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Sicherheitsvorschriften hinweg und kopierst das? Ich wollte doch sowieso ins Büro kommen.«
Grainger wischte sich die Stirn. »Soll vielleicht bekannt werden, dass du diese Akte gesehen hast? Hältst du das für sinnvoll?«
»Meinst du, Fitzhugh überprüft die Bibliothekslisten?« »Da wette ich drauf.«
Ein junger Golden Retriever schnupperte aufgeregt an Graingers Fuß. Er hing an einer langen Leine, die in der Hand der einen Hälfte eines schwulen Paars endete. Tadelnd rief der Dunkelhäutige: »Ginger, lass den Mann in Ruhe!«
»Tut mir leid«, fügte sein asiatischer Partner hinzu. »Ich sage schon die ganze Zeit, dass er besser erzogen werden muss.«
»Nichts muss er«, fauchte der andere.
»Schon gut«, erwiderte Grainger, ganz der verwirrte alte Mann.
Plötzlich wünschte sich Milo, ihr Gespräch hätte nicht zwischen all diesen Familien stattgefunden, sondern im Büro. »Hör mal.« Grainger blickte dem schwulen Paar nach. »Wegen deinem Urlaub.«
»Fang bloß nicht damit an.«
»Das ist so ungefähr der ungünstigste Zeitpunkt dafür, dass du nach Florida abhaust.«
Milo schüttelte den Kopf. »Wie Fitzhugh gesagt hat, der Fall steckt in einer Sackgasse. Vinterberg wird bestimmt nicht wieder bei der Union Bank of Switzerland aufkreuzen, schließlich muss er den Tiger nicht mehr bezahlen. Angela wird keine Geheimnisse an die Chinesen verraten, weil sie tot ist. Die Franzosen können den Mord an ihr auch allein untersuchen und uns dann Bescheid geben. Sobald ich wieder zurück bin, befasse ich mich mit der Sache.«
»Und was ist mit Janet Simmons?«
»Was soll mit ihr sein? Wenn sie meint, dass ich den Tiger umgebracht habe, dann soll sie doch Beweise vorlegen.« Grainger scharrte mit den Füßen und starrte auf seine Slipper hinunter. »Sie hat für morgen eine Besprechung mit Fitzhugh angesetzt. Es soll um dich gehen.«
»Glaub mir, Tom, sie hat nichts gegen mich in der Hand. Sie ist nur sauer, weil sie kein Verhör führen konnte. Sie wird schon drüber wegkommen.«
Grainger zuckte mit den Achseln, als würde er Milos Äußerungen grundsätzlich in Zweifel ziehen. »Pass gut auf die Akte auf.«
23
Am Abend, nachdem Stephanie zu Bett gegangen war, nahm Milo die in die Zeitung gewickelte Mappe aus seiner Sockenschublade, in der er sie gleich bei seiner Ankunft verstaut hatte. Tina hatte die Milch in Empfang genommen und ihn zweifelnd gemustert. »Wie viele Zeitungen brauchst du denn noch?«
Jetzt war sie gerade beim Ausziehen. »Willst du wirklich noch aufbleiben?«
»Muss nur noch was lesen.«
»Aber nicht zu lang. Um sechs müssen wir im Auto sitzen. Du weißt, wie lang das mit den Sicherheitschecks dauert.« »Klar.«
»Hör bloß auf.« Träge kroch sie aufs Bett. Sie war nackt.
»Gib mir einen Kuss.« Er tat wie geheißen.
»Und jetzt komm ins Bett.«
Als sie eine halbe Stunde später weggedämmert war, schlüpfte er in seine Unterwäsche und tappte gähnend mit dem Ordner hinüber ins Wohnzimmer. Er schenkte sich einen Wodka ein und verscheuchte den Gedanken an Zigaretten. Dann schlug er die Akte über Benjamin Harris auf, Ex-CIA, Ex - Tourist, Ex-Tiger. Und Ex-Mensch.
Benjamin Michael Harris war am 6. Februar 1965 in Somerville, Massachusetts, geboren. Während seine Eltern, Adele und David Harris, als Mitglieder der Church of Christ eingetragen waren, war bei Benjamin »keine Religionszugehö rigkeit« vermerkt. Das war nicht weiter verwunderlich. Wenn er wirklich Außendienstagent werden wollte, musste er alles ausschließen, wodurch er hinter einem Schreibtisch landen konnte.
Die erste Kontaktaufnahme erfolgte im Januar 1990 durch Terence A. Fitzhugh, einen Asienspezialisten, der gerade eine neue Stellung in der Operationsleitung (die 2005 im National Clandestine Service aufging) angetreten hatte. Im Jahr davor hatte Harris sein Journalismusdiplom an der Boston University gemacht. Im Nebenfach hatte er asiatische Sprachen studiert. Der Anwerbeversuch fand in New York statt, wo Harris als freier Mitarbeiter für die New York Post tätig war. In seinem ersten Bericht bescheinigte Fitzhugh ihm »eine ausgesprochene Fähigkeit, das Vertrauen anderer zu gewinnen, die nach der festen Überzeugung des Verfassers das Markenzeichen eines Außendienstagenten sein sollte. In der Vergangenheit haben wir zu sehr auf technische Fertigkeiten vertraut, was bei vielen Operationsteilnehmern zu erheblichen psychologischen Schäden geführt hat. Dieses Problem lässt sich am besten mit
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