Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
Babysitting?«
»Auto ist da«, meldete Clay von seinem Posten am Fenster.
»Na los, ihr zwei«, sagte Jaime. »Wir treffen uns dort.«
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Maskerade
D
ie Organisatoren des Wohltätigkeitsballs hatten sich für ein Maskenfest entschieden, weil der Te r min auf den Abend vor Halloween fiel. Aber statt des üblichen Halloweenprogramms hatten sich die Planer ein Th e ma einfallen lassen, das eher das Fantastische als das Erschr e ckende zum Au s druck brachte. Der Ballsaal war ringsum mit Schaufen s terpuppen in unvorstellbar aufwendigen Kostümen geschmückt, die Figuren aus Kinderbüchern darstellten: von der Herzkönigin über den Gestiefe l ten Kater bis zur Schwanenprinzessin. Papierdrachen bewac h ten den Ei n gang; ihre Köpfe nickten und schwankten in einem leichten Wind. Die Buffetttische waren fliegende Tepp i che, deren Muster von den Speisen gebildet wurde. Punsch floss aus dem Schnabel eines aus Eis g e formten Phönix, von hinten erleuchtet durch ein kleines Feuer. Die Flammen schmolzen den Vogel, wo r aufhin ein neuer Phönix aus der Schale weiter unten aufstieg. Es war eine prachtvolle Hommage an die Magie, und ich hätte es g e nossen … wenn ich in Gedanken nicht ununterbrochen bei einem mordgierigen Vampir gewesen wäre. Fabelw e sen bieten sich für fabelhafte Ei s skulpturen an, aber man möchte sie nicht zum Feind h a ben.
Die meisten Gäste trugen Kostüme, die thematisch noch weniger einzuordnen waren als meins – Designerkleider und Smokings in allen Farben des Regenbogens, schiller n de Körperbemalungen und kunstvoll gestaltete Masken – aber sie sahen grandios aus, und ich glaube, das war der Sinn der Sache.
Ebenso wie Lucas hatte Benicio sich für den klassischen schwarzen Smoking entschieden. Seine Maske allerdings war alles andere als klassisch – eine kunstvolle, handgema l te rote Teufelsfratze, die bis zur Oberlippe reichte und nur Mund und Kinn unbedeckt ließ. Die Maske war prach t voll, auch wenn sie nicht ganz Benicios üblichem zurückhalte n dem Stil entsprach. Nachdem wir die erste Verblü f fung überwunden hatten, mussten Lucas und ich zugeben, dass die Verkleidung höchst intelligent gewählt war. Mit dem schlichten schwa r zen Smoking und der leuchtend roten Maske konnte Benicio kaum in der Menge verloren gehen. Es würde nicht weiter schwierig sein, ihn im Auge zu beha l ten.
Außer Benicio waren von den Mitgliedern des Cortez-Clans nur noch William und seine Frau anwesend. Was Benicios eigene Ehefrau Delores anging, so war unsere Einladung offenbar mit dem automatischen Widerruf ihrer eigenen einhergegangen. Es war Delores nicht erlaubt, an einer Veranstaltung teilzunehmen, bei der die Möglichkeit bestand, dass Lucas anwesend sein würde. Ich möchte we t ten, sie war entzückt gewesen, an diesem Morgen zu erfahren, dass sie dem gesellschaftlichen Ereignis des Ja h res fernble i ben musste. Lucas zufolge war die Ehe von Benicio und Delores seit langem nur noch eine Formalität. Sie ha t ten getrennte Wohnungen und erschienen nur noch bei gesel l schaftlichen Anlässen gemeinsam. Und wenn ich ein gewisses Mitgefühl empfunden haben sollte, weil D e lores von der Wohltätigkeitsgala ausgeschlossen war, dann hätte ich mir nur ins Gedächtnis zu rufen brauchen, dass Benicio die Lucas- oder -Delores-Regel acht Jahre zuvor eingeführt hatte, nac h dem Delores versucht hatte, Lucas anlässlich des Abendessens zu Ehren seines Hig h school-Abschlusses zu vergiften.
Da ich gerade bei Familienmitgliedern bin, die Lucas gern tot gesehen hätten – der älteste Sohn, Hector, war in New York aufgehalten worden und würde die Veransta l tung heute Abend leider ebenfalls versäumen müssen. Wirklich ein Jammer. Ich wusste, eines Tages würde ich mich mit Hector auseinandersetzen müssen, aber in di e sem Fall galt ganz entschieden: je später, desto besser.
Benicio zu beobachten war einfach: Wie erwartet ließ er seinerseits Lucas nicht aus den Augen. Wir verbrachten die erste halbe Stunde damit, uns im Saal herumführen und, wie es mir vorkam, jedem Politiker und Wirtschaftsbaron des Bundesstaates vorstellen zu lassen. Ich weiß, ich hätte beei n druckt sein sollen, aber ich konnte den Gedanken nicht verdrängen, dass ich den Saal mit genau den Leuten teilte, die für das Wahldebakel von Florida und somit für die Präsiden t schaft von George W. Bush verantwortlich waren. Danach wollte sich die nötige Ehrfurcht einfach nicht mehr recht einstellen.
Während Benicio uns
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