Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
Vom Netzwerk:
rufen, obwohl ich auf meine Ausbildung und
Erfahrung hingewiesen habe. Nur hin und wieder, wenn weit und breit kein Arzt
zur Verfügung steht oder anderweitig unterwegs ist, springe ich ein. Im Grunde
aber ist meine Tätigkeit auf die einer Hebamme beschränkt. Trotzdem gebe ich
nicht auf. Irgendwie werde ich es schon schaffen, mir etwas Eigenes zuzulegen.«
    Schweigend
und nachdenklich hörte Neal ihr zu. Wie konnte er ihr verständlich machen, dass
die Rastlosigkeit, die ihn dazu getrieben hatte, Boston zu verlassen, zusehends
größer wurde? Dass je mehr Unbekanntes lockte, er umso mehr das Bedürfnis
hatte, es zu ergründen? Sein Einsatz auf der Borealis hatte nicht nur seinen Forscherdrang nicht
befriedigt, sondern ihn noch gesteigert. Bedrückt stellte er fest, dass sie
sich in den siebzehn Monaten nach ihrem Lebewohl beide verändert, dass ihre
Wege unterschiedliche Richtungen eingeschlagen hatten, und bei dem Gedanken,
dass Hannah entschlossen war, sesshaft zu werden, während er selbst seinem
Entdeckertrieb nachgehen wollte, erschrak er: Bestand denn für sie beide
überhaupt noch Aussicht auf ein gemeinsames Leben?
    Eigentlich
war das nur möglich, wenn einer von ihnen seinen Traum aufgab.
    Ursprünglich
hatte Neal vorgehabt, Hannah zu bitten, mit ihm zu kommen, sich Sir Reginalds
Expedition anzuschließen und mit ihm durch das unbekannte Herz Australiens zu
ziehen. Aber war es nicht auch vorstellbar, dass Hannah ihn bitten wollte, bei ihr zu bleiben, etwas Land zu kaufen,
sesshaft und Teil dieses neuen Landes zu werden? Beides unter einen Hut zu
bringen ging nicht.
    »Erzähl
mir etwas über die Expedition«, sagte sie, als sie bemerkte, wie sich
unversehens und für sie unverständlich bei ihm Nacken und Kinnpartie
anspannten.
    »Wir
werden durch die Nullarbor-Ebene ziehen«, sagte er, »ein flaches, fast baumloses
dürres Land im Westen von Adelaide. Dem Vernehmen nach recht trostlos. Der
Begriff Nullarbor stammt aus dem Lateinischen und bedeutet >keine Bäume<.
Man nimmt an, dass sich dereinst dort ein riesiges Meer erstreckte, das aber
längst ausgetrocknet ist.«
    »Rechnet
ihr damit, dass es gefährlich werden könnte?«, fragte Hannah nach. Die
Vorstellung von einem riesigen ausgetrockneten Meer namens Nullarbor behagte
ihr keineswegs.
    »Die
Expedition ist zwingend und muss durchgeführt werden.« Dass schon andere zu derartigen
Unternehmungen aufgebrochen und nicht wieder zurückgekehrt waren, erwähnte er
nicht. »Es geht dabei nicht nur um Erkundung, sondern auch um eine Bestandsaufnahme
der Bodenschichten für die weitere Expansion. Landvermesser und Geologen werden
teilnehmen, und was dringend gebraucht wird, ist ein guter Fotograf. Und der
bin ich. Sir Reginald ist ein sehr erfahrener Mann, hat Bücher über seine
Forschungsreisen verfasst. In meinem Lieblingsbuch schreibt er über einen
grauenhaften Vorfall am Khyberpass. Als während der Kriege gegen Afghanistan
die Briten von Indien aus in Afghanistan einfielen, war Sir Reginald
Heeresberater, und dank seiner raschen Lagebeurteilung konnte Schlimmeres
verhütet werden. Also ja, was wir vorhaben, ist ein nicht ungefährliches Unterfangen,
aber der Expeditionsleiter hat mein uneingeschränktes Vertrauen.«
    Die
Unterhaltung verstummte, keinem der beiden war nach Reden zumute, jeder
versuchte, seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Außerdem wurde der Verkehr
dichter, und es drängten sich zusehends mehr Häuser aneinander, bis sie die
Stadt selbst erreichten.
    Das Clifford Hotel an der North Terrace, einer von
Grünanlagen umgebenen eleganten Straße am Flusslauf des Torrens, war ein
zweistöckiges Gebäude aus landestypischen Blausteinquadern, das sich seiner
zwanzig Zimmern rühmte und sogar über »Restauration und Wäschedienst«
verfügte. Neal lenkte den Wagen nach hinten, in den Hof, einem geschäftigen
Geviert mit Ställen und Pferden. Dort trafen sie auch Fintan an, den Assistenten,
den Neal angeheuert hatte, der damit beschäftigt war, Proviant, Neals
Instrumente und seine Fotoausrüstung im Planwagen zu verstauen.
    Noch nie
hatte Hannah einen so schönen jungen Mann gesehen. Fintan besaß große
seelenvolle Augen, eingerahmt von den längsten Wimpern, die sie je bei einem
Mann gesehen hatte; sein Mund glich dem eines Cupido, sein Kinn zierte ein
Grübchen, und sein tiefschwarzes Haar ringelte sich in tausend Löckchen. Die
Herzen der Frauen mussten bei seinem Anblick einfach schmelzen, überlegte sie.
Dennoch schien er eher

Weitere Kostenlose Bücher