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Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
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engen abgetragenen Top.
    In einer Ehe war mit der Zeit vieles vorhersehbar, es gab bestimmte Signale und Abläufe, und Kate fand, dass Frauenzeitschriften das zu Unrecht kritisierten. Eindeutige Gesten ersetzten explizite Fragen und Antworten, und niemand verletzte die Gefühle des anderen mit zweideutigen Botschaften. Eine Hand auf der Schulter bedeutete etwas anderes als eine Hand unten auf dem Rücken; ein flüchtiger Kuss auf die Wange hieß gute Nacht, und nur einen Bruchteil länger verhieß etwas anderes. Selbst ein altes Top hatte eine Bedeutung.
    Als sie im Bett auseinanderrollten und Chris sich einen Moment später wieder zu ihr umdrehte, sie langsam küsste und dann innehielt, wusste Kate also, was es bedeutete: Zwischen uns ist alles in Ordnung, oder? Er hatte ihre Gedanken beim Abendessen etwas zu locker abgetan, und das wusste er. Es hatte die Intimität zwischen ihnen nicht verhindert, doch hieß das nicht unbedingt, dass alles bereits vergessen war. Sie konnte den Kuss erwidern, ihn in die Länge ziehen so wie er und ihm dadurch versichern, dass sie nicht gekränkt und alles beim Alten war. Auch wenn es nicht so war. Doch das stand gerade nicht zur Debatte. Genauso wenig wie das Verlangen, das früher einfach da gewesen war, ihre Bedürfnisse und das, was die Berührungen auslöste, sich verändert hatten.
    Als sie den Kuss erwiderte, küsste sie Chris ein wenig länger als sonst. Alles in Ordnung .
    Dabei schmeckte sie etwas unter der Zahnpasta, das sie vorher nicht bemerkt hatte, einen Geschmack, der nicht vom Pinot noir, dem Käsekuchen oder den Muscheln kam. Bitter und beißend, versteckt unter Zahncreme und Mundspülung, lag der Geschmack von Tabak.
    Nein, dachte sie. Oh nein. Du hast so hart darum gekämpft.
    Sie stellte sich Chris am Strand vor. Wie er über die Schulter sah, um sicherzugehen, dass sich das Haus außer Sichtweite befand, bevor er den Kopf beugte und mit einem Streichholz in der hohlen Hand die Zigarette anzündete. Wie er tief inhalierte und die Augen genüsslich zusammenkniff, ein Genuss, den die Heimlichkeit noch versüßte.

Acht
    Die Monate, in denen Chris versucht hatte, das Rauchen aufzugeben, zählten nicht zu den besten ihrer Beziehung. Kurz nach ihrer Verlobung hatte Kate ihn dazu gedrängt aufzuhören. Er kannte die alarmierenden Statistiken, gab jedoch vor, ihnen keinen Glauben zu schenken, und beschuldigte übereifrige medizinische Institutionen, Gesundheitsfanatiker und die Medien.
    Dann hatte er eines Tages verkündet, er hätte aufgehört. Er weigerte sich, darüber zu reden, wie er es geschafft hatte. Er hätte es einfach still hinter sich bringen wollen. Nur stellte sich heraus, dass es nicht stimmte. In den Monaten zwischen seinem Gelöbnis und Kates Entdeckung, dass er es nicht eingehalten hatte, fand sie immer mal wieder Zigarettenstummel in seiner Wohnung oder Streichhölzer in seinem Auto. Die seien noch von damals, hatte er abgewinkt, oder von jemand anderem. Einmal hatte er ihr ganz aufrichtig und ruhig in die Augen gesehen und behauptet, dass das, was sie an ihm roch, kein Zigarettenrauch war. Es war, als würde er behaupten, die Erde sei eine Scheibe. Sie versuchte, diese Widersprüche miteinander zu vereinbaren, die beide der Wahrheit entsprachen: So roch Tabakrauch. Und Chris log nicht.
    Er war so nüchtern bei dieser und anderen Lügen, dass Kate mehr als nur verletzt von seiner Unehrlichkeit war, als sie die Wahrheit erfuhr. Sie schämte sich ihrer Naivität, und dieses ihr fremde Gefühl, zum Narren gehalten worden zu sein, brachte etwas in ihrem Selbstverständnis zum Kippen.
    Sie waren darüber hinweggekommen, denn letztendlich ging es nur ums Rauchen. Zwei Gewissheiten begleiteten Kate jedoch von nun an: die Erkenntnis, wie gut Chris etwas verbergen konnte, und die Bestätigung, dass sie etwas so Offensichtliches übersehen konnte.

    Lange nachdem Chris sich umgedreht hatte und sein Atem tief und gleichmäßig geworden war, lag Kate noch wach. Als sie begriff, dass sie nicht einschlafen würde, kletterte sie mit dem Tagebuch, das sie aufgeschlagen auf ihrem Bett gefunden hatte, die Treppe in die Dachkammer hinauf. Bevor sie es zurück in die Truhe legte, hielt sie es einen Moment lang in den Händen; das Buch war schon mehrere Jahre weiter als das, in dem sie gerade las. Sie blätterte ein paar Seiten um, entdeckte den Begriff »meine Strafe« und begann zu lesen.
    Doch in dem Augenblick spürte sie etwas auf ihrer Schulter oder vielmehr in

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