Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
Situation. Oder vielmehr, Matasumi legte seine Theorien dar, und Carmichael gab an den passenden Stellen Grunzlaute von sich und schien sich zu wünschen, er würde gehen und seine Hypothesen gleich mitnehmen, damit sie in Frieden arbeiten konnte. Ich nehme an, jetzt, nachdem Bauer ausgeschaltet war, hatte Matasumi niemanden mehr, mit dem er reden konnte. Okay, er hätte natürlich mit Winsloe reden können, aber ich hatte den Eindruck, dass niemand jemals etwas Wichtiges mit Winsloe besprach. Er schien auf einer anderen Ebene zu existieren; er war der dilettierende Geldgeber, dem man schmeichelte und gehorchte, den man in Fragen der Organisation aber gar nicht erst hinzuzog.
Offenbar hatte der Grad der paranormalen Aktivitäten im Zellenblock in letzter Zeit zugenommen. Leah, deren Zelle neben Savannahs lag, beschwerte sich über verschüttetes Shampoo, zerrissene Zeitschriften und verschobene Möbel. Die Wachmänner waren ein weiteres bevorzugtes Ziel. Mehrere von ihnen waren gestolpert, als sie an Savannahs Zelle vorbeikamen, und alle berichteten, dass ihnen etwas die Beine weggeschlagen hatte. Ärgerliche, aber verhältnismäßig harmlose Vorfälle. An diesem Morgen dann hatte der Wachmann, der Ruth und Savannah frische Kleidung brachte, Savannah zurechtgewiesen, weil sie Ketchup über das Sweatshirt vom Vortag verschüttet hatte. Als er die Zelle verließ, flog ihm die Tür gegen die Schulter und verursachte einen hässlichen Bluterguss. Matasumi vermutete, die plötzliche Aktivität könne daher rühren, dass Ruth und Savannah sich eine Zelle teilten. Aber selbst nach dem potenziell ernsten Vorfall mit dem fliegenden Teller erwog er nicht, die beiden zu trennen. Eine so wertvolle Gelegenheit vorbeigehen lassen, die Interaktion zwischen zwei Hexen zu beobachten? Was bedeuteten im Vergleich dazu schon ein paar verletzte oder verkrüppelte Wachleute? Als er sich über das von der Situation geschaffene »Potenzial für bemerkenswerte wissenschaftliche Erkenntnisse« ausließ, hatte ich den Eindruck, dass Carmichael ein paar unfreundliche Dinge vor sich hin murmelte, aber ich kann mich auch geirrt haben.
Als ich in dieser Nacht zusammengerollt auf meiner Pritsche lag, versuchte ich Kontakt zu Ruth aufzunehmen. Okay, vielleicht verweigerte ich mich auch einfach der Einsicht, dass mir jedes telepathische Talent abging. Wahrscheinlich bildete ich mir ein, wenn ich es nur lange genug versuchte, müsste ich alles können. Der nötige Wille war es, auf den es hier ankam. Ich machte mir Sorgen wegen des Vorfalls mit dem Wachmann. Wenn die »paranormalen« Zwischenfälle in der Zelle wirklich zunahmen, dann musste es etwas damit zu tun haben, dass Ruth Savannah ausbildete. Ich wollte sie warnen: Seid vorsichtiger, sonst riskiert ihr, dass ihr wieder getrennt werdet. Nachdem ich es ungefähr eine Stunde lang probiert hatte, gab ich es auf. Der Fehlschlag erinnerte mich nur an meine Unfähigkeit, Kontakt zu Paige zu bekommen, was mich daran erinnerte, dass ich keinerlei Kontakt zu Jeremy hatte, was mich daran erinnerte, dass ich auf mich allein gestellt war. Nein, rief ich mich zur Ordnung, ich war nicht auf mich allein gestellt. Ich hatte nur vorübergehend den Kontakt zu den anderen verloren. Selbst wenn ich von Jeremy abgeschnitten war, war ich doch durchaus in der Lage, eine eigene Strategie zu entwickeln. Letztes Jahr hatte ich im Alleingang Clays Rettung geplant und durchgeführt. Natürlich hatte es dabei ein paar Planungsfehler gegeben … Okay, es waren mehr als nur ein paar gewesen, wenn man es sich recht überlegte, und ich wäre selbst beinahe umgekommen dabei … Aber hey, ich hatte ihn gerettet, oder vielleicht nicht? Diesmal würde ich es besser machen. Leben heißt Lernen, stimmt’s? Oder in meinem Fall, Lernen heißt Leben. Oder noch präziser, Lernen heißt Überleben.
»Nein, nicht das – nein, die linke Schublade! Deine andere linke Hand!«
Ich warf mich im Schlaf hin und her und träumte, dass Carmichael Anweisungen in meine Richtung bellte.
»Der Notfallwagen. Himmeldonnerwetter! Ich habe gesagt, der Notfallwagen, nicht der da!«
Im Traum war ich von einem Dutzend identischer Wagen umgeben und stolperte von einem zum anderen.
»Gib mir – Nein, geh einfach weg. Geh aus dem Weg!«
Eine zweite Stimme antwortete, diesmal männlich; sie murmelte eine Entschuldigung. Meine Lider zuckten. Fluoreszierendes Licht stach mir in die Augen. Ich kniff sie zusammen, verzog das Gesicht und versuchte es
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