Women of the Otherworld 02: Rückkehr der Wölfin
denn?«, fragte ich.
»Es ist eine Kochsalzlösung, gemischt mit deinem Speichel.«
»Meinem was?«
»Speichel. Spucke eben.« Die Stimme hastete die Tonleiter hinauf. Nervöses Kichern, wie bei einem kleinen Mädchen, das bei einem Pfui-Wort erwischt wird. »Weißt du auch, was das bewirken kann?«
»Ich wüsste nicht –«
»Was passiert, wenn ich es mir injiziere?«
»Injiziere –?«
»Denk doch nach, Elena. Du bist doch nicht dumm. Dein Speichel. Du beißt jemanden. Deine Zähne durchbohren die Haut, so wie diese Nadel meine durchbohren würde. Dein Speichel gerät in die Blutbahn dieser Person. Oder in meine. Was passiert dann?«
»Du würdest dich – du könntest zu –«
»Einem Werwolf werden.« Sie hörte mit dem Gerenne auf und wurde still. Vollkommen still und bewegungslos. Ein kleines Lächeln spielte um ihre Lippen. »Und das ist genau das, was ich tun werde.«
Es dauerte einen Moment, bis diese Nachricht wirklich bei mir angekommen war. Als ich es schließlich begriffen hatte, zwinkerte ich verblüfft und öffnete den Mund, aber es kam kein Wort heraus. Ich schluckte und versuchte ruhig zu bleiben. Keine Panik. Mach es nicht noch schlimmer. Tu so, als wäre es ein Witz. Versuch die Situation zu entschärfen.
»Oh, jetzt hör aber auf«, sagte ich. »Ist das etwa die Lösung deiner Probleme? Du wirst in deinem Beruf nicht respektiert, also machst du dich zu einem Werwolf? Suchst dir einen guten Job beim Rudel, schlägst ein paar Schädel ein, legst dir einen attraktiven Liebhaber zu? Wenn es nämlich das ist, was du dir vorstellst, dann kannst du mir glauben, so funktioniert das nicht.«
»Ich bin kein Vollidiot, Elena.«
Sie spuckte die Worte förmlich aus; Speichel spritzte von ihren Lippen. Oops, falscher Ansatz.
»Was ich will, ist eine Veränderung«, fuhr sie fort. »Ich will mich neu erfinden.«
»Zum Werwolf werden ist keine Lösung«, sagte ich leise. »Ich weiß, dass du nicht glücklich bist –«
»Du weißt überhaupt nichts über mich.«
»Dann erzähl –«
»Ich habe mich diesem Projekt aus genau einem Grund angeschlossen. Auf die Aussicht hin, etwas Neues zu erleben, etwas Gefährlicheres, Aufregenderes, etwas, das das Leben mehr verändert, als den Mount Everest zu besteigen. Erfahrungen, die ich mir mit all meinem Geld und Einfluss nicht kaufen kann. Zauberformeln, Unsterblichkeit, übersinnliche Wahrnehmung, ich habe selbst nicht genau gewusst, was ich eigentlich wollte. Vielleicht ein bisschen von allem. Aber jetzt weiß ich ganz genau, was ich will, nach was ich gesucht habe. Macht. Keine Kratzfüße mehr vor den Männern, nicht mehr so tun müssen, als wäre ich dümmer als sie, schwächer, unbedeutender. Ich will alles sein, für das ich das Potenzial habe. Ich will genau dies.«
Meine Gedanken schlitterten immer noch herum, außerstande zu verstehen, was Bauer da sagte. Die Plötzlichkeit des Ganzen überwältigte mich; es kam mir vor wie ein Traum oder eine Halluzination. Aber wie plötzlich kam es denn wirklich? Unglaublich plötzlich aus meiner Perspektive, aber wie sah es mit ihrer aus? Wie lange hatte sie schon das Kommen und Gehen von Gefangenen beobachtet und auf den einen gewartet, der ihr die ersehnten Kräfte geben würde? Und jetzt, nachdem sie sich am Ziel glaubte – vielleicht fürchtete sie sich jetzt davor, zu zögern, davor, dass sie es sich noch anders überlegen könnte? Ich musste sie von ihrer Idee abbringen. Nur wie?
Bauer hielt die Spritze hoch. Als sie sie anstarrte, zwinkerte sie ungläubig und erbleichte fast. Angst, so intensiv, dass sie fast meine Nüstern blockierte; wie von allein begann das Adrenalin zu pumpen. Als sie mich wieder ansah, war die Aufwallung verschwunden. Was ich in ihren Augen sah, ließ mich erstarren. Flehen. Angst und Flehen.
»Ich möchte, dass du verstehst, Elena. Hilf mir. Zwing mich nicht, dieses Ding zu verwenden.«
»Du brauchst es nicht zu verwenden«, sagte ich ruhig. »Niemand kann dich zwingen.«
»Dann tu du’s für mich. Bitte.«
»Tu –?«
»Beiß mich in den Arm.«
»Ich kann nicht –«
»Ich habe ein Messer. Ich mache den Einschnitt selbst. Du bräuchtest bloß –«
Panik breitete sich in meiner Brust aus. »Nein, das kann ich nicht.«
»Hilf mir, es richtig hinzukriegen, Elena. Ich weiß nicht, wie gut die Kochsalzlösung funktioniert. Ich habe bei der Menge und der Zusammensetzung raten müssen. Ich brauche deine –«
»Nein.«
»Ich bitte dich –«
Ich kämpfte
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