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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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Sammelsurium aus Schubladen und Regalen, die bestückt
waren mit Flaschen, Zinnkanistern, Cremeschachteln und Apothekengefäßen - blau-weiße
Delft-keramik, beschriftet mit Schwefelsäure,
Lavendelgeist, Rizinusöl. Auf dem langen Verkaufstisch stand
ein Mörser mit Stößel, überall prangte das Zeichen RX für
verschreibungspflichtige Medikamente; ferner sah man riesige Glasgefäße, in
denen Blutegel schwammen, Messingwaagen mit der Größe nach angeordneten
Gewichten sowie die kleinen Statuen von zwei jungen Männern in altchristlichen
Gewändern: die beiden Heiligen Cosmas und Damian, Zwillingsbrüder, die in ihrer
Zeit als Ärzte tätig gewesen waren und den Märtyrertod erlitten hatten.
    Hans
Krüger, ein kleiner rundlicher Mann mit spiegelblanker Glatze, kam von hinten
aus seinem Laden und lächelte augenblicklich, als er Hannah erkannte.
    »Ah, Sie
sind's, Fräulein«, hob er an und erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, die
Serviette unter seinem feisten Kinn abzuziehen, in seine Jackentasche zu
stopfen und seinen Hemdkragen zurechtzurücken. Ein schwacher Geruch nach Wurst
und Sauerkraut blieb dennoch in der Luft hängen.
    »Ihre
Bestellung ist fertig«, sagte er. Miss Conroy kam regelmäßig in seinen Laden,
um Einkäufe zu tätigen, die für eine Dame eher ungewöhnlich waren: Chlor,
Lauge, Kupfersulfat, Ammoniakverbindungen. Wollte sie etwa ein neuartiges
Reinigungsmittel herstellen?, hatte sich Mr. Krüger gefragt, schon weil sich
heutzutage so gut wie jeder an Erfindungen versuchte. Unter der Bevölkerung von
Adelaide gab es viele, die ständig mit neuen Ideen aufwarteten, darunter auch
Damen wie Miss Conroy. Kein Wunder bei dem Dreck, den die Pferdehufe auf Hosen
und Röcke verspritzten; vor allem Frauen klagten darüber, dass es ihnen unmöglich
sei, auf diesen schmutzigen und mit Pferdedung übersäten Straßen ihre
Rocksäume sauber zu halten. Ein gutes Waschmittel konnte dem, der es
entwickelte, Reichtum bescheren.
    »Hier,
bitte sehr«. Damit übergab er ihr die Flasche mit dem dunkelroten
sirupähnlichen Inhalt, der sich in Wasser oder Alkohol auflösen würde. »Wie
geht's mit den Experimenten voran?« Er war bass erstaunt gewesen, als er sich bei ihrem letzten Besuch höflich
erkundigt hatte, woran genau sie denn arbeite, und sie, anstatt wie andere ein
Geheimnis daraus zu machen, erwidert hatte, es gehe bei ihr um eine
antiseptische Tinktur.
    »Es will
mir einfach nicht gelingen, auf die richtige Formel zu kommen, Mr. Krüger.« Und
fast trotzig hatte sie hinzugefügt: »Aber ich gebe nicht auf«, ohne ihren
Worten selbst so recht zu trauen. Nachdem sie alle Jod-Rezepte ihres Vaters
gemischt und getestet und nicht das richtige gefunden hatte, stand sie vor der
entmutigenden Aufgabe, nochmals von vorn anzufangen.
    Aber es musste sein. In den neun Monaten ihrer Tätigkeit hatte sie sich
den Ruf als »auf Sauberkeit bedachte« Hebamme erworben, und in der Tat war es
zu keiner einzigen Infektion gekommen. Dementsprechend erweiterte sich der
Kreis ihrer Patientinnen zusehends. Jetzt stand zu befürchten, dass ohne die
Jodformel ihr erfolgreiches Wirken beeinträchtigt werden könnte und ihre
Patientinnen das Nachsehen hätten.
    »Haben Sie
etwas gegen raue Hände?«, fragte sie, als sie die Flasche in ihrer Tasche
verstaute.
    »Sie
probieren die Versuchsformeln doch nicht etwa an sich selbst aus!«
    »Das ist
aber die einzige Möglichkeit, um zu beurteilen, ob eine Tinktur der Haut eines
Patienten zuträglich ist.«
    Mr. Krüger
holte aus einem Schrank ein kleines Gefäß. »Ich habe mit scharfen Chemikalien
zu tun und finde, dass diese Creme einen guten Schutz bietet.«
    Was für
eine hübsche junge Dame, dachte er, als Hannah für ihren Einkauf bezahlte. Er
hatte schon mal mit dem Gedanken gespielt, ihr seinen Sohn vorzustellen, der
gerade einen Weinhandel eröffnet hatte und im gleichen Alter wie Miss Conroy
war. Als er sie dann aber näher kennenlernte, sah er ein, dass die Hebamme aus
London, so charmant sie auch war und so gern er sie zur Schwiegertochter gehabt
hätte, ein wenig zu klug und gebildet war und sicherlich zu eigenständig, um
für den Rest ihres Lebens in eine Küche verbannt zu werden.
    Wieder
draußen auf der Straße, wandte sich Hannah dem neuen Kiosk zu, dem eigentlichen
Ziel ihres Besuchs in der Stadt. Sie wollte nachsehen, ob es Neuigkeiten über
die Oliphant-Expedition gab.
    Obwohl Sir
Reginald versucht hatte, sein gewaltiges Vorhaben geheim zu halten, war es
bekannt

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