Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
Kopfnicken auf den Wagen hinter sich, »– ich hab da eine ganze Ladung von Zeug, das wir in Peterskill gesammelt haben – Preiselbeeren, eingemachte Pfirsiche und gelbe Bohnen und – und Soßenpulver – für die, für Sie, meine ich – nein, für Ihr Volk und ...« Verwirrt brach sie ab, das grüne Starren brachte sie aus der Fassung.
    Er hörte nicht auf, an dem Lauf zu reiben. Eine halbe Meile über ihnen quakte ein Schwarm Wildgänse. Sie sah über die Schulter zu ihrem Auto an der Straße, der Motor lief noch, die Tür stand weit offen, dann wandte sie sich wieder an ihn: »Also, können Sie mir sagen, wo es ist?«
    Zum erstenmal sagte er etwas. »Wo was ist?«
    »Das Versammlungshaus.«
    Er legte das Gewehr auf die ausgebreitete Zeitung, um die verwitterten Bretter der Veranda nicht ölig zu machen. Er stand vom Stuhl auf und überragte sie um einiges. Dann grinste er, zeigte ihr all seine schlechten Zähne auf einmal. »Sicher«, sagte er und kam die Stufen herab, um sich neben sie zu stellen und ihren Duft aufzufangen, »sicher weiß ich, wo das ist. Ich bringe Sie persönlich hin.«
    Er ging in jener Nacht mit ihr ins Bett, nachdem die staubigen Dosen mit Bohneneintopf, Anchovispaste und sonstigem Quatsch, den die braven Hausfrauen von Peterskill aus den dunklen Ecken ihrer Küchenschränke hervorgekramt hatten, ausgeladen waren; der Sex war zwangsläufig mit gewissen Schäden an ihrer Unterwäsche verbunden, die aussah, als wäre sie eben erst bei Bloomingdale’s gekauft worden. Er riß sie ihr vom Leib, sobald sie auf dem Bett ihres aseptischen Zimmers im Hiawatha Motel lagen, wo alles – Stühle, Schreibtisch, Spiegelrahmen, sogar der Fernsehschrank – aus geschnitzten Blockhaus-Stämmen bestand, von den Squaws in der Reservation für fünfzig Cent pro Stunde sorgfältig aneinandergepaßt, verleimt und lackiert. Es war ein Dekor, das den Eindruck von freier Natur vermitteln sollte, das typische Blockhaus-Gefühl, halbnackte, tomahawkschwingende Naturburschen ringsherum. Bei Jeremy allerdings rief es ein anderes Gefühl hervor: eines, das ihn mit dem Wunsch beseelte, wohltätigen Damen die Unterwäsche vom Leib zu reißen.
    Joanna jedoch überraschte ihn. Er hatte Zimperlichkeit erwartet, eine errötende Schönheit mit abgewandtem Blick und bebendem Körper. Aber so war sie ganz und gar nicht. Sie war hungrig, gierig, viel wilder als er selbst. Sobald er ihren Namen gehört hatte, sobald er den Faden ihrer Identität bis zum Ende verfolgt hatte – »Van Wart? Nein, tatsächlich? Depeyster Van Wart, der Sohn von diesem alten Knacker, von Rombout?« –, da war ihm klar, er würde sie bekommen, so wollte es das Schicksal; dies war sein Geschenk, extra eingepackt für ihn, und er wußte, er würde sie erniedrigen und übel zurichten, sie bis zum Hals mit all der Bitterkeit seiner fünfundfünfzig tristen, hoffnungslosen Jahre anfüllen. Dann aber überraschte sie ihn. Je brutaler er wurde, desto besser gefiel es ihr. Sie warf sich ihm entgegen, kratzend und um sich schlagend, sie krallte sich tief in die Haut seines Rückens, und plötzlich war die Situation völlig verändert. Er wurde weich. Gab sich geschlagen. Verliebte sich, zum erstenmal in seinem Leben.
    Alle zwei Wochen erwartete er sie, wartete auf den mit straßbesetzten Handtaschen, Golfschlägern, Linolschnitt-Sets, Woolworth-Turnschuhen, Herrenmänteln und Galoschen vollgestopften Kombiwagen und ging mit ihr vom Versammlungshaus direkt zum Motel. Lange Zeit behielt er für sich, wie sehr ihn dort alles anwiderte, wie unwohl er sich dort fühlte. Erst nach ein oder zwei Monaten, nachdem er die Gastfreundschaft von Ein-Vogel längst überstrapaziert hatte und Weihnachten wie Neujahr vorübergegangen waren, gestand er ihr, daß ihn das Hiawatha Motel ankotzte. Aber es war nicht nur das Motel, es war das ganze gottverlassene, eingezäunte, abgesperrte Elend der Reservation. Es war Ein-Vogel. Die Tantaquidgeons. Das Ganze hier. Es stank zum Himmel.
    Sie spazierten, nachdem sie sich geliebt hatten, am Ufer des Conewango entlang, sie in der Fransenjacke und den Leggings aus Wildleder, die sie von ihm zu Weihnachten bekommen hatte, er in seinen Arbeitshosen, dem Flanellhemd und der neuen Daunenweste, ihrem Gegengeschenk. Mit einem Druck ihres Oberarms brachte sie ihn zum Stehen. »Was meinst du damit?« fragte sie.
    »Daß es Zeit wird, etwas Neues zu machen. Ich gehe zurück nach Peterskill.«
    Ihr Gesicht nahm einen eigenartigen Ausdruck an,

Weitere Kostenlose Bücher