Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
gebracht.«
Ich stieß eine Tür mit einer kleinen Drei darauf auf. »Die sind wahrscheinlich schon lebhaft genug.«
Jaime lachte. »Ich wette, das stimmt. Kannst du dir vo r ste l len –«
Sie brach ab, als wir das Zimmer betraten. Es war do p pelt so groß wie das Schlafzimmer in meiner Wohnung. Im vorderen Teil des Raums war ein Ledersofa mit zwei passe n den Sesseln um einen Sofatisch gruppiert. Weiter hinten stand ein großes Doppelbett. Ein Mädchen mit langem blondem Haar lag genau in der Mitte unter einer Steppdecke mit Sonnenblumenmuster. Ihre Augen waren geschlossen. Ein Verband verdeckte ihren Hals. Auf einer Seite des Bettes piepten diskret ein paar Maschinen, als wollten sie vermeiden, sie zu wecken.
Mir stockte der Atem. Wie konnte jemand –? Wie kon n te ihre Mutter –? Himmeldonnerwetter! Warum, warum, w a rum? Ich schloss die Augen, schluckte, ging zu Danas Bett hinüber und nahm ihre Hand.
»Heiliger Bimbam«, flüsterte Jaime. »Sie ist ein Kind!«
»Fünf–« Mir versagte schon wieder die Sprache. Ich ve r suchte es noch einmal. »Sie ist fünfzehn. Aber sie sieht klein aus für ihr Alter.«
»Fünfzehn? Jesus Christus. Als Lucas was von einem Mä d chen gesagt hat, dachte ich, na ja, er meint eine Frau. Ich hätt’s besser wissen sollen. Wenn Lucas Mädchen sagt, meint er ein Mädchen.«
»Ist das ein Problem?«
Jaime holte Luft, den Blick unverwandt auf Dana g e richtet. »Schwieriger, ja. Nicht die Kontaktaufnahme. Ich meine« – sie tippte sich mit einem makellos gefeilten Nagel an die Stirn – »hier oben. Was sagen denn die Ärzte?«
»Ihr Zustand ist stabil. Ob sie jemals wieder zu sich kommt – das wissen sie nicht.«
»Na, vielleicht finden wir’s heute Abend raus. Wenn sie übergetreten ist, werde ich’s wissen.«
Jaime ließ die Schultern kreisen, trat neben das Bett und umfasste das Geländer. Sie starrte auf Dana hinunter; dann schüttelte sie den Kopf, öffnete ihre überdimensionierte Handtasche und holte etwas heraus, das wie ein ebenso überdimensionierter Make-up-Beutel aussah.
»Ich rufe dich rein, wenn ich so weit bin«, sagte sie, o h ne aufzusehen.
»Ich hab Erfahrung mit diesen Sachen«, sagte ich. »Na ja, nicht viel, aber ich habe bei ein paar Beschwörungen assistiert. Wenn du mir die Räucherschale und die Krä u ter rübe r gibst, baue ich das schon mal auf, während du –«
»Nein.«
Das Wort kam scharf genug heraus, dass ich zusamme n fuhr. Jaime hielt ihren Beutel zu, als fürchtete sie, ich könnte ihn ihr aus den Händen reißen.
»Mir wäre es lieber, wenn du draußen im Gang wa r test«, sagte sie.
»Äh, klar. Okay. Ruf mich dann rein.«
Ich ging zur Tür und sah mich dann um. Sie stand i m mer noch da, hielt den Beutel fest und wartete. Ich stieß die Tür auf und trat hinaus in den Gang.
Na ja, ich sage ja, Nekromanten sind komische Typen. Ja i me mochte äußerlich nicht viel Ähnlichkeit mit dem typischen irre blickenden Nekro haben, aber bei einer Frau, die sich in Gegenwart einer Fremden auszieht, der gleichen Per son aber nicht gestattet, ihr bei einem B e schwörungsrit u al zuzusehen, durfte man sich schon seine Gedanken m a chen. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte, aus dem Raum verbannt zu werden. Ich wusste, was in diesem Gu c ci-Beutel steckte, und es war kein teurer Lippenkonture n stift.
Um die Toten zu beschwören, braucht man Artefakte des Todes. In diesem Beutel steckte alles Mögliche, von Graberde über Stückchen verschimmelter Leichentücher bis zu, na ja, toten Wesen … oder doch zumindest Teilen davon im Han d taschenformat. Das Handwerkszeug eines Nekromanten. Was mich sehr froh machte, eine Hexe zu sein und meine Formeln umgeben von duftenden Krä u tern, hübsch anzusehenden Edelsteinen und antiken Fili g rankelchen sprechen zu können.
Etwa zehn Minuten später rief Jaime mich wieder hi n ein. Als ich eintrat, saß sie an Danas Bett und hielt ihre Hand. Die meisten Nekromanten lassen ihre Gerä t schaften während einer Beschwörung draußen liegen, aber Jaimes Make-up-Beutel war samt seinem Inhalt wieder verschwunden. Nur die Räucherschale war noch da. Es roch nach Verbene; Nekr o manten verwenden sie, um traumatisierte Seelen zu rufen, etwa Mordopfer, oder die Seelen derjenigen, die nicht wissen, dass sie Geister sind.
»Es hat nicht funktioniert?«, fragte ich.
»Es hat funktioniert.« Jaimes Stimme war zu einem a n gestrengten Flüstern abgesunken. »Sie ist hier. Ich habe nicht –«,
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