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World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

Titel: World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard A. Clarke , Robert A. Knake
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anderen Stellen platziert worden waren. Es gibt guten Grund zu der Annahme, dass sich das nicht nur in unserem Planspiel so verhält, sondern dass auch in der realen Welt bereits logische Bomben in den Kontrollsystemen des amerikanischen Stromnetzes installiert wurden. Mehrere Personen, die sich damit auskennen, deuteten mir gegenüber an oder bestätigten, dass die USA ebenfalls vorbereitende Maßnahmen auf dem gegnerischen Schlachtfeld getroffen haben.
    Nehmen wir an, das FBI würde verkünden, mehrere Agenten der chinesischen Regierung seien verhaftet worden, weil sie Ladungen mit C4-Spengstoff an den großen, hässlichen Strommasten, die überall im Land herumstehen, und an einigen unbemannten Umspannungswerken angebracht hätten. Die Nation wäre in heller Aufregung. Gewisse Kongressabgeordnete würden sofort verlangen, dass wir China den Krieg erklären oder zumindest die Einfuhr chinesischer Waren mit Strafzöllen belegen. Irgendjemand würde vorschlagen, chinesisches Essen nicht mehrals »chinesisch« zu bezeichnen, sondern als »Liberty Snack«. Doch als das Wall Street Journal im April 2009 bekanntmachte, dass China logische Bomben in amerikanischen Netzwerken platziert hatte, reagierte kaum jemand darauf. Die unterschiedliche Reaktion zeigt in erster Linie, dass sich der Kongress, die Medien und die Öffentlichkeit nicht mit Cyberwaffen auskennen. Sie bedeutet, dass man nicht wirklich zwischen den Auswirkungen unterscheidet, die logische Bomben auf das Stromnetz haben können, und den Schäden, die kleine Sprengstoffpakete an Hochspannungsmasten anrichten. Die Platzierung logischer Bomben in Netzwerken wie der amerikanischen Stromversorgung kann man nicht als Operation ausgeben, die der Informationsbeschaffung dient. Ein Land kann sich Informationen über unsere Waffensysteme beschaffen, indem es sich in die Netzwerke von Raytheon oder Boeing hackt, doch es hat keinen informativen Wert, wenn man sich Zugang zum Steuerungssystem von Florida Power and Light verschafft. Selbst wenn es in diesem Netzwerk wertvolle Informationen gäbe, logische Bomben sammeln keine Informationen, sie zerstören sie. Der einzige Grund, ins Steuerungssystem des Stromnetzes einzudringen, ist der, eine Falltür zu installieren, um sich später Zugang zu verschaffen, und einen Programmcode zu hinterlassen, der, wenn er aktiviert wird, die Software (und eventuell sogar die Hardware) des Netzwerks zerstört. Das alles macht man, wenn man einen Cyberkrieg plant. Es bedeutet nicht, dass man sich bereits zu einem solchen Krieg entschlossen hat, aber man will darauf vorbereitet sein.
    Während des Kalten Krieges und auch noch später kursierten moderne Mythen, dass sowjetische Agenten mit Mini-Atombomben, sogenannten Kofferbomben, in die USA einreisen und amerikanische Städte ausradieren könnten, selbst wenn die russischen Kampfflugzeuge und Raketen bei einem Überraschungsangriff der USA zerstört worden wären. Obwohl sowohl die Sowjetunion als auch die USA über atomare Kleinstsprengsätze verfügten (die USA besaßen einige hundert sogenannter Medium Atomic Demolition Munitions, kurz MADM, und weitere Small Atomic Demolition Munitions, SADM, die sogenannten Tornisterbomben, die man im Rucksack transportieren konnte), gibt es keine Belege dafür, dass sie hinter den Linien des jeweiligen Gegners platziert worden wären. Selbst auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges waren die Entscheidungsträger der Ansicht, die Verteilung von MADMs im Land des Gegners habe eine destabilisierende Wirkung.
    Wie kommt es dann, dass die chinesischen und vermutlich auch die amerikanischen Entscheidungsträger die Platzierung logischer Bomben auf dem Territorium des anderen genehmigt haben? Es ist zumindest möglich, dass die Regierung in einem oder in beiden Ländern die logischen Bomben nie genehmigt hat und auch nichts davon weiß. Die Cyberwaffen könnten auf Anweisung des Militärs platziert worden sein, das sich darauf beruft, Vorbereitungen für den Ernstfall treffen zu müssen. Es besteht das Risiko, dass die Regierung, wenn sie in einer Krise erfährt, dass die andere Seite als Vorbereitung für einen Krieg logische Bomben ausgebracht hat, dies als neue und bedrohliche Entwicklung betrachtet und für eine schärfere Reaktion eintritt. Vielleicht wird der Regierung gesagt, es sei offensichtlich, dass die andere Seite beabsichtige, unser Stromnetz zu zerstören, daher müsse man zuerst zuschlagen, solange man dazu noch in der Lage sei. Ein weiteres

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