World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)
Ausarbeitung von Abkommen zur nuklearen Rüstungsbegrenzung, zur Beschränkung der konventionellen Streitkräfte in Europa, der taktischen Nuklearwaffen kürzerer Reichweite sowie der biologischen und chemischen Waffen beteiligt. Diese Erfahrungen prägen meine Haltung zur Kontrolle der Cyberwaffen. Die USA können aus dieser Geschichte lernen, falls sie mit neuen Verträgen die Mittel der virtuellen Kriegführung einschränken wollen.
Mein Kollege Charles Duelfer, der über ein Jahrzehnt lang die Vereinten Nationen bei ihren Bemühungen zur Kontrolle irakischer Massenvernichtungswaffen unterstützte, sieht die Rüstungsbeschränkungen zwischen den USA und der Sowjetunion ebenso zynisch wie die Abrüstungsverträge im Allgemeinen: »Die USA und UdSSR einigten sich in der Regel auf ein Verbot der Waffen, die sie ohnehin nicht einsetzen wollten. Bei Waffen, die sie haben wollten, einigten sie sich auf Begrenzungen, die so hoch waren, dass sie alles tun konnten, was sie wollten.« Wie Duelfer sehen viele Experten eine Rüstungskontrolle eher kritisch. Sie argumentieren, dass beispielsweise die fünfzehn Jahre währenden Gespräche über die Reduzierung der Truppenstärke in Mitteleuropa schließlich in einem Abkommen mündeten, das die Zahl der Soldaten kaum begrenzte. Nur wenige Monate später brach der Warschauer Pakt ohnehin auseinander. Die Vereinbarung erlaubte der Sowjetunion, Hunderttausende Soldaten in Osteuropa zu stationieren, die Realität sah jedoch bereits ganz anders aus. Was die Panzer der Roten Armee schließlich zum Abzug veranlasste, waren definitiv nicht die Abrüstungsverhandlungen.
Die Verhandlungsrunden zu den bekannteren Abrüstungsverträgen SALT (Strategic Arms Limitation Talks) und START (Strategic Arms Reduction Treaty) über den Abbau strategischer Atomwaffen dauerten über zwanzig Jahre und erlaubten es beiden Seiten, eine enorme Zahl an Atomwaffen zu behalten und kontinuierlich durch modernere Versionen zu ersetzen. Im Rahmen dieses Prozesses unterzeichneten die beiden Staaten den ABM-Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen, allerdings dachten damals beide Seiten, dass die Systeme ohnehin nicht funktionieren würden.
Auf multinationaler Ebene einigten sich die beiden Supermächte auf einen Vertrag, der es anderen Staaten verbot, Nuklearwaffen zu erwerben. Im Gegenzug erhielten diese die vage Zusage, dass auch die Supermächte irgendwann ihre Atomraketen abschaffen würden. Der Vertrag hielt Israel, Pakistan, Indien, Südafrika oder Nordkorea jedoch nicht davon ab, Nuklearwaffen zu entwickeln, und auch beim Iran zeigt sich derzeit nur wenig Wirkung. Die Sowjetunion erklärte sich mit einem multilateralen Verbot biologischer Waffen einverstanden, richtete dann aber heimlich ein umfangreiches Arsenal ein, das den USA jahrzehntelang verborgen blieb. Kritiker der Rüstungskontrolle verweisen daher auf die Verletzung der Biowaffenkonvention durch die Sowjets als Beispiel dafür, dass Abrüstungsvereinbarungen nicht immer im Interesse der USA sind. Die USA sind bei der Einhaltung der vertraglich festgelegten Beschränkungen relativ penibel; andere Länder jedoch nicht. Bei Kontrollen werden Verstöße nicht zwangsläufig aufgedeckt, manchmal gehen Länder auch innerhalb des erlaubten Rahmens bis an die Grenze und verstoßen eigentlich schon gegen ein Abkommen, ohne dass Sanktionen verhängt werden (wie es vielleicht im Iran mit seinem Programm zur nuklearen Wiederaufarbeitung der Fall sein wird).
Doch trotz aller Probleme mit der Rüstungsbeschränkung spricht vieles dafür, dass die bilateralen Abkommen zwischen den USA und der UdSSR ebenso wie die multilateralen Verträge die Welt ein bisschen sicherer machten. Selbst wenn man den Wert einer numerischen Beschränkung von Waffen anzweifelt, muss man doch anerkennen, dass durch die Verhandlungen ein Forum geschaffen wurde, wo sich amerikanische und sowjetische Diplomaten und Militärs austauschen konnten. Dadurch entstand bei den Eliten beider Ländern ein Konsens, Maßnahmen zur Verhinderung einer atomaren Katastrophe anzuordnen. Die Einführung von Kommunikationskanälen und vertrauensbildenden Maßnahmen sowie die zunehmende Transparenz bei den Streitkräftenbeider Seiten reduzierten das Risiko von Fehleinschätzungen oder einem unabsichtlich ausgelösten Krieg.
Als stellvertretendem Staatssekretär im Außenministerium fiel auch das US Nuclear Risk Reduction Center in meinen Aufgabenbereich, das im Rahmen der sogenannten
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