Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)
die Gläser in einem Zug leer.
»Wie hast du es eigentlich geschafft, deine Frau hierherzulocken?«, fragte ich, während wir regungslos in den Garten starrten.
Es dauerte einen Moment, bis er die Frage begriff.
»Ganz einfach«, erklärte er und hielt sich an meinem Arm fest, was angesichts meiner eigenen Gleichgewichtsstörungen nicht ganz unproblematisch war. »Ich habe sie vor die Wahl gestellt: Entweder wir trennen uns, oder du bleibst mit dem besten Mann zusammen, den es gibt.«
In Zeitlupe drehte ich meinen Kopf herum. Jede abrupte Bewegung wäre mir zum Verhängnis geworden. »Und das hat sie dir geglaubt?«
Gert sah mir fest in die Augen, und dann fingen wir gleichzeitig an, laut zu lachen.
Am nächsten Morgen wachte ich mit einem Betonkopf auf. Ich lag neben dem Bett und blickte auf die Brüste der Blondine, die auf einmal etwas Bedrohliches besaßen. Jutta war verschwunden. Ich wusste nicht, wie spät es war, befürchtete aber, sie könnte mit dem Sohn bereits auf dem Weg in die Stadt sein.
Ich brauchte Minuten, um wieder auf die Beine zu kommen. Im Spiegel sah ich ein aufgedunsenes Gesicht, das nur entfernt an mich erinnerte. Zum Glück wusste ich, dass es sich um mich handelte.
Als ich nach unten ins Esszimmer kam, sah ich Jutta und Frau Radtke in ein lebhaftes Gespräch verwickelt. Sie schienen sich prächtig zu amüsieren. Ich konnte es kaum glauben.
»Hildegard kennt Gunnar«, sagte meine Frau sofort, als sie mich sah, »seine Eltern waren gute Kunden in ihrem Geschäft. Ist das nicht witzig!« Sie biss begeistert in ein Mettwurstbrötchen.
Ich fand es allerdings überhaupt nicht witzig. Die erste Gemeinsamkeit, die sie entdeckten, war niemand anders als Gunnar Fahrenkamp. Langsam reichte es mir.
»Essen Sie erst mal was«, forderte mich Frau Radtke auf, »Sie sehen ja furchtbar aus.«
Es war empörend, was ich mir von einer fremden Frau alles gefallen lassen musste. Ich setzte mich widerwillig an »meinen« Platz ans Kopfende, weigerte mich aber, am Frühstück teilzunehmen.
»Mein Mann schläft noch. Sie haben ja ordentlich was getrunken.« Sie deutete auf die leere Flasche Obstbrand. Mir war übel.
»Hildegard möchte uns bald mal besuchen kommen.«
»Aber nur, wenn es Ihnen recht ist«, sagte Frau Radtke. Erst nach einer Weile begriff ich, dass sie mich damit meinte.
Mittags kam der Sohn und brachte einige prall gefüllte Einkaufstüten, während er im Gegenzug einen großen Sack Kartoffeln aus der elterlichen Produktion im Kofferraum seines Autos verstaute.
Er wirkte relativ normal, was mich angesichts der wilden Rockbands in seinem Zimmer ein wenig erstaunte.
Später nahm er uns mit zurück.
Während wir uns der Stadtgrenze näherten, sprach Jutta in höchsten Tönen von ihrer neuen Freundin Hildegard. Wie sie es geschafft habe, alles aufzugeben und auf dem Land noch einmal von vorne zu beginnen.
Ich sah ungerührt aus dem Fenster. In hundert Metern Entfernung bemerkte ich auf einer Wiese plötzlich ein allein stehendes Auto. Nach einer Sekunde war klar, dass es sich um unseren Suzuki handelte. Sofort blickte ich zu Jutta, die das Auto jedoch nicht gesehen hatte. Ich wollte etwas sagen, aber die Gute ließ mich nicht zu Wort kommen. Sie redete einfach ununterbrochen weiter, sodass ich schließlich verärgert aufgab und wieder aus dem Fenster blickte. Vom Suzuki war inzwischen nur noch das Dach zu erkennen. Auf einmal musste ich grinsen. Es gefiel mir, wie Juttas Auto langsam in der Landschaft verschwand.
18
Während ich mit meiner Situation von Tag zu Tag unzufriedener wurde, kam mir ein Gedanke: Ich musste Gunnar Fahrenkamp irgendwie herausfordern. Mann gegen Mann. So war das doch schließlich vor noch gar nicht so langer Zeit üblich. Ein Duell mit Schusswaffen kam jedoch nicht infrage, da ich Gewalt grundsätzlich ablehnte. Auch Säbel konnte ich mir nur schwer vorstellen. Hier durfte es ruhig etwas gesitteter zugehen, ohne dabei den Kampfcharakter völlig zu leugnen. Eines Nachts – ich lag seit Stunden wach und suchte verzweifelt nach einem Duell ohne physische Auseinandersetzung – hatte ich plötzlich den rettenden Einfall. Ich erinnerte mich an das Saufgelage mit Gerd Radtke. Das war es! Ich würde Gunnar Fahrenkamp einfach unter den Tisch trinken. Dies erschien mir auf einmal die letzte Möglichkeit, meiner Frau doch noch zu beweisen, dass ich ihm zumindest auf einem Gebiet überlegen war.
Sobald Jutta das Haus morgens verlassen hatte, öffnete ich eine Flasche
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