Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)
Bier, um meine Leber in eine Art Kampfsportorgan zu verwandeln, mit dem ich Gunnar endgültig besiegen konnte.
Doch schon nach einigen Schlucken spürte ich eine bleierne Müdigkeit. Ich hatte Alkohol noch nie gut vertragen können. Darin ähnelte ich meiner Mutter, bei der ein einziger Schluck Wein schon reichte, um sie außer Gefecht zu setzen. Noch ehe ich richtig betrunken war, legte ich mich aufs Sofa und schlief ein. Vermutlich musste ich einfach schneller trinken, damit mir die Trinkerei überhaupt etwas nützte.
Ich kaufte ein Sixpack Bier und stellte die Flaschen geöffnet nebeneinander auf den Küchentisch. Wenn es mir gelang, in weniger als fünf Minuten alle Flaschen auszutrinken, hatte ich gute Chancen, betrunken zu sein, ehe ich einnickte.
Die erste Flasche löste bei mir sofort eine unbegründete Heiterkeit aus, sodass ich schon Hoffnung schöpfte und beherzt nach der zweiten griff. Doch nach der Hälfte der zweiten Flasche verschwand die gute Laune so schnell, wie sie gekommen war. Mein Kopf fühlte sich an wie eine Kugel, die ich nur unter größter Anstrengung auf dem Hals balancierte. Ich hatte sogar Mühe, die Flasche an den Mund zu führen. Dabei war ich höchstens leicht angetrunken. Aber die Müdigkeit ergriff wieder Besitz von mir, und ich beeilte mich, aufs Sofa zu kommen, ehe ich vom Küchenstuhl kippte.
Mein Plan drohte bereits in den Anfängen zu scheitern. Mit anderthalb Flaschen Bier brauchte ich bei Gunnar Fahrenkamp gar nicht erst vorzusprechen. Es musste eine andere Lösung gefunden werden. Es musste höherprozentiger Alkohol her.
Auf einschlägigen Internetseiten erfuhr ich, wie wichtig es war, den Alkoholpegel den ganzen Tag über konstant zu halten, damit sich der Körper daran gewöhnen konnte. Außerdem wurde dringend dazu geraten, sich auf eine Sorte Alkohol zu beschränken. Als Grundlage wurde fettiges Essen empfohlen, am besten Gerichte mit viel Öl, die den Alkohol absorbierten. Es war beruhigend zu wissen, dass es da draußen noch andere mit ähnlichen Sorgen gab.
Im Supermarkt besorgte ich mir mehrere Flaschen Rot- und Weißwein sowie einige Büchsen Ölsardinen. Bei der Kassiererin ließ ich durchblicken, dass ich eine üppige Grillparty mit vielen Gästen plante, um keinen Verdacht zu erregen. Schließlich kannte sie mich als regelmäßigen Abnehmer von Obstsäften, und ich hatte nicht vor, mein Bild in der Öffentlichkeit nur wegen Gunnar zu ruinieren.
Zu Hause aß ich vorsichtshalber gleich zwei ganze Büchsen Ölsardinen. Nach einer halben Stunde öffnete ich den Rotwein und nippte zunächst am Glas, um mich an den Wein zu gewöhnen. Diesmal schien es tatsächlich besser zu laufen. Ich spürte den Alkohol in meinen Gliedern, ohne davon sofort zu ermüden. Hoffnungsvoll trank ich den Rest und schenkte mir sofort ein zweites Glas ein. Plötzlich wurde mir übel. Ich hatte keine Ahnung, ob es am Wein lag oder an den Ölsardinen. Die Übelkeit wurde mit einem Mal so übermächtig, dass ich zum Klo rannte und mich in die Schüssel übergab.
Einen Tag später versuchte ich es noch einmal. Statt Ölsardinen trank ich zuvor ein halbes Glas Olivenöl und nahm mir erneut den Wein vor. Doch schon beim Geruch des Weines wurde mir so schlecht, dass ich kurz darauf auf die Toilette rennen musste.
Schließlich gab ich den Wein auf und wechselte verärgert zu Jägermeister. Eine Flasche hatte ich immer vorrätig, obwohl weder ich noch Jutta jemals davon probiert hatten. Ich schenkte mir ein Schnapsglas voll Jägermeister ein und konzentrierte mich.
Aus Filmen wusste ich, dass man Schnaps nicht trank, sondern mit einer energischen Bewegung hinunterstürzte. Ich stellte mich ans Küchenbord, hob das Glas auf Augenhöhe, hielt die Luft an und kippte den Jägermeister wie ein altgedienter Kneipengänger in meinen Rachen. Innerhalb weniger Sekunden wurde mir heiß im Gesicht. Mein ganzer Körper schüttelte sich. Ich musste mich aufstützen und durch den Mund atmen. Gleichzeitig schien sich mein Magen umzudrehen. Und noch ehe ich mich abwenden konnte, kotzte ich bereits hemmungslos in die Spüle.
Den Rest des Tages verbrachte ich krank im Bett. Die heftige Abwehrreaktion machte mir deutlich, dass ich für derlei Trinkgelage einfach nicht der geeignete Mann war. Und noch etwas wurde mir im selben Moment klar: dass es zwecklos war, gegen seinen eigenen Körper zu rebellieren.
Weil ich befürchtete, Jutta könnte die Batterie leerer Flaschen entdecken, ging ich noch am selben
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