Wolkentöchter
Harvard Medical School in Massachusetts. Ihren Ergebnissen zufolge ist China eines der wenigen Länder der Erde, in dem die Suizidrate bei Frauen höher liegt als bei Männern: Es begehen 25 Prozent mehr Frauen als Männer Selbstmord.
Junge Bauersfrauen
Die Wissenschaftler sehen es als einzigartig an, dass in China die unterschiedlich hohe Rate an gelungenen Suizidversuchen auf einen sehr hohen Anteil von jungen Bauersfrauen zurückzuführen ist. In der Altersgruppe der 15- bis 34 -Jährigen war bei 30 Prozent der verstorbenen Frauen Suizid die Todesursache. Bei ihren männlichen Altersgenossen belief sich die Rate auf nur 12 , 5 Prozent.
Die hohe Suizidrate unter Frauen, so die Untersuchung, war auf die Folge von Versuchen zurückzuführen, sich selbst Verletzungen zuzufügen. Weltweit fügen sich mehr Frauen als Männer selbst Verletzungen zu. In China ist es leicht, an starke Chemikalien zu kommen, die in der Landwirtschaft benutzt werden, und in ländlichen Gebieten herrscht Ärztemangel. Infolgedessen waren praktisch alle Suizidversuche erfolgreich, obschon Frauen, die sich getötet haben, nicht unbedingt den Wunsch hatten zu sterben.
Alte Bauern
Wie die Untersuchung außerdem ergeben hat, stellen alte Menschen auf dem Land die Bevölkerungsgruppe dar, die am ehesten Suizid begeht. (Vor 1999 waren in China 78 % der Bevölkerung Bauern.) Proportional zur Gesamtbevölkerung ist ihre Suizidrate doppelt so hoch wie die unter jungen Frauen. Diese Erkenntnis verdient, so die Verfasser des Artikels, umso mehr Beachtung, als die traditionelle chinesische Kultur alten Menschen einen sehr hohen Stellenwert zumisst.
Wie Forschungen vermuten lassen, sind in China weder Religionen noch Gesetze ein wirksames Mittel, um Selbstmorde zu verhindern. Außerdem fehlen funktionierende Sozialsysteme oder andere gesellschaftlichen Auffangnetze.
Die Untersuchung stellt fest, dass 38 Prozent der Suizidopfer in China psychisch krank sind. Das heißt, die übrigen Selbsttötungen sind die Folge extremen Drucks, vielleicht durch schwere Erkrankungen oder finanzielle Probleme.
Anhang D:
Die achtzehn Wunder von Chengdu
In China hat nahezu jeder Ort eine eigene Liste mit »Wundern«, die sich noch dazu unablässig ändern. Die unten aufgeführten achtzehn Wunder von Chengdu waren Ende der 1980 er Jahre aktuell.
1. Die Menschen von Chengdu werden krank, wenn sie nicht jeden Tag ins Teehaus gehen.
Die Menschen von Chengdu lieben ihren Tee. Die Bevölkerungszahl im Großraum Chengdu beträgt über 10 Millionen, und in der Stadt selbst leben gut 3 Millionen Menschen – von denen bestimmt 200 000 ihre Tage in den Teehäusern der Stadt verbringen. Man sagt, die Beijinger wären stets auf der Jagd nach günstigen Gelegenheiten, die Shanghaianer modeverrückt und die Guangdonger aufs Geld aus, aber die Menschen in Chengdu wollen nur eines: das Leben leben, so wie es war. Wie sie es ausdrücken: »Verdien ein bisschen Geld, geh in ein kleines Teehaus, spiel eine Partie Mahjong, iss ein paar leckere Kebabs, guck dir das ein oder andere Video an und kauf ein paar
chacha
-Aktien« – will heißen, ein paar kleine oder wertlose Aktien.«
2. Die schlauen Frauen von Chengdu sind bezaubernd.
Die Frauen von Chengdu sind für ihre Schönheit berühmt. Das hängt mit dem Klima zusammen, das überall in Sichuan sehr schwül ist. Deshalb essen die Sichuanerinnen nämlich viele scharfe Peperoni, wodurch sie ins Schwitzen kommen und Fett abbauen. Der Gewichtsverlust macht sie schöner. Es gibt ein Sprichwort: »Schau dir in Beijing die Bauten an, in Shanghai die Leute, auf der Insel Hainan die Prostituierten, im Nordwesten die dicken Leute, in Xi’an die Grabstätten, in Yunnan die Karstfelsen und in Chengdu die schönen Frauen!« Und ein anderes lautet: »In Beijing fühlst du dich unbedeutend, in Guangdong arm, auf der Insel Hainan krank, und in Chengdu hast du das Gefühl, zu früh geheiratet zu haben.«
3. Die Männer von Chengdu lieben die schönen Frauen, die ihnen ständig mit irgendetwas in den Ohren liegen.
Fußballvereine findet man überall auf der Welt, aber in Chengdu gibt es einen sehr ungewöhnlichen Verein, den »Verein der Herumkommandierten«. Was hat es damit auf sich? Es ist ein Zusammenschluss von Männern, die mal der Fuchtel ihrer Frauen entkommen wollen.
4. In Chengdu essen sie zu jeder Mahlzeit eingelegtes Gemüse.
Die Menschen von Chengdu sind in ihren Essgewohnheiten sehr eingefahren. Die drei
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