World of Warcraft: Jaina Prachtmeer - Gezeiten des Krieges
mit einem Nicken in die andere Richtung zu sehen.
Kor’jus kniete auf dem Boden und benutzte ein scharfes Messer, um die Pilze zu ernten, die er morgen verkaufen wollte. Er schnitt die Stiele mit geschickten Bewegungen dicht über dem Boden ab, dann warf er sie in einen Sack und wandte sich den nächsten zu. Sein Rücken war der Tür zugewandt, vor der sich ein halb zugezogener Vorhang befand. Ein Schild über dem Eingang verkündete GESCHLOSSEN. Obwohl er nicht sehen konnte, wie sich seine Besucher näherten, schien er ihre Gegenwart doch zu spüren, denn er versteifte sich. Anschließend stand er langsam auf und drehte sich herum. Als er Malkorok und seine Begleiter sah, wurden seine Augen zu schmalen Schlitzen.
„Lest das Schild“, raunzte er. „Der Laden ist erst morgen früh wieder geöffnet.“ Malkorok fiel auf, dass der Pilzbauer die Finger fester um sein kleines Messer schloss. Als ob ihm das helfen würde!
„Wir sind nicht wegen der Pilze hier“, erklärte er mit leiser Stimme. Dann kamen er und die vier anderen Orcs näher. Einer von ihnen zog den Vorhang zu. „Sondern wegen dir.“
5. KAPITEL
Sanft, aber beharrlich bahnte sich das Licht der Morgenröte einen Weg durch die Spalten in den Vorhängen von Jainas Schlafgemach. Doch sie war daran gewöhnt, um diese Zeit aufzustehen, und so blinzelte sie mit einem verschlafenen Lächeln und streckte ihre Glieder. Anschließend schwang sie die Beine aus dem Bett, stand auf, um sich eine Robe überzuwerfen, und zog die dunkelblauen Vorhänge zurück.
Es war ein wundervoller Morgen, rosa, golden und lavendelfarben, denn die Sonne hatte die Schatten der Nacht noch nicht gänzlich vertrieben, und als sie das Fenster öffnete und die salzige Luft tief einatmete, brachte der Wind ihr vom Schlaf zerzaustes Haar noch ein wenig mehr durcheinander. Das Meer, immer das Meer. Sie war die Tochter eines Lordadmirals, und ihr Bruder hatte einmal gescherzt, dass in den Adern der Familie Prachtmeer Salzwasser fließe. Ein Schleier der Melancholie fiel über sie, als sie an ihren Vater und ihren Bruder dachte. Einen Moment lang blieb sie noch an dem offenen Fenster stehen, in Erinnerungen versunken. Dann wandte sie sich um.
Nachdem sie ihr Haar gekämmt hatte, setzte sie sich an einen kleinen Tisch. Hier entzündete sie durch ihre Gedanken eine Kerze und starrte dann in die flackernde Flamme. Sie begann jeden Tag auf diese Weise, falls sie Zeit dafür hatte; es half ihr, sich zu konzentrieren und sich auf all die Herausforderungen vorzubereiten, die die Welt heute für sie bereithalten …
Ihre blauen Augen weiteten sich, und mit einem Mal war sie hellwach. Etwas würde geschehen. Sie erinnerte sich an das Gespräch, das sie gestern Abend mit Kinndy geführt hatte (das Gnomenmädchen schlief sicher noch – sie hätte ebenso gut als Nachtelfin geboren sein können, so lange, wie sie immer aufblieb) – an das, was ihre Schülerin über den Besuch in Dalaran gesagt hatte, und an ihr besorgtes Gesicht nach diesen Worten. Es ist nur – ich hatte das Gefühl, etwas in Dalaran würde nicht stimmen. Man konnte es in der Luft spüren .
Jaina spürte nun ebenfalls etwas, so wie ein alter Seemann, der es in seinen Knochen fühlt, wenn ein Sturm heraufzieht. Da war ein vages Zittern der Vorahnung in ihrer Brust. Ihr morgendliches Ritual würde warten müssen. Rasch badete sie und zog sich an, und als einer ihrer vertrautesten Berater, der Erzmagier Tervosh, an der Tür klopfte, war sie bereits unten und hatte Tee gemacht. Im Gegensatz zu Kinndy hatte er keine offiziellen Bande mit den Kirin Tor; er war lieber auf sich allein gestellt, so wie Jaina, und während ihrer Zeit in Theramore war zwischen den beiden Einzelgängern eine tiefe und bereichernde Freundschaft entstanden.
„Lady Jaina“, begrüßte er sie. „Ich – nun – da ist jemand, der dich sehen möchte.“ Dabei machte er keinen sehr glücklichen Eindruck. „Er will seinen Namen nicht nennen, aber er hatte diesen Geleitbrief von Rhonin. Ich habe ihn bereits überprüft; er ist echt.“
Er reichte ihr die Schriftrolle, die mit dem vertrauten Augensymbol der Kirin Tor versiegelt war. Als Jaina das Siegel gebrochen hatte und zu lesen begann, erkannte sie sofort Rhonins Handschrift.
Werte Lady Jaina,
ich bitte Euch, diesem Mann zu geben, was immer er benötigt. Seine Aufgabe ist von erschreckender Wichtigkeit, und er braucht alle Unterstützung, welche wir, die wir die Magie beherrschen, ihm nur bieten
Weitere Kostenlose Bücher