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Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Titel: Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Beldt
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vorstellen, hier draußen zu leben.«
    Jutta musterte mich erschrocken. Zum ersten Mal schien sie unsicher, wer da eigentlich neben ihr saß. Für eine Neubewertung unserer Beziehung war das eine gute Ausgangslage.
    »Ich dachte immer, du fühlst dich wohl bei uns.«
    In diesem Moment kehrte Herr Radtke mit einer Flasche Apfelsaft und vier Gläsern zurück.
    »Und, was hat Sie in unsere Gegend verschlagen?«, fragte er, die Gläser füllend.
    »Nun lass sie doch erst mal ankommen!«, rief seine Frau aus der Küche. Kurz darauf kam sie mit einer großen Platte mit Schnittchen ins Wohnzimmer.
    »Sie haben doch sicher Hunger«, sagte sie in einem Ton, der jede Widerrede von vornherein ausschloss. Sie trug ein geblümtes Kleid, dem der strenge Geruch von Mottenkugeln entströmte. Offenbar hatte sie sich fest vorgenommen, die seltenen Gäste hemmungslos zu beglücken.
    »Essen Sie ruhig, nachher gibt es natürlich noch richtiges Abendessen«, klärte uns Frau Radtke vergnügt auf.
    Ich nahm mir artig ein Wurstbrot, um sie nicht zu enttäuschen. Insgeheim befürchtete ich, ihre Gastfreundschaft könnte schnell umkippen, wenn man nicht für alles dankbar war.
    »Machen Sie wegen uns bitte keine Umstände«, versuchte Jutta ihren Eifer ein wenig zu bremsen, stieß damit bei Frau Radtke jedoch auf völliges Unverständnis.
    »Sie glauben doch nicht, dass ich Sie hier verhungern und verdursten lasse!«, erklärte sie und setzte sich schwungvoll direkt neben mich aufs Sofa, während sie mit den Armen rudernd Schweißgeruch verströmte, der sich zusammen mit den Mottenkugeln zu einem atemraubenden Gemisch verdichtete.
    Einen Augenblick kam mir der Gedanke, dass sie uns mästen wollte, um uns später zu schlachten und einzufrieren. Auf dem Land gab es die ungewöhnlichsten Hobbys. Und in dieser Abgeschiedenheit würde es auch gar nicht auffallen, wenn zwei Wanderer plötzlich verschwanden.
    »Du könntest ihnen ja auch mal Sekt anbieten«, wandte sich Frau Radtke empört zu ihrem Mann, »wozu haben wir die Flasche denn die ganze Zeit im Kühlschrank stehen?«
    Herr Radtke erhob sich, ohne zu murren. Langsam ahnte ich, dass er die Aufgabe seines Lebens als Geschäftsinhaber mit der totalen Unterwerfung unter seine Frau bezahlt hatte.
    »Ich bleibe gerne beim Apfelsaft«, meinte Jutta nun schon etwas dringlicher.
    Derweil aß ich Schnittchen um Schnittchen, um Schlimmeres zu verhindern.
    Als Herr Radtke mit dem Sekt zurückkehrte, war ich beinahe satt, während Jutta immer noch auf ihrem ersten Käsebrot kaute.
    Wir stießen an. Mit jeder Bewegung erreichte mich eine neue Schweißfahne von Frau Radtke. Und leider sah es so aus, als würde sie der Alkohol noch beweglicher machen.
    Jutta war unterdessen beim Apfelsaft geblieben und saß regungslos auf der anderen Sofaseite, während sich Frau Radtke regelrecht an mich heranschmiss und den unmittelbaren Körperkontakt suchte. Ich tat, als würde ich ihren Schenkeldruck nicht bemerken, zumal nicht klar war, ob es ihr selber tatsächlich bewusst war. Man konnte schnell in ein Fettnäpfchen treten, nur weil man die Berührung einer Frau falsch interpretierte. Manche Frauen berührten einen ohne jeglichen Hintergedanken.
    Offenbar hatte Frau Radtke erheblichen Nachholbedarf. Nachdem ihr Sohn aus dem Haus war und ihr Mann bereits weichbemuttert war, hatte sie mich als Opfer entdeckt, über das sie ihre Fürsorge ausschütten konnte, bis ich mich nicht mehr rührte. Leider war ich das ideale Opfer. Ich ließ mir alles gefallen und brachte nur in den seltensten Fällen ein zaghaftes Nein zustande.
    »Nun erzählen Sie uns doch mal, wie sie hierhergekommen sind«, sagte Frau Radtke, ihren Schenkel fest an mich drückend.
    »Ja, erzählen Sie mal«, ergänzte Herr Radtke, um von seiner Frau nicht völlig abgedrängt zu werden, immerhin hatte er die Frage zuerst gestellt.
    Ich überlegte, ob ich alles erzählen sollte oder nur den letzten Teil, angefangen vom Picknick, um nicht angeberisch zu wirken. Aber je mehr ich trank, desto weniger scherte ich mich um einen günstigen Eindruck.
    »Wir sind mit dem Ballon geflogen«, hob ich an.
    »Ach was!«, rief Herr Radtke. »Das ist ja … «
    »Nun lass ihn doch mal ausreden«, unterbrach ihn seine Frau.
    »Genauer gesagt, mit dem Heißluftballon«, fuhr ich fort, »und dann sind wir hier in der Nähe gelandet und haben … «
    »Siehst du«, ging Frau Radtke erneut dazwischen und blickte streng zu ihrem Mann, »er lässt sich mal etwas einfallen. Du

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