du bist schon mal einen großen Schritt weiter, indem du dir klar gemacht hast, was du eigentlich willst. Jetzt brauchst du Mut, es auch durchzusetzen. Mut gewinnt man durch Sicherheit, fachliche Sicherheit. Ich meine, du brauchst schlagkräftige Argumente, die deinen Vater von deinem Berufswunsch überzeugen. Hast du welche?“
    „Nur meine Begeisterung für die Sache und den Glauben, dass ich das schaffen könnte“, antwortete ich zögernd.
    „Weißt du schon, welche Studienmöglichkeiten es gibt, und wo du studieren könntest?“, fragte Tante Melanie. Ich hatte das vage Gefühl, dass sie eine ähnliche Diskussion schon einmal vor einigen Jahren mit ihrem eigenen Sohn geführt hatte.
    „Nein, noch nicht“, gab ich entmutigt zurück.
    Christoph schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Gläser klirrten: „Ich denke, da solltest du anfangen. Sprich mit deinem Deutschlehrer. Geh’ ins Internet und fordere Infomaterial von den Universitäten an. Vielleicht kannst du ja auch einmal zu einer Uni hinfahren. Jedenfalls solltest du deinem Vater klare Pläne vorlegen, die ihm zeigen, dass du dir Gedanken gemacht hast, und dass es dir mit dieser Sache wirklich ernst ist.“ Seine Augen funkelten unternehmungslustig.
    Tante Melanie nickte: „Ja, ich denke, das ist gut. Frank ist

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