World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)
Der ISP des Pentagonss kommt keinem anderen gleich, denn er betreibt zwei der größten Netze der Welt. Die Defense Information Systems Agency (DISA) wird von einem Drei-Sterne-General geleitet. So verwandelte sich Fort Meade 92 Jahre nach seiner Gründung als Heeresstützpunkt, an dem Hunderte Pferde untergebracht waren, in das Herz der defensiven und offensiven Cyberstreitkräfte der Vereinigten Staaten. In der Hoffnung, etwas von den vielen Milliarden Dollar abzuschöpfen, die aus Fort Meade fließen werden, errichten die Rüstungsunternehmen Büros in der Umgebung. Die Universitäten in Maryland kommen bereits in den Genuss hoher Forschungszuschüsse des Stützpunkts, der in Washington einfach nur als »das Fort« bezeichnet wird.
Infolge der Einrichtung des U. S. Cyber Command verwandelte sich das Air Force Cyber Command in die 24. Air Force, die ihr Hauptquartier auf dem Luftwaffenstützpunkt Lackland in Texas hat. Diese »nummerierte« Luftwaffeneinheit wird über kein einziges Flugzeug verfügen. Ihre Aufgabe wird darin bestehen, »kampftaugliche Einheiten« bereitzustellen, die »für die Durchführung von vollkommen in die Aktivitäten in Luft- und Weltraum integrierten Operationen im Cyberspace ausgebildet und ausgerüstet sind«. Die 24. Air Force wird zwei bestehende »Flügel« kontrollieren, den 688. Informations Operations Wing (IOW, das ehemalige Air Force Information Operations Center) sowie den 67. Network Warfare Wing; dazu kommt ein neuer »Flügel«, der 689. Combat Communications Wing. Die 688. IOW, wie die Einheit für Informationsoperationen genannt wird, soll bei Einsätzen im Cyberspace Raum als »Center of Excellence« der Luftwaffefungieren. Aufgabe dieser Einheit wird es sein, neue Wege zu finden, um der Air Force beim Einsatz virtueller Waffen einen Vorteil zu verschaffen. Der 67. Wing wird die alltägliche Verteidigung der Computernetze der Air Force sowie Angriffe auf feindliche Netze übernehmen. Alles in allem wird die 24. Air Force etwa 6000 bis 8000 Netzkrieger umfassen.
Sollte die amerikanische Luftwaffe je den Befehl erhalten, das zu tun, was einer ihrer Werbespots andeutet (»Ein Stromausfall ist nichts weiter als ein Stromausfall – aber in Zukunft könnte er das Ergebnis eines elektronischen Angriffs sein«), so dürfte eine solche Mission der kämpfenden Einheit 67 übertragen werden. Deren Motto stammt noch aus ihrer Zeit als Luftaufklärungseinheit: »Lux ex tenebris« (Aus der Dunkelheit ins Licht). Vielleicht wird es bald in »Tenebra ex luce« geändert.
Die Begeisterung der Air Force für den Cyberkrieg hat kaum unter der Herabstufung ihres Kommandos gelitten. Im Sommer 2009 schrieb Luftwaffenchef General Norton Schwartz an seine Offiziere, der virtuelle Raum sei »von wesentlicher Bedeutung für die heutige Kriegführung und für die zukünftige militärische Vormachtstellung der Vereinigten Staaten, [und] die Air Force hat die Absicht, umfassende Kapazitäten für den Netzkrieg bereitzustellen. Der Cyberspace ist ein umstrittenes Territorium, und der Kampf um dieses Territorium hat bereits begonnen.«
Die Navy will nicht zurückstehen und hat sich ebenfalls reorganisiert. Der Stabschef der Marine, Admiral Gary Roughead, hat sich einen neuen Deputy for Information Dominance zur Seite gestellt. Und nicht nur Roughead und seine Matrosen sind auf Dominanz erpicht: Die amerikanischen Streitkräfte in ihrer Gesamtheit sind der Ansicht, dass eine Vormachtstellung im Cyberspace angestrebt werden muss. Das erinnert daran, wie das Pentagon in den sechziger Jahren über den Atomkrieg sprach. Der auf Atomstrategie spezialisierte Historiker Lawrence Freedman hat darauf hingewiesen, dass es Kaufmann, Kissinger und andere Strategen für nötig hielten, »die in Luftwaffenkreisen ausgeprägteAngriffslust zu bremsen«, da in den Äußerungen aus diesen Kreisen »eine veraltete und gefährliche Vorstellung vom Krieg« zum Ausdruck kam. Ähnlich vollmundige Ankündigungen hört man heute von Cyberkriegern in der Air Force – und eine solche Rhetorik wird anscheinend auch in der Navy gepflegt.
Admiral Roughead richtete nicht nur ein Büro für Dominanz beim Stab der Navy ein, sondern auch ein neues »virtuelles Kriegführungskommando«. Die 5. Flotte kreuzt im Persischen Golf, die 6. Flotte im Mittelmeer und die 7. Flotte im Chinesischen Meer. Für den Cyberkrieg hat die Navy ihre 10. Flotte reaktiviert. Dies war ursprünglich eine kleine Einheit, die im Zweiten
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