Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
mittleren Alters mit honigfarbener Haut und langem dunklem Haar, in dem sich graue Strähnen zeigten.
Mit gesenktem Kopf zog sie einen Faden von dem Spin n rad, bis er so lang war wie alle anderen ringsum. Dann, in einer Verwandlung, die so rasch und glatt vor sich ging, dass sie wie eine optische Täuschung wirkte, alterte die Frau um fünfzig Jahre. Sie wurde zu einem alten Weib mit krummem Rücken und langem Haar, das so rauh und grau war wie Draht. Das schlichte mauvefarbene Kleid war jetzt weiß mit einem Schimmer von Lila. Ihre tiefliegenden Augen glänzten, lebhaft und dunkel wie die einer Krähe. Eine knotige Hand hob den Faden in die Höhe. Die zweite griff nach oben und schnitt ihn mit der schwarzen Schere ab, die sie umklammert hielt. Ein Mann, bleich wie ein Albino, trat aus dem Dschu n gel baumelnder Fäden hervor, nahm das frisch abgeschnittene Stück und verschwand wieder in den Tiefen des wollenen Urwalds.
Ich sah wieder zu dem alten Weib hinüber, aber an der Ste l le der Frau stand ein Kind, ein Mädchen von nicht mehr als fünf oder sechs Jahren, so klein, dass es nicht über das Spin n rad hinwegsehen konnte. Wie die beiden anderen hatte auch das Kind langes Haar, aber es glänzte gol d braun, und die Augen leuchteten blau wie Kornbl u men. Sein Kleid war von einem ebenso leuchtenden Vi o lett.
Das Mädchen steckte Wolle auf das Spinnrad – es mus s te sich dafür auf die Zehenspitzen stellen. Danach verwa n delte es sich in die Frau mittleren Alters, die das Garn zu spinnen begann.
Neben mir seufzte Eve laut. »Siehst du? Nicht mal die Pa r zen sind über kleinlichen Sadismus erhaben. Lassen uns hier rumstehen und warten.«
Die Frau – mittlerweile wieder das alte Weib – spießte Eve mit ihren scharfen Augen auf. »Kleinlich? Nie. Wir genießen einfach nur einen seltenen Augenblick der Ruhe, in dem wir uns keine Gedanken darüber zu machen bra u chen, was du gerade treibst.«
Sie schnitt den Faden ab. Als der Albino zurückkam, um ihn abzuholen, erschien das Mädchen. Aber bevor sie ans Spinnrad treten konnte, hielt sie inne, den Kopf zur Seite gelegt; ein Stirnrunzeln erschien auf ihrem hübschen Gesicht. Der Albino trug einen Faden in den Händen. Das Mädchen nickte ernst und wurde zu der erwachsenen Frau, die ihm den Faden abnahm. Sie zog ihn durch die Finger und schloss die Augen. Eine einzelne Träne lief ihr übers Gesicht, als ihre Finger bis fast ans Ende des Fadens glitten. Die Frau wurde zu dem alten Weib, das auf das winzige Fadenende zwischen ihren Fingern hinuntersah.
»So jung«, murmelte sie und schnitt es ab.
Sie gab dem Albino das winzige Stückchen Garn z u rück, und er nahm es und verschwand in einer Gangmü n dung zu unserer Linken. Die alte Frau wurde zu dem Mädchen.
»Das ist also das Problem, von dem wir gehört haben«, sagte das Mädchen mit einer hohen, musikalischen Sti m me. »Und du steckst mit drin, Eve? Schockierend.«
»Hey, ich hab doch –«
Das Mädchen lächelte. »Gar nichts getan? Oder das u r sprüngliche Problem nicht verursacht? Wir sind uns über deine Unschuld bei Letzterem im Klaren, aber bei Erst e rem sind wir anderer Ansicht. Wie viele Regeln hast du heute gebrochen, Eve? Ich bin mir nicht sicher, ob ich so weit überhaupt zählen kann.«
»Sarkastische Gottheiten«, murmelte Eve. »Genau das, was jedes Jenseits braucht.«
Das Mädchen wurde zu der Frau. »Über deine Regelve r le t zungen unterhalten wir uns später, Eve. Im Moment –« Ihr Tonfall wurde weicher, als ihr Blick sich auf mich richtete. »Wir haben ein dringenderes Problem. Natürlich werden wir dich zurückschicken. Du wirst dich an deinen Besuch erinnern können. Wir manipulieren nur sehr u n gern die Erinnerung, und in deinem Fall sehen wir keine r lei Notwendigkeit dafür.« Ein Lächeln. »Du bist nicht der Typ, der die Erfahrung zu einem Enthüllungsbuch vera r beitet. Jetzt brauchen wir nichts weiter –«
»Wir brauchen Lucas«, sagte ich.
Eve versetzte mir einen Stoß mit dem Ellenbogen. Ich ign o rierte sie.
»Wir brauchen Lucas. Ich habe ihn –«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Er kann nicht gehen, Kind. Er ist gestorben. Er muss hierbleiben.«
»Nein, er ist nicht –«
»Wir wissen, dass du es nicht glauben willst, aber –«
»Wartet«, sagte ich, während ich beide Hände hob. »Ich bestreite die Tatsache, nicht die Schlussfolgerungen. Die Kugel hat Lucas getroffen, und er ist in dieses Portal g e stürzt.«
»Wir wissen, was passiert
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