Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
gegen die Gurte an, ohne ihren Blick loszulassen. »Hör mir zu, Sondra. Gib mir nur eine Minute Zeit und lass mich erklären, was mit dir passiert, wenn du das Ding da verwendest. Es ist nicht so, wie du es dir jetzt vielleicht vorstellst. Du willst das nicht wirklich tun.«
Ihre Augen begannen wieder zu glitzern. Jede Spur von Hektik war verschwunden. Eiskalt. »Ach, will ich das nicht?«
Sie hob die Spritze.
»Nein!«, schrie ich, während ich mich auf meinem Stuhl aufbäumte.
Sie stieß sich die Nadel in den Arm und schob den Drücker nach unten. Und es war geschehen. Eine Sekunde. Ein Sekundenbruchteil. So lang, wie Clay gebraucht hatte, um mich zu beißen.
»Zum Teufel mit dir!«, brüllte ich. »Du blöde Kuh – ruf die Krankenstation! Jetzt!«
Ihr Gesicht war unnatürlich ruhig, ihre Lippen verzogen sich zu einem fast glückseligen Lächeln. Glückselige Erleichterung, weil sie es getan hatte. »Warum, Elena? Warum sollte ich der Krankenstation Bescheid sagen? Damit die es rückgängig machen? Oh, nein. Das riskiere ich nicht.«
»Ruf die Krankenstation! Wachmann! Wo zum Teufel sind die Wachleute?«
»Du hast doch gehört, dass ich sie weggeschickt habe.«
»Du hast keine Ahnung, was du gerade getan hast«, fauchte ich. »Du glaubst, das ist irgendeine tolle Gabe. Ein Nadelstich, und du bist ein Werwolf? Du hast recherchiert, nehme ich doch an? Du weißt, was als Nächstes passiert, oder?«
Bauer schenkte mir ein träumerisches Lächeln. »Ich spüre, wie es durch meine Adern strömt. Die Veränderung. Es ist warm. Es prickelt. Der Beginn der Metamorphose.«
»Oh, das ist nicht alles, was du noch spüren wirst.«
Sie schloss die Augen, schauderte, öffnete sie wieder und lächelte. »Sieht ganz so aus, als hätte ich heute Abend etwas bekommen, und du hättest etwas verloren. Du bist nicht mehr der einzige weibliche Werwolf, Elena.«
Dann weiteten sich ihre Augen. Traten hervor. Adern an ihrem Hals und ihrer Stirn begannen zu pochen. Sie keuchte und würgte. Ihre Hände zuckten zur Kehle. Ihr Körper reckte sich jäh; ihr Rückgrat wurde starr. Ihre Augen rollten. Sie hob sich auf die Zehenspitzen, schwankte vorwärts und wieder zurück wie ein Verurteilter am Ende des Henkerseils. Dann brach sie zusammen. Ich brüllte um Hilfe.
Winsloe
»Was haben Sie mit Ms. Bauer gemacht?«, wollte Matasumi wissen. Kurz nachdem ich zu brüllen begonnen hatte, hatten die Wachleute Bauer abgeholt. Zwanzig Minuten später waren sie mit Matasumi zurückgekommen. Jetzt stand er da und beschuldigte mich – wenn auch ohne eine Spur von Anschuldigung in der Stimme.
»Ich hab’s den Wachmännern doch gesagt.« Ich saß auf der Bettkante und versuchte mich zu entspannen, als passierte so etwas jeden Tag. »Sie hat sich meinen Speichel injiziert.«
»Warum sollte sie das tun?«, fragte Matasumi.
»Der Biss eines Werwolfs ist eine Möglichkeit, selbst zum Werwolf zu werden.«
»Das ist mir klar. Aber warum –« Er brach ab. »Oh, ich verstehe.«
Tat er das? Verstand er es wirklich? Ich bezweifelte es. Keiner von ihnen wusste, was auf sie zukam. Ich dagegen wusste es, und ich gab mir sehr, sehr viel Mühe, nicht darüber nachzudenken.
Matasumi räusperte sich. »Sie behaupten also, dass Ms. Bauer sich selbst –«
»Die Spritze liegt auf dem Boden.«
Seine Augen flackerten zu der Nadel hinunter, aber er machte keine Anstalten, sie aufzuheben. »Sie behaupten, sie hat diese Spritze verwendet –«
»Ich behaupte überhaupt nichts. Ich erzähle Ihnen, was hier passiert ist. Sie hat sich in den Arm gestochen. Suchen Sie doch nach der Einstichstelle. Überprüfen Sie den Inhalt der Spritze.«
Die Tür öffnete sich. Carmichael stürmte herein; ihr Kittel blähte sich hinter ihr auf.
»Wir haben keine Zeit für das hier«, sagte sie. »Ich muss wissen, was ich für sie tun kann.«
Matasumi winkte Carmichael zur Seite. »Zuerst müssen wir die genaue Natur von Ms. Bauers Leiden klären. Es ist schön und gut, wenn Ms. Michaels behauptet –«
»Sie sagt die Wahrheit«, sagte Carmichael. »Ich habe die Einstichstelle gesehen.«
Die war auch kaum zu übersehen. Schon als die Wachleute Bauer aus meiner Zelle trugen, hatte ich die Einstichstelle bemerkt; sie war bereits zur Größe eines Tischtennisballs angeschwollen. Die Erinnerung an meine eigene Bisswunde war jäh in meinem Gedächtnis erschienen, aber ich schob sie fort. Ruhe war die einzige Möglichkeit, mit der Situation umzugehen. Ich nahm mir ein
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