Word-OleSte-DerTou
Reiseführer. Solch einen Sicherheitsverstoß konnte nicht einmal Grainger verantworten. Aber es lag ein Bericht über sein Verschwinden im Jahr 1996 bei, allerdings wurde er darin mit seinem Touristennamen Ingersoll bezeichnet.
Letzter bekannter Aufenthaltsort: Berlin, eine Wohnung in der Frobenstraße. Nachdem er eine Woche lang versucht hatte, wegen einer neuen Operation mit ihm Kontakt aufzunehmen, schickte Grainger (der die Abteilung Tourismus damals erst seit zwei Jahren leitete) Lacey vorbei, um ihn aufzuspüren. Das Apartment war vollkommen leergeräumt. Grainger fragte bei Fitzhugh an, ob er von Harris gehört hatte. Das war nicht der Fall. Daraufhin wurde Lacey auf die Spur von Ingersoll/Harris gesetzt.
Fast eine Woche lang führte Lacey Gespräche mit Leuten aus Harris' Umgebung und stieß schließlich auf einen gestohlenen Trabant, mit dem Harris nach Prag gefahren war, um ihn dort stehenzulassen. Aus Berichten der tschechischen Polizei, die Grainger anforderte, ging hervor, dass zwei Straßen von dem Trabant entfernt ein anderes Auto - ein Mercedes - verschwunden war. Dieser Hinweis lotste Lacey in westliche Richtung nach Österreich, wo Decker zu ihm stieß. In Salzburg fanden sie den abgestellten Mercedes. In beiden Fällen waren alle Fingerabdrücke im Fluchtauto weggewischt worden. Dies allein besaß schon eine gewisse Aussagekraft, denn hinter so viel Gründlichkeit musste man einen Touristen vermuten.
Die Fährte verlor sich in Mailand, wo die generelle Häufigkeit von Autodiebstählen eine Verfolgung unmöglich machte.
Durch reines Glück stießen sie drei Monate später in Tunesien wieder auf seine Spur. Decker hatte gerade einen Auftrag erledigt und genoss seinen Urlaub im Hotel Bastia in L'Ariana am Golf von Tunis. Bei der Arbeit mit Lacey hatte er sich ein Foto von Ingersoll/Harris eingeprägt, und genau dieses Gesicht stach ihm im Restaurant des Hotel Bastia ins Auge. Der Mann mit Harris' Gesicht aß Suppe und starrte hinaus aufs Wasser. Decker marschierte hinauf in sein Zimmer, um seine Pistole zu holen. Doch als er zurück ins Restaurant kam, war Harris verschwunden. Vier Minuten später brach er in Harris' Zimmer ein. Es war leer.
Decker rief in Tunis an und wies die Botschaft an, Bahnhöfe, Häfen und Flughafen zu überwachen. Ein junger Mann, der gerade aus dem Finanzwesen in den Sicherheitsdienst gewechselt war, meldete, dass er Harris am Flughafen Carthage gesehen hatte. Als Decker dort auftauchte, entdeckte er vor der Herrentoilette eine Traube von Polizisten, die die Leiche des jungen Mannes untersuchten. Er war erdrosselt worden.
Decker gab eine Liste mit möglichen Reisezielen durch falls Harris tatsächlich geflogen war -, zu denen unter anderem Lissabon, Marseille, Bilbao, Rom und Tripolis gehörten. Grainger nahm Kontakt zu Touristen in den jeweiligen Regionen auf und befahl ihnen, alles stehen und liegen zu lassen und an diesen Flughäfen Stellung zu beziehen. Erst am nächsten Tag, nach der Entdeckung von Brambles Leiche am Flughafen Portela, erfuhren sie, dass Harris nach Lissabon geflogen war.
Erst kurz vor eins war Milo mit der Akte durch. Es war frustrierend, dass er morgen völlig kaputt sein würde, aber andererseits durch das Wachbleiben nichts wirklich Neues erfahren hatte.
Nachdem er sich ausgiebig gestreckt hatte, schenkte er sich ein großes Glas Wodka ein und steckte ein Feuerzeug in die Tasche. In Sandalen trat er mit der Akte und dem Wodka hinaus ins Treppenhaus und kletterte hoch zur Dachluke. Draußen ließ er den Blick über die Häuser in Park Slope bis zum schwach erleuchteten Prospect Park gleiten und nahm einen kleinen Schluck aus dem Glas. Dann legte er die Akte auf das Betondach und schlug sie auf, um sie mit Wodka zu tränken.
Schließlich zündete er seinen kleinen Scheiterhaufen an.
Während er auf die Flammen und die Asche starrte, die vom Wind weggeweht wurde, dachte er darüber nach, wo er selbst gerade gewesen war, als Harris seinen Wechsel auf den freien Markt vollzog. In Wien. Zusammen mit Frank Dawdle, dem damaligen Basisleiter, hatte er die Liquidierung eines pensionierten Ostblock-Generalleutnants namens Brano Sew geplant. Dawdle war nervös gewesen, das wusste er noch - ein alter Mann, der in den Siebzigern seinen letzten Außeneinsatz erlebt und seit den Achtzigern hinter dem Schreibtisch gesessen hatte -, aber zugleich auch aufgeregt darüber, dass er wieder bei einer Operation mitmachen sollte, wenn auch nur als Helfer. Dawdle
Weitere Kostenlose Bücher