Working Mum
angezogen das Haus verlassen, ich kann mit neun verschiedenen Währungen in fünf verschiedenen Zeitzonen jonglieren, ich kann mich still und zielstrebig zum Orgasmus bringen, ich kann eine Mahlzeit im Stehen zubereiten und essen, während ich mit jemandem an der Westküste telefoniere, ich kann Ben «Weißt du, wie lieb ich dich hab?» vorlesen, während ich die Börsendaten auf dem Teletext überfliege, aber kann ich ein Taxi bekommen, das mich zum Flughafen fährt?
Aufgrund eines fortlaufenden Sparprogramms schickt mir Edwin Morgan Forster keinen Wagen mehr, der mich in Heathrow abliefert. Ich muss mir selbst einen bestellen. Gestern Abend habe ich bei einer Firma in unserem Stadtteil ein Taxi reserviert, das heute Morgen nicht aufgetaucht ist. Als ich angerufen habe, um mich zu beschweren, sagte der Typ am anderen Ende, er bedaure es sehr, aber sie könnten mir frühestens in einer halben Stunde einen Wagen vorbeischicken.
«Es ist viel los um diese Zeit, meine Liebe.»
Ich weiß , dass um diese Zeit viel los ist. Deshalb habe ich das Taxi gestern Abend vorbestellt.
Er sagt, er glaube, dass er mir vielleicht in zwanzig Minuten eines vorbeischicken kann. Lehne dieses unverschämte Angebot wutentbrannt ab und knalle den Hörer auf die Gabel. Bereue dies umgehend, denn die anderen Firmen, die ich anrufe, haben auch keinen Wagen zur Verfügung oder schlagen eine noch katastrophalere Wartezeit vor.
Bin völlig verzweifelt, als ich eine verdreckte bronzefarbene Karte unter der Fußmatte erspähe. Sie ist von einem Fuhrunternehmen, von dem ich noch nie gehört habe: «Pegasus, Ihr geflügelter Fahrer». Als ich die Nummer wähle, sagt mir der Kerl am anderen Ende, dass er sofort rüberkommt. Die Erleichterung ist von kurzer Dauer. Da wir uns hier in Hackney befinden, ist das, was an der Tür erscheint, Pegasus, Ihr bekiffter Fahrer. Im Winkel von etwa 45 Grad zum Bordstein steht Pegasus’ Streitwagen, ein Nissan Sunny, dessen Inneres durch undurchdringliche Schleier von Hasch und Nikotin verhangen ist. Steige ein, aber es ist technisch unmöglich, in diesem Taxi zu atmen, deshalb versuche ich, das Fenster runterzukurbeln und den Kopf rauszuhalten wie ein Hund.
«Fenster kaputt», merkt der Fahrer an, sachlich und ohne Bedauern.
«Und der Sicherheitsgurt?»
«Kaputt.»
«Ist Ihnen klar, dass das illegal ist?»
Im Rückspiegel bedeutet mir Pegasus mit einem mitleidigen Blick, endlich die Klappe zu halten.
Weil das Taxi nicht aufgetaucht ist, bin ich so nervös geworden, dass ich diesen blöden, blöden Streit mit Richard vom Zaun gebrochen habe. Er hat Paulas Weihnachts-Bonusscheck gefunden, den ich in Emilys Butterbrotdose versteckt hatte. Sagte, er könne einfach nicht begreifen, warum ich für das Weihnachtsgeschenk des Kindermädchens mehr Geld ausgebe als für den Rest der Familie zusammen.
Ich habe versucht, es ihm zu erklären. «Wenn ich nicht dafür sorge, dass Paula glücklich ist, dann wird sie gehen.»
«Wäre das denn wirklich so schlimm, Katie?»
«Ehrlich gesagt, es wäre einfacher, wenn du gehen würdest.»
«Aha, verstehe.»
Hätte ich nicht so sagen sollen. Verdammte Müdigkeit. Man sagt immer, was man nicht sagen will, auch wenn man es gerade so empfindet. Danach hat Rich am Küchentisch gesessen und so getan, als hätte er im Architectural Digest was Faszinierendes zu lesen gefunden, und dabei hat er es geschafft, so auszusehen wie Trevor Howard am Ende von «Brief Encounter».
Wollte mich beim Abschied nicht mal angucken. Ben hingegen stellte sich in seinem Hochstuhl auf und fing an, nach einem Küsschen zu jodeln. Nein. Tut mir Leid. Nicht in einem sauberen Kostüm. Wie er wieder aussieht! Vollgeschmiert mit Marmelade und Aprikosenquark, seine persönliche Inszenierung des Sonnenaufgangs.
Der Wagen hält und fährt an und hält immer wieder auf der Euston Road. Wenn das eine der Hauptschlagadern Londons ist, dann braucht London einen Bypass. Seine Bürger sitzen in ihren Autos, und ihre Herzen werden von Wut zerfressen.
Als wir an King’s Cross vorbei sind, öffne ich meine Post. Eine Karte von Mum mit der Weihnachtsbeilage einer Zeitschrift: 26 Rezepte für ein wunderbares, stressfreies Weihnachtsfest! Mit wachsender Ungläubigkeit blättere ich es durch. Wie kann etwas Stressfreies das Karamelisieren einer Schalotte beinhalten?
Wir kriechen weiter westwärts über die Überführung und an den lachsfarbenen Doppelhäusern vorbei, die sich Meile um Meile aneinander reihen. Als
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