Word-OleSte-DerTou
einem Schuss in die Stirn. Dann durchsuchte er die Leiche und nahm das Handy und das kleine Autoentsperrgerät an sich, das er bei Einner so bewundert hatte.
Er marschierte durch die Tür hinaus, vorbei an Graingers Leiche, direkt in den Wald. Dort übergab er sich. Als er im Laub kauerte, wurde ihm klar, dass das keine normale Übelkeit war, wie sie jemanden beim Anblick eines Toten überfällt. Es war die Mischung aus zu viel Adrenalin und zu wenig Essen. Das fand er noch verstörender als die Toten. Er reagierte nicht einmal mehr wie ein normaler Mensch.
Er starrte auf das Erbrochene im Gras. Sein Fühlen und Denken war wieder haargenau wie bei einem Touristen. Völlig aus dem Gleichgewicht.
Während er einerseits schier verzweifelte, kalkulierte der Tourist in ihm bereits die nächsten Schritte. Es kostete ihn nicht einmal Überwindung. Mit dem Handrücken wischte er sich den Mund ab und kehrte ins Haus zurück.
Fünf Minuten später beobachtete er mit Graingers Autoschlüsseln in der Hand durch das zerbrochene Wohnzimmerfenster den kleinen Postwagen, der über die Spuren in der Auffahrt hoppelte, bis Graingers Leiche in Sicht kam. Der Wagen stoppte abrupt, und ein dicker Mann in weißer Uniform kletterte heraus. Als er die Hälfte der Strecke bis zu dem Toten zurückgelegt hatte, machte er auf dem Absatz kehrt und rannte zurück. Er warf sich in den Wagen, wendete in einer Staubwolke und raste davon.
Zehn Minuten, Maximum.
Milo öffnete die Haustür und wuchtete Tripplehorns in Mülltüten gewickelte Leiche über die Treppe hinunter zu Graingers Mercedes. Er verstaute den Touristen im Kofferraum und setzte sich hinters Steuer. In hohem Tempo raste er zur Hauptstraße und bog rechts in Richtung der Berge ab. Irgendwo weit hinter ihm näherte sich das leise Heulen von Polizeisirenen.
Weiter oben an der Route 23 fand er eine passende Stelle, um die Leiche zu entsorgen. Kurz darauf meldete sich Tripplehorns Handy auf dem Beifahrersitz mit leisem Piepen. UNBEKANNTER ANRUFER. Beim vierten Klingelton ging er ran, ohne etwas zu sagen.
»Der Amerikaner reichte Leamas.« Es war Fitzhughs Stimme. Milo zögerte kurz. Er war sich nicht ganz sicher, ob er den Text richtig im Kopf hatte. Möglichst ohne Akzent flüsterte er: »Noch eine Tasse Kaffee.«
»Erledigt?«
»Ja.« »Beide?« »Ja.« »Probleme?« »Nein.«
Ein Seufzen. »Gut. Spannen Sie ein bisschen aus. Ich melde mich.«
Als Milo ausschaltete, fiel ihm ein, woher der Code stammte. Der Spion, der aus der Kälte kam.
Der Amerikaner reichte Leamas noch eine Tasse Kaffee und sagte: »Warum gehen Sie nicht heim und legen sich schlafen?«
Das würde ich jetzt auch gern machen.
42
Sie waren zu dritt und wechselten sich ab. Der Stämmige, der die Schicht bis zum frühen Morgen hatte, trug einen Schnauzer, als hätte er das Ende der Siebziger irgendwie verpasst. Sie hatte ihn George getauft. Jake bewachte das Haus von ungefähr sechs Uhr früh bis zwei Uhr nachmittags. Er war ein schlaksiger Typ mit Glatze, der immer einen dicken aufgeschlagenen Roman aufs Lenkrad drückte. Im Moment hatte gerade der Dienst, der für sie Will geheißen hatte, bis sie am Montagnachmittag mit einem großen Becher L imonade zu der roten Limousine marschiert war und seinen echten Namen erfuhr.
Er beobachtete sie durch seine undurchdringliche Fliegerbrille und richtete sich auf, als er merkte, dass sie direkt auf ihn zusteuerte. Er riss sich die Ohrstäpsel heraus, die sie an Milo und seinen iPod erinnerten, und ließ das Fenster herunter.
»Guten Tag«, begrüßte sie ihn. »Ich dachte, Sie haben vielleicht Durst.«
Er war verwirrt. »Ich ... äh ... ich brauche nichts.«
»Jetzt seien Sie doch nicht so steif.« Sie zwinkerte ihm zu. »Und nehmen Sie die Brille ab, damit ich Ihre Augen sehen kann. Jemandem ohne Augen kann man nicht trauen.«
Er setzte die Brille ab und blinzelte in die Sonne. »Wirklich, dass kann ich nicht ... «
»Bitte.« Sie schob den Becher durchs Fenster, so dass er danach greifen musste, wenn er das Zeug nicht auf den Schoß geschüttet haben wollte.
Vorsichtig schaute er sich um, als hätte er Angst vor Zeu gen. »Danke.«
Sie richtete sich wieder auf. »Haben Sie auch einen Namen?« »Rodger.«
»Rodger, gut. Meinen Namen kennen Sie natürlich schon.« Verlegen nickte er.
»Bringen Sie uns den Becher wieder, wenn Sie ihn leer getrunken haben.«
»Mach ich.«
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, fragte Miguel, der auf dem Sofa lag und den
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