Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
Vom Netzwerk:
zufrieden ist. Er sieht aus, als könnte er einen tausend Meilen tragen, wenn er es müsste.

Vierzehn
    Kate fuhr an den Zaun des kleinen Hofes im Nordwesten der Insel. Ein paar Holstein-Rinder hoben die Köpfe. Piper und James konnten es gar nicht erwarten, schnell auf den Hof zu laufen, sie schnallten sich ab und sprangen aus dem Auto.
    »Heyyy … Habt ihr nicht was vergessen? Ein Tschüs, zum Beispiel?«, rief Kate ihnen hinterher.
    Ertappt liefen sie zurück zum Wagen und steckten die Köpfe durchs Fenster. Kate drückte ihnen einen Kuss auf die Wange. »Viel Spaß. Wir sehen uns um eins.«
    Endlich befreit, stürmten sie zu den anderen Kindern aus dem Lager.
    Kate saß im Auto und sah ihren Kindern dabei zu, wie sie sich mühelos unter die anderen mischten. Sie konnte sich kaum an die Zeit erinnern, in der die beiden sich an sie geklammert hatten, Kleinkinder mit »Trennungsangst«, wie es in den Ratgebern genannt wurde. Irgendwie konnte sie sich an die ersten Monate am besten erinnern, an die erschöpfenden Nächte, die nahtlos in den Tag übergingen, unvorstellbar, dass es jemals wieder anders sein könnte.
    Und da waren sie nun, im Sommerlager mit Gleichaltrigen. Lebhaft, selbstsicher, unabhängig.
1. Januar 1993
Ich glaube, ich habe noch nie mit einem bedeutsamen Kuss um Mitternacht ins neue Jahr gefeiert. Es ist gar nicht so klischeehaft, wie ich vermutet hatte, wie Rosen am Valentinstag oder ein Kuss unterm Mistelzweig. Eher so, als läge darin ein Versprechen für das neue Jahr.
Als Dave sich gestern Abend auf der Party zu mir umgedreht hat, um anzustoßen, hat er kein Wort gesagt und mich nur so geheimnisvoll angelächelt. Mit diesem Lächeln, das bedeutet, dass er rundum glücklich ist, denn eigentlich ist er immer ein bisschen traurig. Er hat einen Arm um mich gelegt und mich dicht an sich gezogen. Er küsst ganz langsam, als würde er noch um Erlaubnis fragen. Wenn wir morgens aufwachen, grinst er, als wäre er dankbar und würde nie davon ausgehen, dass etwas selbstverständlich ist.
27. Februar 1993
Waren bei den Nissan Open. Er ist nicht in die Endrunde gekommen. Nach der ersten und zweiten Runde lag er vier oder fünf Schläge zurück. Hier ein Ball im Wasser, da ein Putt, der danebengeht, da kommt eines zum anderen. Es ist nervenaufreibend, zuzusehen. Er schafft es selten auch nur in die Nähe der oberen Ranglistenhälfte. Er steckt noch die Provinz ab, sagt er mit nur einem winzigen Hauch von Enttäuschung. Aber ich habe ihn nie auch nur die kleinste Bemerkung darüber verlauten hören, dass er lieber etwas anderes machen wollte, also beruflich, oder darüber, wie viele Niederlagen er bereit ist zu ertragen, bevor er aufgibt. Ich glaube, dass er sich wirklich glücklich schätzt, das machen zu können, was er am liebsten tut, und damit auch die Miete zahlen zu können. Mehr oder weniger.
15. März 1993
Bertha ist tot. So traurig. Ihr haben einfach die Beine versagt, dem armen Mädchen. Laut Dave konnte sie schon seit Tagen nicht mehr allein vor die Tür gehen, da haben wir sie zum Tierarzt gebracht. Der sagte uns, dass sie ein langes Leben hatte für einen Hund, und dazu noch einen Neufundländer, doch dass es jetzt genug sei und wir sie gehen lassen müssten. Wir konnten entscheiden, es entweder jetzt sofort machen zu lassen oder sie noch für eine Nacht mit nach Hause zu nehmen. Dave sagte nein, wir sollten es nicht länger hinauszögern.
Er stand wippend auf der Schwelle an der Tür zur Praxis und sah zu Boden. Ich wollte ihm einen Moment Ruhe geben und bin zur armen Bertha hinübergegangen. Sie lag schon leicht ruhiggestellt auf dem Tisch, und ich habe ihr die Hand auf den gewaltigen Kopf gelegt. Ihre fleischig roten Augenlider waren noch geschwollener und tränten mehr als sonst, wahrscheinlich so überanstrengt von dem Versuch, wach zu bleiben. Ihre Atmung beschleunigte sich ein wenig, und sie rollte mit den Augen, starrte zur Tür und sah dann zu mir hoch. Als ich mich zur Tür umdrehte, war Dave verschwunden.
Ich dachte mir, dass er wahrscheinlich zur Toilette gegangen war oder vielleicht zu seinem Auto. Vielleicht brauchte er einen Augenblick für sich allein. Ich streichelte Bertha über den Kopf und fuhr mit dem Daumen über ihre lange, breite Schnauze. Nach fünfzehn Minuten war Dave immer noch nicht wieder da.
Der Tierarzt kam rein und fragte, ob wir weitermachen sollten. Als ich vorschlug, noch auf Dave zu warten, erklärte er mir, dass Dave bereits seine Kreditkarte und

Weitere Kostenlose Bücher