Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolkentaenzerin

Wolkentaenzerin

Titel: Wolkentaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichole Bernier
Vom Netzwerk:
ich das Sofa an die Wand geschoben, eine Abdeckplane auf dem Boden ausgebreitet und die Staffelei aufgestellt. Ich bin seit Jahren nicht mehr so in etwas aufgegangen, habe vollkommen die Zeit vergessen. Erst habe ich an Formen und Farben gedacht, an rohe Energie, aber es wurde etwas viel Verhalteneres daraus. Ein simpler Kontrast der beiden Szenen am Gramercy Park, die Frau, wie sie ihrer Tochter die Haare kämmt, und die Party im Arts Club.
Als ich schließlich ins Bett fiel, träumte ich von Florenz und der Pension bei Signora P, aber meine Freunde von der NYU waren in der Küche. Haviland bildschön und stolz mit ihrer Zigarette, und als sie mich anlachte, kringelte sich der Rauch unter ihrer Nase.
Freitag, 24. Juni 1994
Ich habe ihm auf den AB gesprochen. Ihm von dem Baby erzählt, es von dem kleinen Band aufnehmen lassen, jetzt gibt’s kein Zurück mehr. Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich ihm nur die Informationen gegeben habe – dass ich das mit ihm oder ohne ihn durchziehen will – und dass ich auch nichts über die Diagnose gesagt habe, nur um zu sehen, was er tut. Aber ich bin nicht mutig genug, ihn so auf die Probe zu stellen und dann mit den Folgen zu leben.
Ich habe also gesagt, dass die Dysplasie keine große Sache ist. Ich wusste, dass ihn das aus seiner Lähmung befreien und es ihm leichter machen würde. Er ist kein starker Mann, aber jede Faser seiner selbst muss daran glauben, dass er ein guter Mann ist. Mir war also bewusst, dass er sich so wieder fangen würde, obwohl ich jetzt nie erfahren werde, ob er auch von alleine zurückgekommen wäre. Aber diesen Luxus kann ich mir nicht leisten. Ich will das nicht allein durchziehen.
Die Zukunft ist wie ein Superhighway durch eine weite leere Wüste. Ehe, Kinder, Hypothek, Vorort, kleine Hände, die in meinen Farben fuhrwerken. Ich werde mich nicht der Sentimentalität hingeben, an all die anderen Optionen zu denken, andere Partner, andere Lebensstile, dieses ganze Zeug von wegen »der nicht gegangene Weg«. Das habe ich schon hinter mir, und deswegen bin ich hier. Ich bin hier, und er ist, wo ich bin. Es wird alles gut. Doch der Preis, den ich dafür zahlen muss, es nicht allein durchziehen zu müssen, ist, nie Gewissheit zu haben, dass ich mich auf ihn verlassen kann.

Sechzehn
    Kate stand am Küchentresen und durchwühlte ungläubig ihre Strandtasche – Wasserflasche, Schlüsselbund, Sonnencreme, Buch. Kein Portemonnaie! Sie leerte die Tasche aus, und eine Kaskade von Stiften, Kassenzetteln und Müsliriegeln ergoss sich über den Küchentisch. Ein paar Münzen klapperten auf den Tisch, aber kein Truhenschlüssel. Das überraschte sie nicht. Den hatte sie jeden Abend im Reißverschlussfach ihres Portemonnaies verstaut. Und nun war er weg, mit dem Portemonnaie am Strand gestohlen.
    Führerschein und Kreditkarten, das konnte man ersetzen. Bargeld, das war unerheblich. Doch Kate war ziemlich sicher, dass es nur dieses eine Exemplar des Truhenschlüssels gab. Sie goss sich ein Glas Wasser ein und setzte sich an den Tisch. Vielleicht war irgendwo bei den Martins ein zweiter Schlüssel – sie konnte sich kaum vorstellen, dass Elizabeth der Kanzlei ihren einzigen überlassen hatte. Aber es würde lauter unangenehme Dialoge auslösen, wenn sie Dave danach fragte. Zuallererst, davon war sie überzeugt, vertrat er die Meinung, die Tagebücher seiner Frau hätten sein Haus nicht verlassen dürfen.
    Sie könnte sich bei der Polizei erkundigen, ob ein Portemonnaie abgegeben worden war. Sie würde den Strand absuchen und die Schlosser auf der Insel anrufen. Aber erst einmal saß sie ziemlich ratlos am Tisch.
    Sie war allein. Die Kinder waren nebenan bei den Callums, damit sie ein paar Stunden im Flour aushelfen konnte, und Chris war auf dem Weg nach Kambodscha. Angeblich stand ein exklusives Hotel bei Angkor Wat bald zum Verkauf. Es war baufällig und stand bereits einige Zeit leer, und der Eigentümer, ein saudischer Prinz, hatte ausgeplaudert, dass er es ebenso gut verkaufen könne. Als der Vorsitzende von Chris’ Firma davon erfuhr, führte er sich auf, als hätte er soeben die Koordinaten zum Heiligen Gral erhalten. Das hatte es noch nie gegeben, eine Immobilie dieser Klasse so nah an der berühmten Tempelanlage. Chris nahm den nächsten Flug nach Siem Reap, um es sich anzusehen und die Verhandlungen aufzunehmen, wenn es vielversprechend war. Er wäre wahrscheinlich eine Woche unterwegs, vielleicht sogar zehn Tage. Wenn er wiederkam, hätten

Weitere Kostenlose Bücher