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auf den Schreibtisch, dass der Computerbildschirm wackelte. »Also, dann arrangieren wir mal einen Gesprächstermin. «
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Der Sheriff hatte drei Betrunkene und zwei Frauenmisshandler in die Gruppenzelle verfrachtet, so dass Samuel Roth allein in dem kleinen Betonraum ohne Fenster saß. Milo spähte durch die vergitterte Luke in der Stahltür. An der Decke brannte eine Neonröhre und beleuchtete die schmale Pritsche und die Aluminiumtoilette.
Seine Suche nach dem Tiger obsessiv zu nennen, wäre nach Graingers Auffassung eine Untertreibung gewesen. 2001 hatte er sich in Wien von seinen Schussverletzungen erholt und vom Tourismus zurückgezogen. Während sich seine Kollegen der Fahndung nach dem berühmtesten Muslim der Welt irgendwo in Afghanistan widmeten, beschloss Milo, sein Augenmerk auf die eher chirurgisch operierenden Kräfte des Terrorismus zu richten. Terrorakte waren ihrer Natur nach brutal und unsauber. Doch wenn jemand wie bin Laden oder al-Sarkawi eine bestimmte Person beseitigen wollten, wandten sie sich wie alle anderen an Profis. Und im Attentatsgeschäft gab es nur wenige, die dem Tiger das Wasser reichen konnten.
Im Verlauf der vergangenen sechs Jahre hatte er an seinem Arbeitsplatz im zweiundzwanzigsten Stock des Company - Büros an der Avenue of the Americas den Weg dieses Phantoms durch die Städte dieser Welt verfolgt, war ihm aber nie so nahe gekommen, dass es für eine Verhaftung gereicht hätte.
Und hier war er nun, der Mann aus der peinlich dünnen Akte, die Milo auswendig kannte. Er hockte bequem auf seiner Pritsche, mit dem Rücken an der Wand, die Beine ausgestreckt und an den Knöcheln überkreuzt. Samuel Roth alias Hamad al-Abari alias Fabio Lanzetti - sie kannten noch fünf weitere Namen. Der Killer achtete nicht darauf, wer ihn da von draußen anstarrte; auch als Milo die Zelle betrat, blieb er mit verschränkten Armen sitzen.
»Samuel.« Milo hörte, wie der Deputy hinter ihm abschloss. Er näherte sich dem Mann nicht, sondern wartete ab, bis der ihn ansah.
Trotz des Lichts, das harte Schatten warf und seiner Haut einen gelblichen Stich verlieh, war die Ähnlichkeit mit den drei Fotos in der Akte unverkennbar. Eins stammte aus Abu Dhabi und präsentierte ihn als al-Abari, die Gesichtszüge halb verdeckt von einem weißen Turban. Auf dem zweiten unterhielt er sich als Lanzetti in einem Mailänder Cafe am Corso Sempione mit einem rotbärtigen Mann, den sie nicht hatten identifizieren können. Das dritte war von einer Überwachungskamera vor einer Moschee in Frankfurt aufgenommen worden, wo er unter einem schwarzen Mercedes eine Bombe deponiert hatte. Alle Bilder zeigten diese dichten Brauen und die eingefallenen Wangen, die pechschwarzen Augen und die hohe, schmale Stirn. Manchmal verdeckte ein dichter Bart Teile des Gesichts, doch jetzt waren seine einzige Maske Dreitagestoppeln, die bis hinauf zu seinen Wangenknochen reichten. Seine Haut war fleckig und abgeblättert von einem alten Sonnenbrand.
Milo verharrte neben der Tür. »Samuel Roth - bleiben wir erst mal bei diesem Namen. Er lässt sich wenigstens leicht aussprechen. «
Roth blinzelte nur.
»Sie wissen, warum ich hier bin. Das hat nichts mit ihren Frauenproblemen zu tun. Ich will wissen, weshalb Sie sich in den USA aufhalten.«
» XXX (Russisch) ?« Roths Worte klangen wie: Budut vami? Milo verzog das Gesicht. Er musste wohl mitspielen. Zumindest hatte ein Sprachwechsel den Vorteil, dass die J ungs aus Tennessee nichts von diesem Gespräch mitbekamen. Er antwortete auf Russisch: »Ich bin Milo Weaver von der CIA.«
Samuel Roth wirkte, als hätte er noch nie so einen lustigen Namen gehö rt.
»Was ist?«
»Entschuldigung«, sagte Roth auf Englisch und hob die Hand. »Selbst nach dieser ganzen Prozedur habe ich nicht erwartet, dass es funktioniert.« Sein Akzent war verschliffen und keinem Herkunftsland zuzuordnen.
»Was haben Sie nicht erwartet?«
»Ich kann von Glück reden, dass ich mich überhaupt noch an Sie erinnere. In letzter Zeit werde ich nämlich ziemlich vergesslich. «
»Wenn Sie meine Fragen nicht beantworten, wende ich Gewalt an. Dazu bin ich autorisiert.«
Der Gefangene riss die Augen auf; sie waren blutunterlaufen und müde.
»Wenn Sie das Risiko eingehen, hier einzureisen, dann kann es dafür nur einen Grund geben. Wen sollen Sie umbringen?«
Roth kaute auf der Innenseite der Wange und bemerkte in lakonischem Tonfall: »Vielleicht dich, Kumpel.«
»Wir haben Sie seit Barcelona verfolgt -
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