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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Königin!<«
    Die
anderen lachten, um gleich darauf aufzustöhnen, als Jamie seine Karten fächerförmig vor ihnen ausbreitete. O'Brien hatte abermals gewonnen. Die Männer schmissen ihre Karten auf den
Tisch und standen auf. Jamie warf einen
Blick auf seine Taschenuhr. Fünf Uhr dreißig. In einer halben Stunde schloss
die Kneipe, also stürmten sicher in ein paar Minuten alle zu einer letzten Bestellung
zur Bar.
    Während
sich die anderen bereits anstellten, um ein letztes Bier zu ergattern, ließ Jamie unbemerkt die beiden Karten verschwinden, die er sich - für alle
Fälle - in den Ärmel geschoben hatte. Er zog an seiner dünnen langen Zigarre,
genehmigte sich einen Schluck aus seinem Whiskeyglas und ließ, ohne groß auf
den Fiedler zu achten, der gerade eine lustige irische Weise zum Besten gab,
seine Blicke über die lärmenden Stammgäste an den Tischen und am Tresen
schweifen. Er kannte sie alle, wenn auch nicht mit Namen, hatte ihresgleichen
in jeder Kneipe von Botany Bay bis
Fremantle erlebt. Sie waren allesamt Arbeiter - Matrosen und Schauerleute,
Dock- und Wanderarbeiter -, in Bretterbuden wie dieser Kaschemme fühlten sie
sich zu Hause. Und mit Ausnahme von Sal, der
Barfrau, gab es hier keine Frauen.
    Auch feine
Nichtstuer gab es keine. Das Land um den Adelaide-Fluss war größtenteils
Sumpfgebiet, weshalb man die Stadt sechs Meilen landeinwärts hatte entstehen
lassen. Wer also per Schiff nach Adelaide reiste oder von dort abfuhr, brauchte
zusätzlich eine Kutsche oder ein Pferd, um vom Hafen weg oder dorthin zu
kommen. Und um besagten Hafen mit seinem Wald von Masten und Spieren und
Takelage zu erreichen, musste man von dieser Kneipe aus nur ein kurzes Stück
der Straße folgen, vorbei an einer bescheidenen Holzkirche, die auf Pfählen im
Sumpf errichtet worden war und sich »St.-Paul-auf-den-Pfählen« nannte.
    Die Kneipe
war nicht die übelste, in der Jamie eingekehrt
war. Er hatte vielleicht nicht viel von der Welt gesehen, dafür umso mehr von
Australien. Seit er sich vor vier Jahren von einer Strafkolonne abgesetzt
hatte, trieb er sich herum, von einer Stadt zur nächsten, verdingte sich immer
mal wieder in einem Hafen oder auf einer Farm, erzielte hin und wieder mit
krummen Geschäften satte Erfolge, blieb nur an einem Ort, solange sein
richtiger Name nicht bekannt wurde. Einmal war er sogar bis in den hohen Norden
gelangt, nach Port Hedland, wo er auf dem Schiff von Perlentauchern anheuerte
und ständig mit der Angst lebte, von Haifischen gefressen zu werden. Danach
wechselte er auf einen Fischkutter über, der nach Carnarvon unterwegs war, bekam am Ende der Reise sogar seine Heuer ausbezahlt.
Von Carnarvon aus begab er sich auf die Suche
nach Gold in den Coonardoos, und als der Erfolg ausblieb, schloss er sich einem
Wanderzirkus an. »Lassen Sie sich auf eine Runde mit dem Iren ein«, erging die
Aufforderung vor dem Boxzelt. Aber keiner der Männer vor Ort bezwang Jamie - er war für sie zu zäh und zu schnell.
    Als er
jetzt seinen Gewinn zählte, schweiften seine Gedanken wie seit Tagen immer
wieder ab, zum einen zu dem verborgenen Schatz, zum anderen zu der kleinen
Hebamme, der er vor einem Jahr auf dem Gelände von Lulu Forchette begegnet war.
    Nach jenem
zufälligen Treffen hatte Jamie Adelaide
verlassen, weil ein Schwindelunternehmen aufgeflogen war und die Polizei Wind
davon bekommen hatte. Aber jetzt war er zurück und auf dem Weg nach Norden, in
ein Gebiet, das noch kein Weißer betreten hatte, und da war ihm die Hebamme
wieder eingefallen.
    Sie hatte
nicht reagiert, als er ihr seinen Namen genannt hatte. Meist wollten Frauen,
die wussten, wer er war, unbedingt Geschichten von seinen Gaunereien hören und
wie er wohlhabende Städter um ihr Geld erleichtert hatte. Als wirklich
kriminell erachtete sich Jamie nicht,
vielmehr bezeichnete er sich als »ehrlichen Lügner« und beteuerte der jeweils
umworbenen Dame, nach zwei eisernen Grundsätzen zu leben: niemals jemanden zu
beklauen, der weniger besaß als er selbst, und nie jemanden auszutricksen, der
dies nicht verdiente.
    Er dachte
wieder an die hübsche Hebamme, die da ganz ruhig und unbeirrt im Mondlicht vor
ihm gestanden und ihn arglos, wie auf einem kirchlichen Gemeindetreff,
angeschaut hatte. Aufrichtig. Weder arglistig noch auf Schmeicheleien aus.
Nicht verlegen, ohne Rechtfertigung, weshalb sie sich an einem Ort mit
zweifelhaftem Ruf aufhielt. Wie sie wohl über seinen Beruf dachte, über die
harmlosen Gaunereien, denen

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