History Channel anschaute, warum sie so vergnügt aussah.
Sie hatte sich an etwas erinnert, was Milo über Feinde gesagt hatte. Er sprach zwar nur selten über seine Erlebnisse als Außendienstagent, aber manchmal entschlüpfte ihm ein kleiner Aphorismus. Sie hatten sich im Fernsehen einen alten Film angeschaut. Zwei gegnerische Agenten, die in der ersten Hälfte ständig aufeinander geschossen hatten, saßen friedlich in einem Cafe zusammen und unterhielten sich über alles, was passiert war. »Das kapier ich nicht«, hatte sie gemeint, »wieso erschießt er ihn nicht?«
»Weil es nichts bringt«, antwortete Milo. »Es hat keinen Sinn mehr, ihn zu töten. Wenn sie sich nicht an die Gurgel gehen müssen und die Umstände es erlauben, plaudern Spione gern miteinander. Auf diese Weise erfährt man Dinge, die später nützlich sein können.«
Eine knappe Stunde später klopfte Rodger an die Tür.
Hanna ging hin und musterte ihn erstaunt. »Ist das mein Becher?«
Er bejahte und reichte ihn ihr. Tina kam dazu und rief: »Kommen Sie doch rein, Rodger.«
»Ich glaube nicht, dass das eine ... «
»Sie müssen doch dafür sorgen, dass ich nicht heimlich weglaufe, oder?«
Er räusperte sich. »Das stimmt nicht ganz. Wir passen nur auf Sie auf.«
Hanna verstand nichts. »Was?«
»Schön gesagt.« Tina lächelte. »Das war nur ein Witz, Rodger, bitte. Es ist heiß da draußen.«
Und so kamen sie ins Gespräch. Tina schenkte ihm noch eine Limonade ein, und sie setzten sich an den Küchentisch. Ihre Eltern zogen sich diskret zurück. Es sollte wirklich kein Verhör sein. Sie gab nur zu, dass sie keine Ahnung hatte, was da eigentlich los war. Es war ihr doch nicht zu verdenken, wenn sie neugierig war. Rodger konnte ihr leider nichts verraten und blieb zurückhaltend, auch wenn er noch eine dritte Limonade akzeptierte.
»Ich weiß, was sie glaubt«, fuhr Tina fort. »Ihre Chefin, Janet Simmons. Sie hat mir erzählt, dass mein Mann ein Mörder ist. Ich meine, können Sie sich darauf einen Reim machen? Wieso sollte er eine seiner ältesten Freundinnen töten?« Sie schüttelte den Kopf. »Was hätte das denn für einen Sinn?«
Er zuckte mit den Achseln, als wäre das alles viel zu kompliziert für einen schlichten Mann wie ihn. »Hören Sie«, sagte er schließlich, »ich bin nicht Ihr Feind. Special Agent Simmons versteht was von ihrem Job; sie hat große Erfahrung. Nach allem, was sie erzählt, hat sie klare Beweise. Und dann ist er ja immerhin geflohen.« Er kehrte die Handflächen nach außen. »Mehr weiß ich nicht.«
Und so war es offenbar auch - das sah sie seinem naiven Gesicht an. Sie fühlte sich wie in einem Starbucks, wenn sie eine Kassiererin anpflaumte, obwohl sie eigentlich irgendeinen nicht anwesenden Manager hätte zusammenstauchen müssen.
Was konnte sie also tun? Einfach warten in der Hoffnung, dass sich Milo meldete? Bei seinem letzten Anruf war sie unfair zu ihm gewesen, und das hatte ihr noch die ganze nächste Woche nachgehangen. Wo mochte er sein? War er überhaupt noch am Leben? Wirklich, diese Ahnungslosigkeit war einfach schrecklich.
Dann, am Dienstagabend, passierte es. Eine Botschaft. Sie traf über ihr Columbia-Konto ein, eine E-Mail, die auch an zwanzig andere Empfänger ging, um zu verschleiern, dass sie nur für sie bestimmt war. Das schloss sie aus der Tatsache, dass die anderen Adressen subtile Falschschreibungen enthielten. Der Absender war
[email protected]. Die Nachricht lautete:
WG: Texas-Barbecueparty! Liebe Freunde,
zur Feier von Drews neunzehntem Geburtstag seid ihr alle zu einem ECHTEN Texas-Barbecue eingeladen, und zwar am 19. Juli um 18.00 Uhr in Lorettas Hinterhof. Das wird ein Riesenspaß!
Jane & Stu Kowalski
Sie und Milo kannten die Kowalskis von Stephanies Schule, aber ihr Sohn Drew war erst sieben. Sie klickte auf ANTWORTEN und schrieb, dass sie leider nicht kommen konnte, weil sie gerade ein paar Tage in Texas war. Als kleine Entschädigung versprach sie, ihnen bei Gelegenheit echte Texas-Barbecuesoße mitzubringen.
Jetzt war es Donnerstag, fünf Uhr. Höchste Zeit. Stephanie war bei Hanna und spielte Chutes and Ladders, während Miguel sich wieder mal die Börsennachrichten im Fernsehen anguckte. Sie schnappte sich seine Schlüssel und schüttelte sie. »Kann ich den Lincoln nehmen? Ich will nur schnell Eis holen.«
Sein Blick löste sich von der Mattscheibe. »Soll ich mitkommen?«
Sie schüttelte den Kopf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Dann