Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Titel: Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Beldt
Vom Netzwerk:
vor.
    »Wenn du viele Frauen haben willst, musst du dich schon etwas mehr anstrengen als die anderen«, sagte ich mit einem ironischen Unterton, den er in seinem Alter noch nicht verstand und mir kurz das Gefühl vermittelte, ihm schon jetzt überlegen zu sein. »Nun zeig mal, was in dir steckt, oder willst du dich vor den anderen lächerlich machen?« Ich deutete auf die Mädchen, die Gunnars Bemühungen mit größerer Anteilnahme verfolgten, als mir lieb war.
    Anscheinend reichte der Hinweis auf eine Blamage vor dem weiblichen Geschlecht, um ihn zum Verstummen zu bringen.
    Er probierte es noch ein paarmal, doch immer, wenn er kurz davor war, in die Wurst zu beißen, hob ich die Schnur leicht an, sodass er die Wurst im letzten Moment verfehlte.
    Schließlich gab er erschöpft auf.
    »Siehst du«, sagte ich, »beim nächsten Mal bist du mit deinen Sprüchen vorsichtiger.«
    Er blickte mich wütend an und ging wortlos zu den anderen Jungs.
    »Das war gemein von dir«, sagte Zoe kurz darauf, als ich stillvergnügt die Bambusstöcke aus dem Boden zog. »Warum hast du das nur bei ihm gemacht, er ist doch sehr nett.«
    »Das sagt meine Frau auch immer«, sagte ich, »ich weiß wirklich nicht, was ihr an so einem Typen findet.«
    »Deine Frau?«, fragte Zoe verunsichert. »Und woher kennt sie ihn?«
    »Sie arbeiten in derselben Abteilung«, sagte ich, »er organisiert die Termine für meine Frau.«
    Zoe schüttelte ratlos den Kopf. »Verstehe ich nicht«.
    »Ich auch nicht«, sagte ich.
    Etwas später zündete ich die Kerzen auf ihrem Geburtstagskuchen an. Zoes Augen glänzten, als hätte sie in ihrem ganzen Leben noch nie einen Geburtstagskuchen bekommen.
    »Und jetzt?«, fragte sie und sah mich unschlüssig an.
    »Und jetzt versuchst du, alle Kerzen gleichzeitig auszupusten, und darfst dir dabei etwas wünschen.«
    »Wenn ich alle ausgepustet habe, geht der Wunsch dann in Erfüllung?« Sie schien die Frage ernst zu meinen. Seit sie kein Pirat mehr war, fiel sie in der Entwicklung deutlich zurück.
    »Ja, meistens«, erklärte ich zuversichtlich, obwohl sich meine Wünsche nach jahrelangem Kuchenkerzenauspusten nie erfüllt hatten. Kein einziger! Vielleicht hatte ich für die Größe meiner Wünsche einfach zu hektisch gepustet und wurde deshalb vom Schicksal disqualifiziert. Vielleicht gingen nur solche Wünsche in Erfüllung, für die man einen langen Atem hatte. Jedenfalls hatte ich am Ende meiner Kindheit einen solchen Wünsche-Überschuss, dass ich mindestens zweihundert Jahre leben müsste, sollte sich auch nur die Hälfte davon realisieren.
    Während alle gespannt um den Geburtstagskuchen herumstanden, dachte Zoe über ihre Wünsche nach.
    »Du darfst deinen Wunsch aber niemandem verraten«, sagte ich noch. Aber als ich merkte, wie ihr Blick einen Moment zu lange auf Gunnar ruhte, war mir sofort alles klar. Sie holte tief Luft, blähte ihre Wangen auf und blies einmal unkontrolliert über den Kuchen. Eine Kerze weigerte sich jedoch auszugehen, was ich als gutes Omen betrachtete, sodass Zoe noch einmal gezielt daraufpusten musste, ehe sie ganz erlosch.
    Alle klatschten. Zoe blickte sich stolz lächelnd um. Dann schnitt ich den Kuchen an und gab jedem ein Stück.
    »Wie lange dauert denn die Erfüllung?«, fragte sie mich, nachdem sich die Kinder wieder verlaufen hatten.
    »Das hängt davon ab«, sagte ich vage.
    »Und von was?«
    Ich beobachtete Gunnar, wie er über den Rasen marschierte und Frau Sartorius gestenreich irgendetwas Wichtiges erklärte.
    »Es hängt davon ab, ob der Wunsch auch wirklich zu dir passt.«
    Zoe blickte mich daraufhin entsetzt an.
    »Es kann also sein, dass er sich nicht erfüllt, auch wenn ich alle Kerzen ausgepustet habe?«
    Ich nickte streng. »So ist eben das Leben.«
    »Das find ich echt blöd vom Leben«, sagte sie zornig, drehte sich abrupt um und rannte runter zum Rasen.
    Im Laufe des Nachmittags machte ich noch weitere Spielvorschläge, die von der Mehrheit der Kinder, insbesondere aber von den Jungs abgelehnt wurden. Erst später, als sich Langeweile auszubreiten begann, stieß ich mit meinem Vorschlag, einen Sackhüpfen-Wettbewerb zu starten, auf neuerliches Interesse. Irgendwann wirkte selbst Sackhüpfen wie eine Erlösung.
    Ich selbst war noch nie mit dem Sack gehüpft, versprach mir dadurch allerdings auch keine wichtigen Erfahrungen, außer der, sich vor allen lächerlich zu machen. Seltsamerweise erschien mir diese Möglichkeit plötzlich als äußerst verlockend. Warum

Weitere Kostenlose Bücher